«Sollte die nicht bei den Kinderns sein?» Diese provokante Frage war das Thema der Arena vom 11. März. Und man denkt sich: Ist das nötig? Das denkt man sich auch noch, nachdem man 70 Minuten für die Sendung investiert hat. Auf der einen Seite waren da Marco Giglio, Präsident des Vereins Helvetia Christiana, und Andrea Geissbühler, Berner Nationalrätin der SVP. Auf der anderen Christa Rigozzi, deren Titel nicht erläutert werden muss und Jacqueline Fehr, Regierungsrätin der SP im Kanton Zürich.
Die Runde, im Rahmen des Welt Frauentages, sollte über die Rolle der Frau in der Familie und ihre berufliche Tätigkeit diskutieren. Nun kann man sich natürlich die Frage stellen, ob sich diese Frage überhaupt noch stellen sollte. Das gleiche Dilemma schienen dann auch die vier Studiogäste zu haben. Aber jetzt mal von vorne.
Waren wir einfach naiv?
Vor allem seit der Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten und dessen sexistischen Aussagen sind die Diskussionen um die Diskriminierung des weiblichen Geschlechts wieder regelmässiger und lauter geworden. Der Fakt, dass ein so mächtiger Mann öffentlich sexistisch und diskriminierend sein kann und darf, hat Frauen auf der ganzen Welt aufgerüttelt. Aufgerüttelt, weil man sich doch in den letzten Jahren auf gutem Wege gefühlt hat. Oder waren die Frauen einfach nur naiv zu glauben, man könne sich langsam aber sicher ausruhen? Das Thema der Sendung war jedoch – und das hat mich in diesem Kontext verwundert – nicht der Sexismus sondern die arbeitstätigen Frauen.
Giglio und Geissbühler waren an sich nicht gegen Frauen die arbeiten. Schliesslich ist ja Geissbühler selbst Nationalrätin. Sie äusserten sich eher gegen die Erziehung der Kinder durch Kindertagestätten, die angeblich schädlich für das Kind seien. Alle sind sich einig, dass es Diskriminierung von Frauen gibt und man noch daran arbeiten muss. Doch Giglio findet «man muss Geduld haben».
Nein, Herr Giglio. Geduld ist hier nicht angebracht, so wie sie es auch in den 1960er Jahren nicht war, als die Schweizer Frauen immer noch kein Wahlrecht hatten. Das Hauptargument am Ende: Familie sei Privatsache und die Kinder sollten im familiären Umfeld aufwachsen. Was so viel heissen würde: Es ist Privatsache aber Mütter sollen ihre Kinder nicht in die Kita schicken.
Muss sie sich rechtfertigen?
Die andere Seite betonte dabei immer wieder, dass Kitas eine gute und kinderfreundliche Institution seien. Christa Rigozzi schien sich und andere Mütter verteidigen zu wollen, weil sie schon kurze Zeit nach der Geburt wieder arbeitet. Doch muss sie sich dafür rechtfertigen?
Ein ihr wichtiges Anliegen ist, dass der Staat den Müttern mehr unter die Arme greift, wenn sie nach der Geburt wieder arbeiten gehen wollen. Völlig richtig hat sie klargemacht, dass es auch noch einen Vater gibt, der sich genauso um das Kind sorgen sollte wie die Mutter. Klar, das ist der Idealfall, doch was, wenn der Vater dies nicht tut? Was wenn die Mutter finanziell keine andere Möglichkeit hat, als arbeiten zu gehen? Auf diese Fragen lieferte keine der Gäste eine genaue Antwort. Sie blieben offen im Raum stehen.
Warum ist das so?
Ein Thema, das mir beim Schauen der Sendung eigentlich durgehend auf der Zunge brannte, war die Lohnungleichheit: Dass eine Frau für den identisch gleichen Job an manchen Orten weniger Lohn kriegt als ein Mann. Laut einer Studie, die Fehr aufzeigt, hat man sogar herausgefunden, dass dies vor allem der Fall ist, wenn Kinder da sind. Für diese Diskriminierung funktioniert das Argument «Privatsache» nicht mehr. Der Staat muss sicherstellen, dass eine Frau gegenüber einem Mann nicht diskriminiert werden kann.
Auf die Frage, warum viel mehr Frauen ihr Arbeitspensum senken wenn sie Kinder kriegen, nicht aber Männer, meint Geissbühler: «Männer haben oft den besseren Job und den besseren Verdienst.» Warum ist das so? Warum gibt es mehr Männer, die Karriere machen?
Eine Frauenquote ist dafür meiner Meinung nach keine Lösung. Ich will genauso wenig eingestellt werden, weil ich eine Frau bin, wie ich nicht abgelehnt werden will, weil ich eine Frau bin. Doch über diese Probleme wurde in der Sendung gar nicht erst diskutiert. Zu sehr hing man an der Kita-Diskussion – und wer denn nun die Kinder erziehen soll – fest. Das Ganze ging so weit, dass von Giglio die Aussage kam: «Viele Männer drücken sich gerne vor dem Windeln wechseln, sowie sich viele Frauen auch gerne drücken würden.» Das Problem mit der Diskriminierung liegt ganz woanders, ob jetzt die Kita ein guter Ort für ein Kind ist oder nicht.
Ein Beitrag aus der Rubrik:
Frauen – wir müssen reden!
Jetzt muss geredet werden: In dieser Serie fassen Frauen aus der UND-Redaktion in Worte, was ihnen unter den Nägeln brennt, und nehmen ihre Geschlechtsgenossinnen in die Pflicht.
Liebe Corina
Ich bin keine Frau, aber deine Worte haben mir sehr gefallen. Engagiert, gut geschrieben und gut gezielt. Danke!
Werner
Liebe Corina,
dein Text gefällt mir. Kitas ja oder nein ist schon ein Thema, an dem man sich festbeissen kann. Es artet fast in einen Glaubenskrieg aus. Seit die eigenen Grosskinder die Kita besuchen, habe ich einige Vorurteile über Bord geworfen! Und ja, es ist wichtig weiterhin für die Rechte der Frauen einzustehen!