«Kann ich Humor lernen?», werde ich oft gefragt. Meine Antwort: «Man kann sich nicht etwas aneignen, was man bereits besitzt, aber man kann ihn trainieren, den Humor.» Doch wie geht das?
Ein Referatszuhörer konfrontierte mich einmal mit der Behauptung, er habe keinen Humor. Wie er denn zu dieser Feststellung gekommen sei, fragte ich zurück. «Meine Frau behauptet das», meinte er etwas resigniert. Nun, wir kennen alle die Bemerkung «du bist humorlos!» Klarer Fall: Unser Gegenüber wirft uns Humorlosigkeit aus seiner persönlichen Humorwahrnehmung (Vorschlag: evtl. nur ‚Wahrnehmung’ oder:.. ‚persönlichen Vorstellung von Humor’) vor. Diese unterscheidet sich von Mensch zu Mensch, wie die DNA. Keiner hat seinen Humor am gleichen Ort. Wir sprechen nicht vom Unterhaltungshumor, vom Kabarett, wo es um den spontanen Lacher geht. Diesen Humor macht man; den Humor, von dem wir hier sprechen, hat man.
Humor heilt
«Ohne meinen Humor wäre ich heute nicht mehr da!», warf eine betagte und körperlich behinderte Heimbewohnerin in ein Gespräch ein. Sie war Teilnehmerin einer «Humorgruppe», einem Angebot eines Alters-und Pflegeheims. Verliert man denn mit zunehmendem Alter den Humor? Mitnichten. Breit angelegte Untersuchungen zeigen, dass die Wertschätzung des Humors im Alter zunimmt. Wohl kann dieser durch Schicksalsschläge, schwierige Lebensumstände oder Gebresten verschüttet werden, doch er ist da, wo immer er schon war, im langen Leben. Oft braucht es halt eine Drittperson, die im heiteren Gespräch den Humor des alten Menschen an die Oberfläche holt. Das intakte Langzeitgedächtnis ist da sehr hilfreich: Erinnerungen an Episoden aus Kindheit und Jugend sind dankbare Quellen gelebten Humors. Der erste Schulschatz (wie hiess er doch?), die Verwendung des Taschengelds, der Mädchenschwarm («er war soo schön»), Lausbubenstreiche damals (mit Straffolgen?),… Beim nächsten Grosselternbesuch testen! Es wird klappen.
Till Heiter grüsst.
Der Humorarbeiter
Der ehemalige Ökonom ist seit seiner Pensionierung Humorarbeiter. Der ehemalige Pharmamanager engagiert sich für die wissenschaftliche Anwendung des Humors und bringt alte Damen und Herren im Altersheim zum Kichern. Für UND schreibt Till Heiter über Humor.