Geschafft! Das Publikum klatscht, alle PolitikerInnen hier vorne haben die letzten 90 Minuten ohne sichtbare Verletzung überlebt. Kein Boxkampf ist es geworden, aber auch kein Streichelzoo. Ich bin zufrieden. Das war’s – immer mehr BesucherInnen verlassen das Bistro des Gymnasiums Thun, welches wir für einen Abend zum Schauplatz einer wichtigen Politdebatte umgebaut haben. Jetzt noch den Podiumsgästen die Hände schütteln, ihnen Merci sagen für den Einsatz: Ade, Frau Rytz. Kommen Sie gut nachhause, Frau Miller. Gute Nacht, Herr Bänninger.
Und dann: nichts
Ich bin leer. Das war schliesslich viel Arbeit in den letzten Tagen. Der ganze Aufwand für nur 90 Minuten – und die sind jetzt vorbei. Und doch gefällt mir gerade dieses Schaffen auf einen bestimmten Moment hin so gut. Der Augenblick zählt; dieses Momentum, live zu sein. Schon am nächsten Tag füllt sich die Leere in mir wieder mit der Lust, gleich nochmals ein solches Politpodium zu moderieren. Es ist ein bisschen so, wie wenn ich vier Stunden in der Küche gestanden bin für ein herzhaftes Znacht, das nach kurzer Zeit schon aufgegessen ist. Doch das Kochen macht eben Spass.
Zutaten
1 TontechnikerIn
1 VideotechnikerIn
1-2 Kameraleute
1 FotografIn
1-2 RedaktorInnen und
ModeratorInnen
3-4 weitere HelferInnen
Vorbereitung
Etwa vier Monate vor dem Abstimmungstermin entscheidet der Bundesrat, welche Vorlagen an die Urne gelangen. Das Eventteam von UND Generationentandem überlegt sich nun, zu welchen dieser Abstimmungsthemen der Verein ein Politpodium lanciert. Anschliessend gilt es, eine geeignete Location zu finden und – vor allem – mögliche PodiumsteilnehmerInnen via Mail anzuschreiben. Dabei achtet das Team auf viele verschiedene Punkte: Zwei TeilnehmerInnen müssen für, zwei weitere gegen die Vorlage stimmen. Alle sind sie politisch aktiv, am besten noch regional oder sogar national bekannt. Zudem sind sie ganz unterschiedlich alt und zu einer Hälfte männlich, zur anderen weiblich.
Konnten Gäste und Austragungsort organisiert werden, kümmert sich das Eventteam um die weiteren HelferInnen: Wer ist verantwortlich für Ton- und Videotechnik am Event? Wer fotografiert? Wer hilft mit, alles einzurichten und dann wieder aufzuräumen? Wer produziert Social Media-Inhalte? Wer kümmert sich um die Geschenke für die ProtagonistInnen? Wer moderiert den Event?
Zur letzten Frage: Das bin manchmal ich. Als Moderator und Redaktor habe ich nun die Verantwortung, das Podium inhaltlich aufzubauen. Doch bevor ich mir schlaue Fragen überlegen kann, muss ich mich erstmal in die Thematik einlesen. Nach wiederholter Lektüre der Gesetzestexte und des Abstimmungsbüchleins (glaub mir, es ist nicht immer einfach, alles zu verstehen…) bin ich schliesslich bereit und entwerfe ein erstes Skript. Darin steht das detaillierte Programm des Abends mit Hinweisen für mich und die Technik.
Rund zwei Wochen vor dem Event nehme ich zudem ein Werbevideo auf. Das verbreiten wir auf allen Social Media-Kanälen von UND Generationentandem, um gehörig die Werbetrommel zu rühren. Ebenfalls in diesen Tagen verabrede ich mich mit allen PodiumsteilnehmerInnen für ein kurzes Vorgespräch am Telefon. Da will ich mehr über ihren Lebenslauf und ihre Argumentationsweise erfahren. Dies hilft mir anschliessend bei der weiteren Planung des Podiums.
Nur noch wenige Tage bis zum Event. Nervös bin ich nie (das kommt dann noch früh genug…), aber immer gestresst: Ich überarbeite das Skript ein letztes Mal. Dann hole ich mir von anderen ModeratorInnen des Vereins ein Feedback ein. Und wenn ich dann meine, alles sei bereit, und mich auf zwei ruhige Tage vor dem Anlass freue, sagt meist einer der Protagonisten seine Teilnahme unerwartet ab – aus verschiedensten Gründen.
Nun heisst es: umplanen und anpassen. Genau diese Spontaneität liebe ich, sie bringt den letzten Pepp in mein Rezept! Und auch wenn ich es nie zugeben würde: Ohne solche langen Nächte vor den Podien wäre die Arbeit nur halb so spannend!
Zubereitung
Schliesslich ist er da. Der grosse Tag beginnt etwa um drei Uhr nachmittags – zusammen mit weiteren HelferInnen mache ich alles bereit: Reihen stuhlen, Kameras für den Livestream aufstellen, Mikrofone einrichten, Beamer testen. Etwa zwei Stunden später starten wir mit der Hauptprobe. Mit den TechnikerInnen übe ich den Beginn und den Schluss des Podiums.
Den Rest können wir schliesslich nicht proben, denn das geschieht alles live und wird voll und ganz von den Podiumsgästen beeinflusst. Diese finden sich gegen 18.30 Uhr ein. Ich gehe mit ihnen, etwas abseits des grossen Trubels, nochmals das Programm durch und kläre letzte offene Fragen. Um punkt 19 Uhr ist alles serviert – die nächsten 90 Minuten vergehen wie im Flug, oder eben wie bei einem leckeren Znacht.
Nachbereitung
Und dann kommt das, was in keinem Rezept steht: Wir räumen auf. Ein bisschen wehmütig, ein bisschen stolz – und mit vielen Verbesserungsvorschlägen fürs nächste Mal im Kopf, stapeln wir die Tische zusammen, packen die Lautsprecher in ihre Kisten, veröffentlichen die Diskussion als Podcast. Ich finde es wieder einmal schade, dass es schon vorbei ist. Aber ich bin auch dankbar, dass ein solcher Anlass überhaupt stattfinden konnte. Dafür verdienen alle Beteiligten, die stets mit Herzblut ihr Bestes für einen solchen Abend tun, ein riesengrosses Merci!
Um das zehnjährige Bestehen von UND Generationentandem zu ehren, kam am 16. August 2022, pünktlich zur Hauptversammlung, eine Sonderausgabe heraus.
Die Sonderausgabe lässt ehemalige und aktive Mitglieder zu Wort kommen und bietet einen Einblick in das vielfältige Schaffen des Vereins. Der Beitrag über die Politpodien entstand im Rahmen dieser Sonderausgabe.
SAVE THE DATE: Mit einer Podiumsdiskussion zur Entstehung von UND Generationentandem feiern wir am am 21. Oktober 2022, 19 – 21 Uhr, im Gymnasium Thun-Seefeld dieses Jubiläum noch richtig. Seid dabei!
Politpodien von UND: Brisant, kontrovers und fair
UND Generationentandem lanciert vor eidgenössischen Abstimmungen politische Debatten für Menschen aller Generationen. Nationale Persönlichkeiten verschiedenster politischer Couleur treffen aufeinander – moderiert und organisiert durch unsere freiwillig Engagierten. «So fördern wir den Dialog der Generationen zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen», erklärt der Initiant und Geschäftsleiter von UND Generationentandem, Elias Rüegsegger.
Partizipativ, digital und innovativ – so lassen sich die Podien beschreiben: Das Publikum bringt sich via Mentimeter in die Diskussion mit ein. Via Livestream können ZuschauerInnen aus der ganzen Welt teilhaben. Die Podien stehen später als Video- und Audiopodcast auf den verschiedenen Plattformen zum Nachhören bereit