Es ist das Recht unserer Jungen, Energie und Schaffenskraft für sich zu beanspruchen und einen prominenten Platz in der Gesellschaft einzufordern. Den Jungen gehört die Zukunft! Deshalb kann ich von 20-, 30-Jährigen mühelos akzeptieren, wenn sie mich, mit Jahrgang 1948, als alt bezeichnen. Denn dies weiss ich selbst, ein kurzer Blick in den Spiegel genügt: I bi kes hürigs Häsli meh!

Ich kann es deshalb verstehen, wenn meine Heimatstadt Thun – die vielzitierte «Stadt der Alpen» – oftmals despektierlich als «Stadt der Alten» bezeichnet wird. Denn diese Feststellung muss nicht zwingend einen negativen Beigeschmack haben. Nein, sie kann – marketingwirksam! – als Kompliment betrachtet werden! Tatsächlich sind fast dreissig Prozent (aktuell: 29,9 Prozent, oder 13‘256 Personen) der Thuner und Thunerinnen heute über 60 Jahre alt. Es sind dies Menschen, die oftmals ein Leben lang hier wohnen, hier arbeiteten. Andere sind später ganz bewusst in unsere lebens- und liebenswerte Stadt und Region gezogen, um den Lebensabend hier zu verbringen. Die einen geniessen das Dolcefarniente. Ganz viele sind aber über ihre Pensionierung hinaus bereit, ihr Können und Wissen, gepaart mit Lebenserfahrung, der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Es bleibt aber richtigerweise ihr Privileg, dies nicht mehr machen zu müssen, sondern machen zu können, wenn sie denn wollen.
Oder anders gesagt: Wir Alten müssen uns nicht rechtfertigen, wie wir den «goldenen Herbst des Lebens» verbringen wollen. Wir müssen deshalb auch nicht widerspruchslos akzeptieren, dass man im Alter von 60+ offenbar zunehmend zu einer Belastung für die Gesellschaft werden soll. Schreckliche Wortkreationen wie «Überalterung», «Vergreisung», «Alterslast unserer Gesellschaft» lassen grüssen…! Es ärgert mich sehr – gerade auch mit Blick auf die kommende Abstimmung über die Reform der Altersvorsorge 2020 –, wenn Jung gegen Alt, wenn Generationen gegeneinander ausgespielt, wenn gar Drohungen ausgesprochen werden, weil man sich über die Ausgestaltung und die finanzielle Absicherung dieses für alle so wichtigen Sozialwerkes nicht einig ist.

Schön deshalb zu wissen, dass am 9. September 2017 (1000 Uhr bis Mitternacht) auf dem Areal des Gymnasiums Seefeld in Thun erstmals ein Generationenfestival stattfindet. Ein Tag, um über den Tellerrand des eigenen Jahrgangs zu blicken. Ein Anlass, um Menschen aus anderen Generationen kennen zu lernen. Mit musikalischen Highlights, thematisch spannenden Workshops, einem kreativen Festivalmärit wollen wir: Aufeinander zugehen. Vorurteile abbauen. Voneinander lernen. Miteinander Spass haben. Kommen Sie auch? Wir freuen uns auf Sie!
Ursula Haller (68), altGemeinderätin/altNationalrätin aus Thun engagiert sich bei UND im OK des Generationenfestivals.
Diese Kolumne erschien am 16. August 2017 im Berner Landboten.
Hallo,
Ehrlicher Beitrag, irgendwie ebenso erstaunlich zu lesen wie in der kürzlich über Sie ausgestrahlte Berichterstattung auf SRF, worin Sie sich von Ihrer Abkehr von der SVP bekennen aus dort geschilderten interessanten Schickslaszusammenhängen bzw Familienkonstellation. Das dies Kolummne an meinem Geburi erschien;- ist dies auch eine Schicksalskonstellation ? -Eher Zufall, aber ein bemerkenswerter zumindest für mich.