Auffälliges Sofa
Kurz bevor dieses Magazin in Druck geht, haben wir das Sofa noch einmal aus den Katakomben des Kunstmuseums geholt und aufgestellt, um das Cover dieser Ausgabe zu machen. Die beiden Elemente des Sofas, der mattgrüne Teppich darunter und die reproduzierten Kunstwerke stehen nun direkt an der Aare vor dem Kunstmuseum. Noch ehe wir die Kamera auf unsere Models richten, sorgen wir für Aufsehen. Sofort interessieren sich PassantInnen für die Gemälde, die wir um das Sofa aufbauten. Einige bleiben stehen und diskutieren darüber. Wenn Kunst aus dem Museum plötzlich auf die Strasse kommt, regt das zum Austausch an. Mit dem Projekt «Sofa sucht Storys» haben wir Kunst mit Menschen in Beziehung gebracht. Und Menschen miteinander, die sich nicht kannten. Ich freue mich darauf, das Resultat zu sehen. ☐
Unanständig aufdringlich?
Annemarie Voss (73)
Fremde Menschen ansprechen und sie dazu bringen, dass sie sich zu zweit auf ein Sofa setzen und über Kunst und Beziehung reden, ist auch Kunst. Leute ansprechen und versuchen, sie zu etwas zu bewegen, was sie nicht unbedingt wollen, mache ich nicht besonders gern. Ich komme mir jeweils aufdringlich und distanzlos vor. Es ist auch nicht so schön, einen «Korb» zu erhalten. Menschen teilen zwar meistens gerne ihre Meinung mit, aber nicht unbedingt, wenn man sie dabei filmt und fotografiert. Trotzdem ist es uns gelungen Interesse zu wecken und Menschen zu finden, die mit Lust und Freude mitgemacht haben.
In dem ganzen Projekt hatte ich eine kleine Rolle, musste die Fragen stellen und schön im Hintergrund bleiben. Aber da ich kunstinteressiert bin, Menschen schätze und immer neugierig bin, war das eine wunderbare Erfahrung für mich. ☐
Typisch Mann?
Erika Kestenholz (70)
Das Sofa steht bereit. Wer wagt es, darauf Platz zu nehmen und vor laufender Kamera über Beziehung und Kunst zu sprechen? Ob ich nicht selber einen grossen Bogen um ein solches Ansinnen machen würde? Beim Panoramacenter verlässt uns beinahe der Mut. Ein paar Mal sagen Leute zu und versprechen, nach der Erledigung der Einkäufe vorbeizukommen, verschwinden aber mehr oder weniger spurlos.
Einmal bleibt eine Frau interessiert stehen, beginnt mit uns zu sprechen, aber ihr Mann setzt seinen Weg auf unmissverständliche Art fort und sie reisst sich von uns los. Ich denke: Typisch Mann! Was geschieht? Beim nächsten Ehepaar bleibt der Mann stehen und sie stelzt mit dem Tunnelblick davon. Bald setzt er sich in Bewegung, um sie wieder einzuholen. Trotz dieser Schwierigkeiten: Das Experiment hat mir grossen Spass gemacht. ☐
Das macht süchtig!
Sara Smidt (49), Kunstmuseum Thun
Ich verspürte heftige Emotionen, als ich die unterschiedlichsten Menschen sah, wie sie schauten und laut dachten. Die Bilder regten an, tiefsinnige Gedanken auszusprechen, sich zuzuhören. Auf der Strasse! Mit einem meist unbekannten Gegenüber. Erstaunlich, was Kunst kann! Und auch wieder nicht, da sie ja genau das will: verdichten, sinnlich sein und in bisher unbekannte Welten hineinziehen. Das ging nur, weil das Setting ansprechend war und überzeugend: ein zartrosa Sitzmöbel auf einem runden grünlichen Teppich. Das wirkt – auf der Panzerpiste, wo Rollerblader vorbeifahren, auf dem Rathausplatz neben den bunten Ständen, vor der Kirche nach dem Gottesdienst oder im Kulturlokal Mokka vor dem Konzert. Trotz schwerster Arbeit muss ich sagen: Das macht süchtig! Ich bin dankbar für die Offenheit vieler Menschen. ☐
Sofa sucht Storys – worum geht’s?
Auf dem Sofa haben sich im April zahlreiche Generationen-Bewegungen an unterschiedlichen Orten in Thun abgespielt. Die Kunstwerke, das Sofa und die Videodokumentation der Gespräche anhand eines ausgewählten Kunstwerkes sind in der Ausstellung im Kunstmuseum Thun (18.8.-18.11.2018) zu sehen.