Das Generationenforum zum Nachschauen und Nachhören
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In Thun wird aktuell intensiv über die Bedeutung und Gestaltung von Quartierzentren diskutiert. Dies im Rahmen der aktuellen Entwicklung eines «Masterplan Quartierzentren und ihre öffentlichen Räume », bei der es darum geht Zukunftsbilder zu erarbeiten, die aufzeigen, wie die Thuner Quartiere verbessert werden und zukünftig aussehen sollen. In diesem Kontext fand am Mittwoch, 19. Juni 2024, im Rathaus Thun, auch das Generationenforum «Vielfältiges Miteinander: Quartierzentren» statt.

«Für mich haben Quartierzentren und Begegnungszentrum viel mit Heimat zu tun: Es ist ein Ort, wo ich mich wohl fühle, wo ich mitwirken kann, wo ich aber auch manchmal Psychohygiene betreiben kann»: Mit dieser Erläuterung seines Verständnisses von Quartier- und Begegnungszentren begrüsst Fritz Zurflüh, Vorstandsmitglied bei UND Generationentandem und Mitglied des Teams «Generationenforum», die Teilnehmer:innen zum dritten Generationenforum des Jahres. Dieses Verständnis von Quartierzentren teilen auch die Gäste von Moderator Elias Rüegsegger: Markus Flück, Soziokultureller Animator und Initiant des Begegnungsorts ZwischenRaum in Holligen in Bern, Anna Krawiec, Projektleiterin «Masterplan Quartierzentren und ihre öffentlichen Räume», Landschaftsarchitektin und Raumökonomin und Jürg Wittwer, Co-Präsident der IG Thun-Oberland der Wohnbaugenossenschaften. Sie alle sind sich zudem einig: Quartierzentren dienen dem sozialen Zusammenhalt.
Die fachliche Definition:
Quartierzentren sind zentrale Bereiche innerhalb eines Wohnviertels, die verschiedene Funktionen wie Einzelhandel, Dienstleistungen, Gastronomie, soziale Einrichtungen und Freizeitangebote vereinen. Sie sind gut erreichbar, fördern soziale Interaktionen und tragen zur Identität und Lebensqualität des Viertels bei.

Während Thun mit dem «Masterplan Quartierzentren und ihre öffentlichen Räume» sich zwar in eine gute Richtung entwickelt, ist die Stadt mit seiner Stadtentwicklung noch nicht so weit wie andere Schweizer Städte wie zum Beispiel Bern, Zürich, Genf oder Basel. Ein konkretes Beispiel aus Bern stellt Markus Flück vor:
Markus Flück berät in seiner Funktion als Soziokultureller Animator bei der Vereinigung Berner Gemeinwesenarbeit (VBG) verschiedene Quartiertreffs in Bern. Gleichzeitig hat er aber auch den Quartiertreff und Begegnungsort ZwischenRaum ins Leben gerufen. Der ZwischenRaum entstand in Holligen in Bern in einer Zeit grosser Veränderungen – in Holligen gab es in den letzten Jahren viele bauliche Veränderungen, zum Beispiel neue Genossenschaften –, um den Zusammenhalt in der Nachbarschaft zu stärken. Im ZwischenRaum organisieren die Nachbar:innen gemeinsam Flohmärkte, Ping-Pong-Turniere oder bauen ein Baumhaus.

Auch UND Generationentandem betreibt ein Begegnungszentrum – kein Quartierzentrum und trotzdem scheint es dem ZwischenRaum stark zu ähneln. Das Begegnungszentrum Offenes Höchhus ist ein Ort für alle, der von allen mitgestaltet werden kann. Es bietet einen sozialen Gastrobetrieb, der fast ausschliesslich von freiwillig Engagierten betrieben und gestaltet wird, es bietet eine kostengünstige Raumvermietung, die insbesondere für regionale Vereine und Parteien attraktiv ist, ein vielfältiges Programm – von Zäme lisme über Public Viewing bis hin zu Rock-Konzerten – und viele Möglichkeiten sich einzubringen.

Beide Beispiele zeigen: Wenn die Menschen mitgestalten, ist eine Quartier- oder Begegnungszentrum erfolgreich und bereichernd für alle, die dabei sind.
«Masterplan Quartierzentren» der Stadt Thun
Im 2025 soll in der Stadt Thun ein umfassender Massnahmenplan entstehen, der die verschiedenen Quartiere aufwerten soll und damit einen Beitrag zum sozialen Zusammenhalt leisten soll. Der Prozess ist zwar laufen, trotzdem kann Anna Krawiec, die Projektleiterin des «Masterplan Quartierzentren» bereits heute vier zentrale Handlungsfelder identifizieren: Stärkung der Dorfkerne, Vernetzung der bereits existierenden Quartierzentren, Schaffung und Aufwertung der Begegnungsräume und die Stärkung der betrieblichen Strukturen für die Quartierzentren.

Jürg Wittwer, der im Rahmen des Bostudenzelg-Areals, wo über 300 Wohnungen mit einem Quartierzentrum entstehen sollen, als Koordinator ebenfalls in diesem Bereich tätig ist, begrüsst den «Masterplan Quartierzentren», betont aber gleichzeitig, dass es für den Erfolg des Masterplans essenziell sei, die Bevölkerung früh und intensiv auch in die Umsetzung – und nicht nur in die Planungsphase – miteinzubeziehen. Für ihn ist ausserdem das vierte Handlungsfeld, das Anna Krawiec vorgestellt hat, besonders wichtig, denn ohne entsprechende Ressourcen in der Verwaltung für die Umsetzung, nützt ein Masterplan nichts. Auch für Markus Flück ist dieser Einbezug der Bevölkerung zentral. Er rät in diesem Zusammenhang, dass möglichst schnell kleine Massnahmen umgesetzt werden sollen, damit die Bevölkerung schnell erkennt, dass tatsächlich «etwas getan wird».

In Thun gibt es wenige Orte, an denen sich junge Menschen treffen und sich aktiv und niederschwellig beteiligen können. Auch hier können Quartierzentren einen wichtigen Beitrag leisten. Um die Bedürfnisse der Jugend zu besprechen, holt Moderator Elias Rüegsegger Nicola Metzger auf die Bühne – er ist Vorstandsmitglied des Jugendparlaments Stadt Thun. Was Nicola Metzger lobt, ist, dass es im Prozess des «Masterplan Quartierzentren» vielfältige Möglichkeiten gegeben hat, wie sich junge Menschen beteiligen und einbringen konnten – ob sie das getan haben, ist natürlich immer eine andere Frage. Junge Menschen wünschen sich niederschwellige Zugänge zu Begegnungsräumen und die Möglichkeit sich bei der Gestaltung dieser Begegnungsräume auf Augenhöhe einbringen und Verantwortung übernehmen zu können.

Bei Quartierzentren, wie bei vielen sozialen Massnahmen und Projekten, ist die Diskussion um die Finanzen schwierig. Markus Flück und auch ein Teilnehmer aus dem Publikum erzählen, wie die Stadt Bern seit mehreren Jahrzehnten bewusst Gelder in die Quartierarbeit investiert, diese Investition fehlt bisher in Thun. Da der «Masterplan Quartierzentren» noch nicht in der Umsetzungsphase ist, kann Anna Krawiec zur Finanzierung durch die Stadt Thun noch keine Aussagen machen, für alle im Saal ist aber klar, dass die öffentliche Hand einen finanziellen Beitrag zur Weiterentwicklung und Aufwertung der Quartiere leisten muss – nicht nur die Genossenschaften oder private oder wirtschaftliche Geldgeber:innen.
Quartierzentren sind nicht nur Orte der Begegnung, sondern auch Keimzellen der Demokratie. Sie ermöglichen Diskussionsorte und fördern das Miteinander. Eine erfolgreiche Weiterentwicklung und Umsetzung des «Masterplan Quartierzentren» würde zeigen, wie eine Stadt durch die Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements wachsen kann – jetzt heisst es: beobachten, wie es weitergeht.
