
Das Sofa soll auffallen, das Thema Beziehung aufnehmen, praktisch und transportfähig sein. Und es soll in Beziehungsarbeit entstehen. Das sind die Erwartungen an das Sofa. Am Tag bevor das Sofa auf Wanderschaft geht, besuchen wir Sabine Portenier und Dominik Stauch in ihrem Atelier. Die beiden müssen sich nun von ihrem gemeinsamen Werk verabschieden.
Was ist das für ein Sofa?
Dominik Stauch: Eigentlich würde ich es nicht ein Sofa nennen, sondern eher ein modulares System in zwei Teilen, das sich auf unterschiedliche Weise kombinieren lässt und zum Zwiegespräch einlädt. Auf dem klassischen Sofa sitzen die Gesprächspartner nebeneinander und haben meist kein Gegenüber. Dieses Sofa bietet einige Möglichkeiten.
Wie kam es zur Idee?
Sabine Portenier: Nach einer ersten Runde Recherche-Arbeiten, die wir jedes für sich unternahmen, kam der Tag X, an dem wir alles zusammentrugen. Wir begannen zu diskutieren, welche Ideen wir weiterverfolgen und ausarbeiten wollten. An diesen arbeiteten wir wieder eine Runde im stillen Kämmerlein. Dann entschieden wir uns für zwei Entwürfe, die wir so weit bearbeiteten, dass wir sie dem Museum präsentieren konnten. Danach ging es darum zu schauen, in welche Richtung die konkrete Realisierung gehen sollte.

Für euch als Künstlerpaar verlief dieser ganze Prozess reibungslos?
Dominik: Nein, bestimmt nicht. Ich denke, dass Reibungen notwendig sind, damit etwas Neues entstehen kann. Reibung ist Energie. Sie kann positiv genutzt oder als etwas Negatives empfunden werden. Spannend ist, wenn zum Beispiel eine angedachte Idee der Einen vom Anderen aufgenommen und weiter gedacht wird. So kommen neue Vorstellungen und Forderungen ins Spiel und das macht es interessant.
Sabine: Ich denke, wer Konfrontationen scheut, entwickelt gescheiter etwas alleine.
Ist von eurer Beziehung etwas in dieses Projekt eingeflossen? Oder spielte das keine Rolle?
Sabine: Doch, ich denke schon. Muster, die man im Alltag hat, kommen auch bei solchen Projekten zum Tragen, werden sogar noch sichtbarer und klarer.
Inwiefern sehen wir in diesem Sofa das Thema Beziehungen?
Dominik: Es besteht aus zwei Elementen. Sie können auf vier verschiede Arten zusammengestellt werden. Dabei haben wir darauf geachtet, dass sie sich berühren und dass es ein Ganzes gibt. Natürlich könnte man sie auch getrennt platzieren. Eigentlich ermöglicht dieses System unterschiedliche Begegnungen und Erlebnisse. Dasselbe gilt für Beziehungen.




Sabine: Noch ein Gedanke: Die zwei Elemente, die wir nebeneinander aufstellen, sind exakt gleich. Das sollte bei einem Paar anders sein. Ich kann mir nicht vorstellen, in einer symbiotischen Beziehung zu leben.
Ihr müsst nun euer Sofa ziehen lassen – seid ihr wehmütig? Würdet ihr es allenfalls bei euch zuhause aufstellen?
Sabine: Doch, das könnte ich mir vorstellen. Wobei, komfortabel ist es ja nicht, vielleicht eher geeignet zum Arbeiten. Es braucht auch viel Platz.
Dominik: Ich würde es gern bei uns aufstellen, obwohl ich mir unter Sofa eher etwas Weiches vorstelle. Das hier ist ein Nutzgegenstand, der sich unterschiedlich verwenden lässt.
Mit unserem Projekt suchen wir ja Beziehungsgeschichten. Was bedeutet Beziehung für euch persönlich?
Sabine: Ein Gegenüber zu haben, das meine Eigenheiten akzeptiert, dessen Eigenheiten ich akzeptiere, als Ergänzung, etwas Positives, das einem neue Perspektiven aufzeigt. Situationen, die zu Diskussionen und Kompromissen führen, sollten als Chancen und nicht als Einschränkungen erlebt werden.
Dominik: Du hast fast alles gesagt, was auch für mich wichtig ist. Wir haben drei Kinder und so leben wir in einer Fünferbeziehung. Das ist nochmals eine andere Geschichte als eine Zweierbeziehung. Wichtig ist, dass Schwierigkeiten, andere Blickwinkel und Standpunkte nicht als Gefährdung des Eigenen gesehen werden, sondern als Ergänzung. Daraus kann ich etwas Positives nehmen, anstatt mich zu ärgern.

Dürfen wir weitere Projekte von euch erwarten?
Sabine: Wir packen immer wieder Sachen zusammen an. Wenn ich an einer Kollektion bin, schaut Dominik auch drüber oder ist daran beteiligt, zum Beispiel betreffend Farbgebung.
Dominik: Ja, ausgetauscht haben wir uns immer. Dieser Auftrag hier war jetzt mal etwas Grösseres. Wenn sich wieder mal so etwas anbietet, sind wir dabei.☐
Sabine Portenier arbeitet als Modedesig- nerin mit eigenem Label in Thun. Der ausgebildete Grafiker Dominik Stauch ist als Künstler tätig. Sie sind verheiratet, haben drei Kinder und wohnen im ehemaligen Trafohaus neben der Konzepthalle in Thun. www.stau.ch / www.portenier.ch
Sofa sucht Storys – worum geht’s?
Auf dem Sofa haben sich im April zahlreiche Generationen-Bewegungen an unterschiedlichen Orten in Thun abgespielt. Die Kunstwerke, das Sofa und die Videodokumentation der Gespräche anhand eines ausgewählten Kunstwerkes sind in der Ausstellung im Kunstmuseum Thun (18.8.-18.11.2018) zu sehen.