
Die Arbeitsgruppe wohnenUNDleben besteht seit 2019. Am 14. Juni 2023 lud sie im Dachstock des Höchhus in Steffisburg zu einem Referat mit Workshop ein.
wohnenUNDleben
Die Arbeitsgruppe wohnenUNDleben widmet sich der Förderung des Generationenwohnens in der deutschsprachigen Schweiz. Dabei handelt es sich eigentlich um einen irreführenden Begriff, da es um viel mehr als nur das Zusammenleben von Generationen geht: Konsequent geplant und umgesetzt leisten Generationenwohnprojekte einen wichtigen Beitrag zur Lösung sozialer, ökologischer und ökonomischer Herausforderungen, mit denen unsere Gesellschaft konfrontiert ist. Die Arbeitsgruppe besuchte bereits 17 Projekte. Hier einige Berichte dazu:
Generationenpark in Brittnau:
Einzigartiges Generationenwohnprojekt vor der Bewährungsprobe
Das Generationenhaus «Im Dorf» in Schenkon, «mehr als wohnen» in Oerlikon:
Wohnformen mit Zukunft
Der Abend beginnt mit der Zukunft. Anja Isele, ein Mitglied der Arbeitsgruppe wohnenUNDleben, erzählt, wie ein Mädchen im Jahr 2043 lebt – es ist eine Vision, von der wir heute noch weit entfernt zu sein scheinen. Oder vielleicht doch nicht?
Generationenwohnen ist die Lösung?!
«Als Gesellschaft und auch als Einzelpersonen stehen wir vor verschiedenen Herausforderungen: steigende Lebenskosten, begrenzter Wohnraum, hoher Ressourcenverbrauch, Vereinsamung. Thomas Eichkorn ist überzeugt: «Für all diese Probleme kann Generationenwohnen wichtige Lösungsbeiträge leisten.»

Doch was bedeutet Generationenwohnen? Viele verstehen unter Generationenwohnen, dass mehrere Generationen gemeinsam in einer Wohnung oder einem Haus leben. Allerdings kann Generationenwohnen viel weiter gefasst werden: Es geht um ein Zusammenleben, bei dem unterschiedliche Menschen Begegnungsräume schaffen, eine gute Nachbarschaft pflegen und die Möglichkeit zur Teilhabe bieten – während gleichzeitig immer ein Rückzugsort, die eigenen vier Wände, vorhanden ist. Insbesondere die Schaffung von Begegnungsräumen ist zentral, wie Tom Ammann, der zweite Referent des Abends, betont. Diese können zum Beispiel der Garten, Hochbeete, ein Spielplatz, Laubengänge oder die Waschküche sein.

Aber nicht nur Räume, sondern auch Arbeitsgruppen schaffen Begegnung, zum Beispiel die regelmässigen Sitzungen der Arbeitsgruppen «Hausfest» oder «Siedlungs-Flohmarkt».
Begegnungsräume sollten bereits in der Planung von Siedlungen vorgesehen sein. Statt direkt von der Tiefgarage per Lift direkt zur Wohnungstür zu gelangen, können sich die Menschen noch einen Moment im schönen Aussenbereich, in der einladend gestalteten Eingangshalle oder in den Gemeinschaftsräumen aufhalten.
Caring und Sharing
Generationenwohnen ist nicht für alle. Fürsorge und eine Bereitschaft zu teilen sind notwendige Haltungen, wenn es funktionieren sollte.
Generationenwohnen heisst also auch, dass die Menschen sich füreinander interessieren und sich um die Bedürfnisse der MitbewohnerInnen kümmern – also in einer Caring Community zu leben. Das kann bedeuten, dass ältere Menschen Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben benötigen, wie Einkaufen, Hausarbeit oder Arztbesuche, während jüngere Generationen diese Hilfe anbieten können. Umgekehrt betreuen ältere Menschen vielleicht hie und da ein Kind oder giessen bei Ferienabwesenheit die Pflanzen.

Sharing Community heisst gemeinsam Ressourcen wie Fahrzeuge, Werkzeuge, Gästezimmer, Fitnessgeräte oder Saunas zu nutzen. Das kann sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile bieten – nicht viele Menschen leisten sich eigenständig eine Sauna, oder? Bei einer Sharing Community soll es aber nicht nur um das Teilen von physischen Ressourcen gehen, sondern auch um den Austausch von Fähigkeiten: Ältere Generationen können ihr Wissen und ihre Erfahrungen an jüngere Generationen weitergeben, während diese möglicherweise ihre technologischen Kenntnisse oder neuen Perspektiven einbringen.
Caring Community im Reihenhaus
Beim anschliessenden Workshop teilt ein Teilnehmer ein schönes Beispiel: Er lebt mit seiner Frau in einem Reihenhaus. Folgendes hat sich eingespielt: Seine junge Nachbarin mäht ihnen den Rasen, und sie bringen ihr Kuchen oder Blumen aus dem Garten vorbei.
Sharing Community in einem Haus auf der Lichtung
Beim Workshop erzählt ein Teilnehmer, und amüsiert damit die ganze Tischrunde, wie er eine Mitbewohnerin – sie ist circa zehn Jahre jünger als er – gefunden hat, die für ihn den Garten macht, den er seit dem Tod seiner Frau nicht mehr gepflegt hat. Er wohnte zuvor noch nie in einer WG, erklärte er, aber weil er es schade fand, dass sein Garten nicht genutzt wurde, bemühte er sich, jemanden zu finden, der oder die Freude daran hat. Und das Beste an der Geschichte: Seine Mitbewohnerin motiviert ihn dazu, selbst wieder im Garten zu arbeiten.

Bereit für die Utopie
Aus diesen zentralen Haltungen wird klar: Beim Generationenwohnen geht es um Begegnungen, um ein Miteinander, bei dem nicht nur der Bezug zum Alter im Vordergrund steht, sondern der Bezug zu Themen – deshalb ist der Begriff Generationenwohnen auch etwas irreführend, hat sich aber im Sprachgebrauch festgesetzt.

Beim Generationenwohnen treffen Menschen aufeinander, die alle denselben Wunsch haben: Gemeinschaftliches Zusammenleben, bei dem alle teilhaben können und alle einander unterstützen.
Doch sind wir bereit für ein solch utopisch anmutendes Zusammenleben? Der Workshop am Anschluss des Referats zeigt: Viele Menschen fühlen sich eigentlich ganz wohl, allein in ihrer Wohnung oder in ihrem Einfamilienhaus zu leben. Und es besteht noch viel Unsicherheit im Bezug zum Generationenwohnen – also einem Wohnen, das so stark auf Begegnungen und Miteinander ausgelegt ist: Was ist denn, wenn es mit den NachbarInnen Meinungsverschiedenheiten oder sogar Konflikte gibt?
Wie erwähnt, Generationenwohnen passt nicht für alle Menschen, aber für mehr als man denkt. Wichtig ist, weiter zu recherchieren, weiter zu informieren. Und das hat sich die Arbeitsgruppe wohnenUNDleben vorgenommen.