
Schon eine halbe Stunde vor der Eröffnung ist der Generationenmärit erleuchtet. Stände werden noch aufgebaut und eingerichtet – und nur wenige Minuten später pulsiert bereits das Märitleben. Ein Ort, an dem Kunst, Gespräche und Lebenswelten aufeinandertreffen. Die Stimmung hat Rebecca Horner in dieser kurzen Reportage eingefangen.
Der Generationenmärit beginnt leise: ein paar Standbetreuer:innen, die Schilder aufstellen, Stände, die noch halb leer sind. Doch nur zehn Minuten später füllt sich der Platz, Stimmen mischen sich unter die Musik, die von den Bühnen her ertönt, erste Begegnungen entstehen. Eine Frau bittet mich, ihr beim Einscannen eines QR-Codes zu helfen. Jugendliche diskutieren angeregt beim Stand der Netpathie. Familien mit Kindern, Gruppen von Senior:innen und neugierige Einzelne ziehen durch die Gassen – die Stimmung ist lebendig, herzlich und offen.
Nicht alle bleiben bei den Marktständen, viele werden von den künstlerischen Darbietungen angezogen. Doch gerade die Stände laden dazu ein, gesellschaftliche Themen zu entdecken, über die man sonst kaum spricht. Der Generationenmärit zeigt, wie unterschiedlich die Lebenswelten von Generationen sind – und wie wertvoll es ist, sie zu verbinden.
Beim Stand von wohnenUNDleben, einer Projektgruppe von UND Generationentandem, geht es um eine Frage, die uns ein Leben lang begleitet: Wie möchte ich wohnen und leben? Besucher:innen staunen über unterschiedliche Wohnprojekte: vom Holzhaus im Emmental mit grossem Garten bis zum «Stuckimatte» in Steffisburg, wo Energien aus einem Warmwassertank gewonnen werden. Thomas, Mitglied der Projektgruppe wohnenUNDleben, sagt: «Ich würde sofort einziehen.»
Generationenwohnen unterscheidet sich vom klassischen Alterswohnen: Hier leben Menschen von 0 bis 95 Jahren zusammen. Pflege ist nicht der Hauptfokus, aber Unterstützung entsteht selbstverständlich – wie beim 95-Jährigen im Holzhaus, für den die Nachbar:innen kochten. Rückzug ist genauso wichtig wie Gemeinschaft. Begegnung ja, aber immer freiwillig.
Auch die Stiftung SILEA zeigt, wie Zusammenleben gestaltet werden kann. An ihrem Stand begegnen sich Menschen mit und ohne Behinderung – beim Spielen oder über unterstützte Kommunikation mit Piktogrammen. «In unseren Köpfen gibt es fast am wenigsten Barrierefreiheit», sagt Gabriela Stähli, Abteilungsleiterin «Wohnen». Klischees löst man nur auf, wenn man sich wirklich begegnet.
Die SILEA arbeitet seit Jahren mit dem UND Generationentandem zusammen. So sind mehrere Mitarbeiter:innen mit Behinderung nicht nur in der SILEA tätig, sondern zwischendurch auch in der Gastronomie des Begegnungszentrums Offenes Höchhus.
Das Ziel der Stiftung SILEA: Menschen mit Behinderungen mehr Selbstbestimmung zu ermöglichen – beim Wohnen, im Arbeitsmarkt und in der Freizeit. «Die Barrieren liegen oft in der Gesellschaft», sagt Gabriela Stähli. «Wie offen bin ich, wie viel lasse ich zu?»
Besonders beliebt ist der Stand der Netpathie, gleich neben den Infoständen von UND Generationentandem. Dort können Besucher:innen testen, ob sie digitale Beobachter:innen, Enthusiast:innen, Anwender:innen oder Mitgestalter:innen sind. Auffällig ist, dass gerade ältere Menschen und Kinder viele Fragen stellen – und mitdiskutieren.
Das Thema «digitales Bewusstsein» betrifft alle Generationen. Respekt im Netz bedeutet Respekt im Leben: «Wir gehen auch digital so miteinander um, als würden wir uns in die Augen schauen.» Workshops fördern den Austausch über Chancen und Risiken im Netz – und über mentale Gesundheit.
Der Generationenmärit ist nicht nur ein Ort zum Flanieren. Er ist ein Ort des Dialogs, an dem Grenzen verschwimmen – zwischen Jung und Alt, mit und ohne Behinderung, digital und analog. Begegnungen werden hier nicht inszeniert, sondern gelebt.