Ueli Ingold: Erika und Livia, wer seid ihr?
Livia Thurian Ich bin 27-jährig und Psychologin in Weiterbildung zur Psychotherapeutin. Und ich bin Co-Präsidentin von UND Generationentandem. Ich sehe mich als einen Menschen, der kreativ und verspielt, aber auch vulnerabel ist. Diese Vulnerabilität erklärt auch zum Teil, warum ich diesen Beruf gewählt habe.
Erika Kestenholz Ich bin 74-jährig und pensionierte Lehrerin. Ich bin aber auch eine Familienfrau, habe fünf Kinder und vier Enkelkinder. Mich interessieren nebst vielen andern Dingen die Musik, Bewegung in der Natur und natürlich auch die Zusammenarbeit mit Livia als Co-Präsidentinnen von UND Generationentandem.
Livia, du warst von Anfang an bei UND dabei. Warum hast du damals mitgemacht?
Eigentlich bin ich einfach ins Projekt hineingeschlittert – zum Glück! Elias und ich kannten uns damals schon. Ich fand die Maturarbeit eine tolle Idee und war von Anfang an beteiligt. Die redaktionelle Arbeit machte so viel Spass, dass wir den Entschluss fassten, weiterzumachen und einen Verein zu gründen.
Erika, du bist auch schon eine Weile dabei, oder?
Ich bin seit fünf Jahren dabei. Ich hatte einige Hefte geschenkt bekommen und las sie sehr gerne. Mit der Zeit tauchte die Idee auf, auch etwas zu schreiben, und so begann es… Übrigens lernten Livia und ich uns so richtig kennen während einer Nachtwanderung von Bern nach Thun für das Thema «Nacht».
Wie fühlt ihr euch als Co-Präsidentinnen?
Livia Mir gefällt diese Rolle sehr gut. Es macht Spass, mit Erika zusammenzuarbeiten, und bei dieser Funktion ist es wichtig, dass man gut miteinander auskommt.
Erika Ich bin erst seit kurzer Zeit Co-Präsidentin, seit März 2022. Bis jetzt fühle ich mich wohl, auch gerade mit dir, Livia. Wir sind im Moment daran, unsere Rollen als Co-Präsidentinnen zu finden und zu
definieren.
Welche Projekte liegen euch am Herzen?
Livia Das Generationenfestival ist mein persönliches Highlight. Das ist auch von der Tragweite her etwas vom Wichtigsten.
Erika Das Magazin ist auch wichtig, und Veranstaltungen wie die Politpodien, die Generationentalks oder die Generationenforen tragen zur Meinungsbildung von Alt und Jung bei. Da leistet UND Generationentandem ebenfalls einen wichtigen Beitrag. Gerade auch weil zum Teil Themen besprochen werden, die sonst weniger eine Plattform finden.
«Über Generationenprojekte hört man momentan viel. Es ist eine Forderung der Zeit. UND ist aber wirklich ein Pionierprojekt.»
Erika Kestenholz, Co-Präsidentin
Wie entwickelt sich UND Generationentandem?
Erika Die Zahl der Mitglieder ist im Moment eher stagnierend und man wünschte sich, dass doch eine grössere Wirkung erzielt wird.
Wie sieht es bei jüngeren Menschen aus?
Livia Je nach Aufgabe können sie gut erreicht werden, zum Beispiel bei der Technikhilfe. Der Mitgliederbeitrag könnte jedoch ein Hemmnis sein.
Erika Gute Möglichkeiten bieten sich auf dem Gebiet des Journalismus, gerade auch bei den digitalen Optionen. Junge können beispielsweise lernen zu moderieren, Interviews zu führen und Podcasts zu produzieren.
Livia Ja genau, sich kreativ auszutoben. Es gibt da eine Hemmschwelle, und zwar von beiden Generationen aus, aufeinander zuzugehen. Dort ist es auch unsere Aufgabe: zu vermitteln und ein wenig zu pushen.
Wie entwickelt sich das Magazin?
Livia Die Entwicklung des Magazins in den vergangenen Jahren ist genial. Die Qualität der Beiträge und des Layouts hat sich stark entwickelt. Damit verbunden ist auch eine gewisse Professionalisierung.
Erika Dieser hohe Anspruch an die Qualität ist manchmal vielleicht eine Überforderung für Laien. Aber daran wachsen alle.
Livia Ja, wir haben sehr hohe Ansprüche. Umgekehrt kann aber auch jeder und jede das Handwerk des Journalismus bei uns erlernen.
Wir haben auch ein online Magazin, wird es da eine Verschiebung geben?
Livia Wir haben das schon oft diskutiert. Allerdings finden wir das gedruckte Magazin hochwertig und möchten es beibehalten, obwohl es viele Kosten verursacht.
Erika Für viele AutorInnen ist es wichtig, dass der Beitrag im gedruckten Heft erscheint.
Welche Ausstrahlung hat UND?
Livia UND Generationentandem sieht sich als Leuchtturmprojekt, das Nachahmerprojekte in der ganzen Schweiz auslösen kann.
Erika Beim Projektstammtisch ist uns das gelungen; wir haben auch TeilnehmerInnen aus Deutschland und Österreich. Über Generationenprojekte hört und liest man momentan viel. Es ist eine Forderung der Zeit. UND ist aber wirklich ein Pionierprojekt – besteht es doch jetzt seit zehn Jahren, und damals waren Generationenfragen noch kein so grosses Thema.
Livia Es gab tatsächlich auch schon Begriffe, die andere von uns übernommen haben, zum Beispiel den Generationentalk.
Generationenwohnen ist aktuell in aller Munde. Auch bei UND. Könnt ihr etwas darüber erzählen?
Erika Dieses Thema ist in letzter Zeit stark in den Vordergrund gerückt, vielleicht auch wegen der Coronazeit. Man hat gesehen, dass bei älteren, aber auch bei jungen Menschen die Gefahr der Vereinsamung gross ist und wie wichtig die Pflege von Kontakten ist.
Wie sieht die finanzielle Situation von UND aus?
Livia Wie bei ähnlichen Organisationen müssen wir die finanzielle Lage gut im Auge behalten, gerade auch, da wir Festangestellte haben. Bis anhin hat es immer funktioniert dank der zusätzlichen Unterstützung durch die Stadt Thun, Stiftungen und Private.
Erika Als gemeinnütziger Verein wollen wir keinen Gewinn erzielen. Allerdings wäre eine gewisse Reserve doch beruhigend.
Was schätzt ihr am meisten an UND?
Erika Ich schätze den Kontakt zu Mitmenschen am meisten. Ich arbeite sehr gerne beim Magazin mit, interessiere mich für die Strategie des Vereins und habe das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun.
Livia Bei mir ist es ebenfalls der Dialog. Auch der bedingungslose Charakter von UND entspricht mir und berührt mich. Bei UND kann man einfach dabei sein, es ist niederschwellig.
Wie stellt ihr euch die Zukunft von UND vor?
Livia Vor meinen Augen sehe ich das Generationenhaus Thun im Sinne eines Begegnungsortes mit einem grossen Garten und einigen Wohnungen. Vielleicht ein utopisches Bild. Ich sehe ein Festival, das weiterhin stattfindet und dass sich die Strahlkraft des Leuchtturms auf mehr Regionen ausbreitet.
Erika Ich wünsche mir, dass das Magazin von viel mehr LeserInnen abonniert wird. Unser Verein selbst sollte nicht allzu gross werden und familiär bleiben. Es wäre schön, wenn an anderen Orten ähnliche Projekte entstehen würden.
«Vor meinen Augen sehe ich das Generationenhaus Thun im Sinne eines Begegnungsortes mit einem grossen Garten und einigen Wohnungen. Vielleicht ein utopisches Bild. Ich sehe ein Festival, das weiterhin stattfindet und wünsche mir, dass sich die Strahlkraft des Leuchtturms auf mehr Regionen ausbreitet.»
Livia Thurian, Co-Präsidentin
Um das zehnjährige Bestehen von UND Generationentandem gebührend zu ehren, kam am 16. August 2022, pünktlich zur Hauptversammlung, eine Sonderausgabe heraus.
Die Sonderausgabe lässt ehemalige und aktive Mitglieder zu Wort kommen und bietet einen Einblick in das vielfältige Schaffen des Vereins. Das Interview mit Livia Thurian und Erika Kestenholz entstand im Rahmen dieser Sonderausgabe.
SAVE THE DATE: Mit einer Podiumsdiskussion zur Entstehung von UND Generationentandem feiern wir am am 21. Oktober 2022, 19 – 21 Uhr, im Gymnasium Thun-Seefeld dieses Jubiläum noch richtig. Seid dabei!