
Nun fallen die Blätter
Werner: Du sag mal, Manuela, ist der Herbst für dich eine traurige Jahreszeit?
Manuela: Auch, aber nicht nur. Ob ich den Herbst als traurig empfinde, hat viel mit dem jeweiligen Wetter zu tun. Für mich ist der Herbst eine Jahreszeit der Übergänge und die sind oft mit Traurigkeit, aber auch mit Hoffnung verbunden.
Werner: Ja, das jetzige Wetter ist ja weder Fisch noch Vogel. Aber so die Nebelschwaden? die fallenden Blätter?
Manuela: Das Nebelmeer im Seeland habe ich früher als extrem bedrückend empfunden. Inzwischen fühlt sich der Nebel immer noch oft an, wie eine Glocke über mir, aber ich mag auch das Mystische des Nebels. Wenn ich im Aussen nicht so weit sehen kann, fällt es mir oft leichter, im Inneren zur Ruhe zu kommen und mich mir zuzuwenden.
«Wenn ich im Aussen nicht so weit sehen kann, fällt es mir oft leichter, im Inneren zur Ruhe zu kommen und mich mir zuzuwenden.»
Manuela Bamert
Werner: Und die fallenden Blätter?
Manuela: Die fallenden Blätter mag ich sehr. Ich geniesse es, durch die Blätter zu schlendern im Wald, weil das so schön raschelt :-). Die nackten Bäume tun mir dann ein wenig leid, aber ich finde es schön, zu wissen, dass im Frühling neue Blätter wachsen werden. Wie geht es dir mit dem Herbst?
Werner: Was du schreibst, spricht mich sehr an. Die fallenden Blätter können mich zwar etwas melancholisch stimmen, da denke ich auch an meine Endlichkeit. Doch dann aber kommen die Farben in der Herbstsonne, das ist wieder eine grosse Pracht.

Manuela: Die Gedanken an die (eigene) Endlichkeit kann ich nachvollziehen, auch die damit verbundene Melancholie. Für mich ist das interessanterweise ein Thema, das mich eher im Winter begleitet als im Herbst. Ich finde es faszinierend, wie kontrastreich der Herbst ist, der uns sowohl Nebel als auch wunderbare Farbenpracht, Gemütlichkeit und Melancholie bringt.
Werner: So wäre es wirklich einseitig zu sagen, der Herbst sei eine traurige Zeit. Da fällt mir das Lötschental ein. Bisher fuhren meine Frau und ich fast jedes Jahr zur Fafleralp. Wir freuten uns an den gelben Lärchen und den roten Büschen. Altershalber wird das nun nicht mehr möglich sein. Das tut mir manchmal leid. Doch dann schliesse ich die Augen, und die Pracht ist wieder da.
Manuela: Ich beobachte bei mir oft, wie traurig es mich macht, wenn etwas endet oder nicht mehr möglich ist und vergesse dabei manchmal, dass in meinen Erinnerungen ja alles weiterlebt. Ich war noch nie auf der Fafleralp, würde mich aber sehr freuen, die gelben Lärchen und roten Büsche zu sehen, um das zu sehen, was du siehst, wenn du deine Augen schliesst.
«Ich beobachte bei mir oft, wie traurig es mich macht, wenn etwas endet oder nicht mehr möglich ist und vergesse dabei manchmal, dass in meinen Erinnerungen ja alles weiterlebt.»
Manuela Bamert
Werner: Soviel ich weiss, wohnst du an einem See. Da gibt es natürlich im Herbst auch vieles zu sehen und mit geschlossenen Augen darüber zu träumen.
Manuela: Ja, der See und der Wald sind bei mir in unmittelbarer Nähe, was ich sehr geniesse. Und das stimmt – wenn wir die Augen offenhalten, finden wir überall Schönes, um dann mit geschlossenen Augen darüber zu träumen!
Werner: Inzwischen warten wir noch auf eine Reihe sonniger Tage!