Wir werden immer älter, mobiler und leben anonymer. Das gegenseitige füreinander sorgen funktioniert nicht mehr reibungslos. Somit müssen sich Gemeinden stärker für den sozialen Zusammenhalt engagieren.Manche lokale Dienstleistung wäre ohne Freiwilligenarbeit nicht realisierbar. Freiwilliges Engagement fördert Identifikation mit der Gemeinde, ermöglicht Integration und ist ein entscheidender Faktor für die nachhaltige Entwicklung einer Ortschaft. Am Benevol-Forum 2024 vom 12. September 2024 im Berner Generationenhaus, organisiert von benevol Kanton Bern, berichten vier Vertreter:innen über ihre Arbeitsweisen im Bereich Freiwilligenarbeit.
Podium «Solidarität stärken: gemeinsam für eine lebendige Gemeinde»
Die beiden Moderator:innen Nina Gutweniger und Robert Rosenow betonen zu Beginn des Podiums, dass Freiwilligenarbeit auf Gemeindeebene nicht isoliert, sondern als Teil einer solidarischen Gesellschaft betrachtet werden soll.
Manfred Waibel, Gemeindepräsident der Gemeinde Münchenbuchsee und langjähriger freiwillig Engagierter sowie Brigit Zuppinger, Leiterin der Fachstelle Alter, Jugend und Integration der Gemeinde Köniz vertreten den Part der Gemeinden. Regula Meyer spricht als Präsidentin des Vereins Nachbarschaft Muri-Gümligen und Hans-Heini Winterberger über das Projektteam Freiwilligenarbeit Saanenland.
Gemeinde und Freiwilligenarbeit
Entscheidend für die die jeweiligen Rahmenbedingungen der lokalen Freiwilligenarbeit ist der politische Auftrag der Gemeinden. Köniz gewichtet die Altersarbeit stärker als die Integration und stellt entsprechend Ressourcen zur Verfügung. Für Münchenbuchsee ist neben dem sozialen Engagement aller Einwohner:innen, die Einstellung der zuständigen Person im Gemeinderat ausschlaggebend für den Stellenwert der Freiwilligenarbeit. Das Projektteams Freiwilligenarbeit Saanenland beweist wie es gut funktionieren kann: Es organisierte die Nachbarschaftshilfe für Senior:innen und übergab die Aufgabe 2020 der Gemeinde. In Muri-Gümligen setzen Gemeinde und reformierte Kirche bei der vielfältigen Betreuung von Neuzuzügerinnen und Einwohnerinnen auf den Verein Nachbarschaft Muri-Gümligen.
Freiwilliges Engagement eher projektbezogen
Unabhängig von der Organisationsform, egal, ob öffentlich oder privat, ob auf dem Land oder in der Stadt: Alle Podiumsteilnehmer:innen stellen ein allgemein schwindendes soziales Engagement fest und haben Schwierigkeiten, Leute für längerfristiges freiwilliges Engagement zu gewinnen. Da seien vielleicht Vereine im Vorteil gegenüber den Gemeinden. Sie profitieren von privaten Netzwerken und persönlichen Kontakten, so Regula Meyer.
Wie erreichen wir die Leute, die wir nicht erreichen?
Die alles entscheidende Frage lautet aber für alle: Wie erreichen wir die Leute, die wir nicht erreichen? Wo finden wir Freiwillige mit Zeit und Know-how? Wie erfahren wir, wer wann und wie Hilfe braucht? Wie führen wir beides zusammen?
Innovative Ideen sind gefragt!
Anstatt über Schwierigkeiten zu klagen sei eher zu fragen: Was ist alles möglich für die Förderung von Freiwilligenarbeit und damit für die Förderung des sozialen Zusammenhalts, rät Manfred Waibel und ergänzt, dass alle Akteure auf möglichst vielen Kanälen Menschen mit Zeit und Wissen finden müssen. Für die Gemeinden heisse das, Infrastruktur, Netzwerk und finanzielle Ressourcen bereitstellen.
Die Skepsis im Zuschauerraum fängt der Vertreter aus dem Saanenland geschickt auf: Da seien eben innovative Ideen gefragt: Die teure Einbettung der Freiwilligenarbeit auf der Gemeindewebsite wäre vielleicht ein schönes Projekt für IT-Lernende. Eine Firma entdeckt Freiwilligenarbeit als Motivation und Fördermöglichkeit für ihre Mitarbeitenden und spendet Zeit für freiwilliges Engagement. Somit ist klar: Alle Akteure müssen gemeinsam Einsatz leisten, Kontakte pflegen für Sichtbarkeit sorgen.