Nach der Begrüssung durch den Gastgeber Elias Rüegsegger von UND Generationentandem trafen sich die TeilnehmerInnen in Zweiergruppen zu einem kurzen Gedankenaustausch. Dabei wurden einige mögliche Stolpersteine in der Zusammenarbeit von Freiwilligen und Angestellten genannt:
- Freiwillige wie auch Angestellte befürchten, dass die andere Gruppe zu wenig motiviert sein könnte.
- Freiwillige könnten ausgenutzt werden.
- Freiwilligen wird oft viel mehr Wertschätzung entgegengebracht, was zu Frustration bei den Angestellten führen kann.
- Kenntnisse und Vorgehensweisen von Profis werden zuweilen von übermotivierten Freiwilligen über den Haufen geworfen.
- Man setzt auf Bewährtes und nimmt Jüngere nicht mit.
Fazit: Die Zusammenarbeit von Profis und Freiwilligen verlangt einiges an Fingerspitzengefühl.
«Freiwillige können auch Profis sein»
Doris Widmer (59) ist Leiterin der Geschäftsstelle von Benevol Bern, der Vermittlungsstelle von Freiwilligen an gemeinnützige Organisationen. Benevol Bern hat mit den benevol-Standards Rahmenbedingungen für die Freiwilligenarbeit geschaffen. Darin enthalten ist auch die Abgrenzung zur bezahlten Arbeit. 125 Organisationen aus folgenden Bereichen sind angeschlossen: Kultur, Umweltschutz, Menschen mit Einschränkungen, Altersheime, kirchliche Gruppierungen.

Doris Widmer führte aus, dass Menschen aller Altersstufen in der Freiwilligenarbeit tätig sind. Früher waren es fast nur Frauen. Heute melden sich vermehrt Männer, teils auch Menschen in schwierigen Lebenssituationen, Leute, die aus dem ersten Arbeitsmarkt gefallen sind.
Standen vor einigen Jahren noch Bedürfnisse der Organisationen im Vordergrund, ist aktuell eine Verschiebung im Gange: Heute achtet man vermehrt auf die Kompetenzen der Mitarbeitenden und auf optimale Einsatzmöglichkeiten, denn kompetente Freiwillige werden immer zahlreicher. «Freiwillige können auch Profis sein», so Doris Widmer. Dies verlangt aber eine umsichtige Kommunikation und Verantwortlichkeiten müssen genau abgesprochen sein.
Spesen müssen fair abgerechnet werden. Auch ältere Freiwillige sind oft darauf angewiesen.
Schwierig wird es dann, wenn ältere Freiwillige den Anspruch darauf erheben, dass alles genau gleich ablaufen muss wie gewohnt.
Allgemein: Freiwillige arbeiteten früher eher in dienenden Positionen. Heute melden sich vermehrt Leute, die ihre Ideen und ihr Wissen auch einbringen möchten. Damit sind vor allem individuelle Lösungen gefragt. Nicht alle brauchen einen Arbeitsvertrag.
Eine Teilnehmerin erzählt von einer Mitarbeiterin, die zwar mitdenken und mitgestalten will, sich aber nicht fest anstellen lässt, weil sie sich dadurch in ihrer Freiheit eingeschränkt fühlt.
Begegnungen auf Augenhöhe
Als Beispiel für die Zusammenarbeit von Freiwilligen und bezahlten Mitarbeitenden stellte Fritz Zurflüh den Verein UND Generationentandem vor. Bis vor etwa vier Jahren bestand der Verein nur aus Freiwilligen. Der Verein wuchs aber stetig und Arbeit wurde immer mehr, was schliesslich zu einer zeitweiligen Überlastung der Verantwortlichen führte. Nun stellte sich die Frage: Zurückfahren, also schrumpfen – oder bezahlte Stellen schaffen?
Man entschied sich für Letzteres. Dank einer Leistungsvereinbarung mit der Stadt Thun und diversen Geldgebern konnte das Projekt realisiert werden. Inzwischen teilen sich einige junge Mitarbeitende ungefähr 170 Stellenprozente. Der Vorstand besteht ausschliesslich aus Freiwilligen. Zudem wurde eine Geschäftsstelle geschaffen, die aus dem Co-Präsidium und den Angestellten besteht.
Diese Struktur hat sich bisher bewährt.
Die Vision: Schaffung einer neuen Gesellschaft, in die sich alle einbringen und einander auf Augenhöhe begegnen können. Wichtig ist die Pflege von persönlichen Beziehungen. Aber auch den Konflikten soll nicht ausgewichen und aus Fehlern gelernt werden.

Was nehmen wir mit ?
In der folgenden gemeinsamen Diskussion wurden verschiedene Ansichten geäussert und Vorschläge gemacht.
- Für befristete Projekte ist es einfacher, Freiwillige zu rekrutieren.
- Organisationen müssen sich überlegen, inwiefern potenzielle GeldgeberInnen von ihrem Projekt profitieren können.
- Der Einsatz eines/einer Zivildienstleistenden kann Organisationen entlasten.
- Viele Leute wollen etwas Sinnvolles tun und Spass haben. Aber da steckt eben auch Arbeit dahinter.
- Ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte hilfreich sein.
Fazit: Arbeit ist Arbeit und sollte Wertschätzung erfahren, unabhängig davon, ob sie bezahlt ist oder nicht.
