Yvonne Christen Townsend (44)
– verheiratet, drei Kinder
– seit 2008 wohnhaft in Hünibach
– arbeitet im Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) im Bereich Arbeitslosenversicherung
– war bis im Sommer Präsidentin der Oberstufe des Elternrats
– Präsidentin der SP Hünibach / Hilterfingen
– beteiligt an «Generationenübergreifende Thunerseetalks»
– aktiv in der Pfadfinderabteilung Wendelsee
– unterstützt ihre Kinder bei Leitungsfunktionen im Turnverein.
Yvonne Christen Townsend, welche generationenübergreifenden Begegnungen haben Sie besonders beeindruckt?
Meine Eltern und meine NachbarInnen hüten regelmässig meine Kinder. Dies ist eine generationenübergreifende Tätigkeit, funktioniert sehr gut und ist für meine Kinder eine grosse Bereicherung.
Drei Mal verbrachten wir mit unseren Nachbarn Segelferien auf dem Meer; ein Törn mit drei Generationen, bei dem alle von den verschiedenen Eindrücken und Lebensweisen profitieren konnten.
Was macht die Lebensqualität in Hünibach für Sie aus?
Das Leben in unserem Quartier ist eine gute Durchmischung von Jung und Alt mit vielen unterschiedlichen Begegnungsmöglichkeiten und Unterstützungen.
Welche Faktoren sind besonders wichtig?
Hier finden kulturelle Anlässe statt, die für alle Generationen offen sind und auch ein ansprechendes Programm anbieten, zum Beispiel in der Klösterlibühne. Viele öffentliche Plätze und Orte, die für alle zugänglich sind, wie zum Beispiel Schulanlagen, die Ländtematte oder das Hallenbad Oberhofen bieten sich an für Begegnungen. Bänkli und Beizli finde ich wichtig.
Wo halten Sie sich in Ihrer Gemeinde besonders gerne auf?
Da gibt es manch schönes Plätzchen: Ländtematte, Hüneggkurve, Bädli Hilterfingen, Hüneggpark, Park beim Eichbühlschulhaus und Chartreusewäldli. Sehr wertvoll und wichtig ist auch der Wald mit den Wanderwegen und der Brätlistelle. Weitere wichtige Plätze sind das Klösterli und das Feuerwehrmagazin, das man für private Anlässe mieten kann.
Wünschen Sie weitere Begegnungsmöglichkeiten?
Bei der Ländtematte müsste man sich überlegen, ob es genügend Bänkli gibt. Auch die Anordnung der Bänkli ist ein wichtiger Punkt für Begegnungen. Hier gäbe es noch einige Verbesserungsmöglichkeiten.
Was könnte die Gemeinde unternehmen, um die Lebensqualität ihrer BewohnerInnen noch zu steigern?
Zu den oben beschriebenen Bereichen muss Sorge getragen werden. Das dient dem Miteinander verschiedener Menschen.
Ein Thema des Elternrats ist ein Jugendtreff. Bei vielen Aktivitäten der Jungen wird immer wieder auf Thun verwiesen. So ist zum Beispiel der Schulsport relativ reduziert. Bei Konflikten im öffentlichen Raum und dort, wo öffentlicher Raum an privaten Raum grenzt, sollte die Gemeinde eine aktive Rolle übernehmen und bei Bedarf auch eine Mediation durchführen.
Wie beurteilen Sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt?
Als Familie mit Kind ist der Berührungspunkt die Schule. Hier ergibt sich ein guter Zusammenhalt. Tendenziell sind die Leute eher egoistisch und der Zusammenhalt ist nicht besonders gross. In unserem Quartier ist es jedoch anders, was sich auch in den gemeinsamen Aktivitäten und Hilfeleistungen widerspiegelt.
«Tendenziell sind die Leute eher egoistisch und der Zusammenhalt ist nicht besonders gross.»
Yvonne Christen Townsend
Wer spielt sonst noch eine Rolle?
Turnverein und Pfadi haben ein gutes Angebot für Kinder und Jugendliche.
Wo ergeben sich zwischen den Generationen Konflikte?
Bei der Schulanlage Hünibach halten sich viele Jugendliche auf– auf dem Fussballplatz und der Skateboardanlage. Die AnwohnerInnen stören sich daran. Hier wäre mehr Toleranz zwischen den Generationen gefragt.
Begegnen sich die Generationen auf Augenhöhe?
Eine solche Begegnung findet bei der Schulanlage nicht statt, da die Älteren den Jungen vorschreiben wollen, wie sie sich zu benehmen haben. Vielleicht würde da eine Mediation helfen? Die junge Generation wird zu wenig berücksichtigt und angehört. Ihre Ideen werden oft als Schnapsideen und zu wenig fundiert betrachtet. Dies ist eine sehr schlechte Situation, da die Jungen mit unserem Erbe leben werden.
Die Demografie in Hilterfingen ist relativ ausgeglichen. In Oberhofen gibt es eine grosse Überalterung. Aus diesem Grund müssen die Kinder aus Hünibach nach Hilterfingen oder Oberhofen zur Schule gehen, was für die Familien eine Mehrbelastung ist. Nach den obligatorischen Schulen verlassen fast alle Jugendliche die Gemeinde, da die meisten weiterführenden Ausbildungsmöglichkeiten ausserhalb der Gemeinde stattfinden.
Können und wollen Sie Ihre Anliegen, Erfahrungen und Ideen einbringen?
Das tue ich bereits, da ich mich politisch aktiv betätige.
Jede Generation hat ihre Kompetenzen, werden diese genügend – zum Vorteil aller – genutzt?
Grundsätzlich würde ich es befürworten, dass nicht nur ältere Menschen befragt würden. Eine Möglichkeit wäre eine Schulklasse zu befragen in Form eines Workshops: «Wie möchte ich leben, wenn ich 80jährig bin?»
Wie beurteilen Sie die Angebote bezüglich Generationenwohnen und Alterswohnen?
Viele ältere Personen leben in Einfamilienhäusern. Mit dem Bau von mehr Alterswohnungen könnten die Älteren im Dorf umziehen und die Einfamilienhäuser würden so frei für Familien mit Kindern, was ich als eine sehr gute Strategie beurteile.
Für Generationenwohnen gibt es momentan kein Projekt in der Gemeinde. Generationenübergreifendes Wohnen wäre jedoch interessant und wichtig.
Schulen, Bildung?
Wichtig ist der Erweiterungsbau des Schulhauses in Oberhofen. Wir sollten Unterstufen-, Mittelstufen- und Oberstufenzentren bilden. Wir sind jedoch Hanggemeinden mit zum Teil weiten Schulwegen. Deshalb bräuchte es dazu ein gutes Konzept.
«Der Umgang miteinander und die Sensibilisierung für dieses Thema ist ein Generationenthema – Kurse und Veranstaltungen dazu könnten für alle angeboten werden.»
Yvonne Christen Townsend
Das Thema «Gewaltprävention» müsste an den Schulen angeboten werden. Der Umgang miteinander und die Sensibilisierung für dieses Thema ist ein Generationenthema – Kurse und Veranstaltungen dazu könnten für alle angeboten werden.
Was meinen Sie zum Thema Mobilität?
Unser Hangbus ist ein gutes Angebot für die Mobilität der älteren BewohnerInnen und die Anbindung der oberen Wohnlagen.
Im Bereich Langsamverkehr könnte noch viel mehr realisiert werden: Velowege und Velorouten ausbauen und diese gleichberechtig behandeln wie die Autostrassen.
Für den Busverkehr wünsche ich mir den 10 Minutentakt.
Sind Sie zufrieden mit der medizinischen Versorgung?
Für den Bereich «Prävention» fehlt ein Angebot; hier wird nach Thun verwiesen. Die medizinische Versorgung in der Gemeinde ist gut.
Was müsste sich ändern?
Es fehlen Tagesschulen am Mittwoch und Freitag, sowie eine Ferienbetreuung für die Kinder. (Ausnahme: der Feriendachs in Oberhofen, der auf privater Initiative entstanden ist.)
Dass die Kita Oberhofen geschlossen wurde, ist sehr bedauerlich. Für die mittlere Generation mit Kindern führt das zu einer enormen Belastung.
Was wünschen Sie sich als Resultat dieses Generationenleitbildes?
Das Generationenleitbild müsste visionär sein und die Frage beantworten: Wie hinterlassen wir, die älteren Generationen, unsere Welt den folgenden Generationen?
Generationenleitbild «zäme redä, zäme läbe» in Hilterfingen, Oberhofen und Heiligenschwendi
Viele Gemeinden haben Altersleitbilder. Diese sind oft in die Jahre gekommen und setzen sich mit den älteren Generationen auseinander. Solche Leitbilder definieren die Alterspolitik einer Gemeinde. Also bestimmte Massnahmen die älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben mit hoher Qualität ermöglichen. Viele Gemeinden denken nun neu und wollen Generationenleitbilder erarbeiten. Die Menschen aller Generationen sind im Blick.
UND Generationentandem begleitet zwischen Juni 2022 und Dezember 2023 den Gemeindeverband Hilterfingen, Oberhofen und Heiligenschwendi auf dem Weg zum Generationenleitbild. Im Fokus steht der Prozess und das Miteinander. Eine Spurgruppe mit offiziellen VertreterInnen aus allen drei Gemeinden und aus der Bevölkerung erarbeitet das offizielle Leitbild. Am Freitag, 31. März 2022 laden die drei Gemeinden zum Mitmach-Anlass «zäme redä, zäme läbe» ein.
Für das Generationenleitbild führt UND Generationentandem Interviews mit Menschen aus den drei Gemeinden. Alle Interviews und Beiträge zu «zäme redä, zäme läbe»: hier.