Wie steht es um das Verhältnis zwischen Jung und Alt in der Schweiz? Das Generationen-Barometer 2025 des Berner Generationenhauses befragte knapp 2800 Menschen und zeigt ein vielschichtiges Bild: Ältere sind zufriedener als Jüngere, während die Jungen zunehmend pessimistisch in die Zukunft blicken und sich oft machtlos fühlen. Die Studie macht zudem sichtbar, wo Generationen gut zusammenarbeiten – und wo Konflikte entstehen.

Zufrieden im Heute, besorgt ums Morgen
Das Generationen-Barometer zeigt eine hohe Lebenszufriedenheit in der Schweiz: 90 Prozent der Bevölkerung sind mit ihrem Leben zufrieden. Doch es gibt einen deutlichen Altersunterschied – je älter, desto zufriedener. 21 Prozent der unter 35-Jährigen sind unzufrieden, während ältere Menschen in der Schweiz deutlich glücklicher sind.
«Junge wollen Anerkennung und Chancen, Ältere Sicherheit und Respekt – ein typisches Generationen-Missverständnis.»
Generationen-Barometer 2025
Gleichzeitig drücken globale Krisen auf die Stimmung: Drei von vier Befragten sorgen sich um die weltweite Lage. Diese Unsicherheit spiegelt sich in den Zukunftserwartungen wider: 71 Prozent blicken pessimistisch auf das Jahr 2055; der Optimismus ist in den letzten Jahren weiter gesunken. Besonders die Generation Z fühlt sich regelrecht abgehängt – 88 Prozent der unter 35-Jährigen glauben, kaum Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen zu haben. Das Vertrauen in das «Generationenversprechen» – also die Hoffnung, dass es der nächsten Generation besser gehen wird – schwindet. Immer mehr Junge zweifeln daran, den Lebensstandard ihrer Eltern übertreffen zu können.
Warum die Jugend schwarz sieht
Die wachsende Zukunftsangst der Jungen hat laut dem Generationen-Barometer zwei Hauptursachen: globale Krisen und wirtschaftliche Unsicherheiten. Viele haben das Gefühl, mögliche Katastrophen – etwa durch die Klimakrise – seien nur noch eine Frage des «Wann» statt des «Ob». Gleichzeitig bröckelt die soziale Mobilität: 69 Prozent halten Wohneigentum ohne Erbe für unrealistisch.
«Das Vertrauen in das ‹Generationenversprechen› schwindet – immer mehr Junge zweifeln daran, den Lebensstandard ihrer Eltern übertreffen zu können.»
Generationen-Barometer 2025
Doch es gibt auch Hoffnung: Freundschaften, Familie und Gesundheit gelten weiterhin generationenübergreifend als wichtigste Quelle der Zufriedenheit. Mehr Mitsprache, Investitionen in Zukunftsthemen und soziale Bindungen könnten das Vertrauen der Jungen stärken.
Spaltet der «Generationengraben» die Gesellschaft?
Zwei Drittel der Schweizer:innen empfinden die Gesellschaft als gespalten – am häufigsten entlang politischer und wirtschaftlicher Linien. Während 50 Prozent der unter 26-Jährigen einen Graben zwischen Jung und Alt sehen, teilen nur 15 Prozent der über 75-Jährigen diese Ansicht. Für die Jungen ist der Konflikt real, für Ältere kaum spürbar.
Das wirft Fragen auf: Ist der Generationenkonflikt objektiv oder subjektiv? Ältere Generationen sind oft reicher und haben mehr politischen Einfluss, während sich viele Junge mit ihren Anliegen überhört fühlen. Das könnte erklären, warum sie die Kluft deutlicher wahrnehmen. Wer profitiert, sieht weniger Grund zur Veränderung – wer sich benachteiligt fühlt, spürt den Konflikt umso stärker.

Doch ein fehlender Dialog kann Missverständnisse verstärken. Wenn nur eine Seite den Konflikt spürt, wächst die Gefahr, dass Probleme ignoriert oder unterschätzt werden. Hier setzen Institutionen, die den Austausch zwischen Jung und Alt fördern. Die Studie zeigt: Generationen sind aufeinander angewiesen – sei es bei Renten, Wissenstransfer oder gesellschaftlichem Zusammenhalt.
Die Erkenntnis, dass sich viele Junge abgehängt fühlen, könnte ältere Entscheidungsträger:innen zum Umdenken bewegen. Die Partizipation von Jungen fördern oder die Chancen und Lasen gerechter verteilen, können Ansätze sein.Letztlich liegt hier eine Chance: Nicht der Konflikt sollte im Fokus stehen, sondern die Frage, wie Generationen besser zusammenarbeiten können.
In der Arbeitswelt: mehr Gemeinsamkeiten als Konflikte?
Bei der Arbeit treffen Jung und Alt direkt aufeinander – doch statt eines offenen Generationenkonflikts zeigt das Barometer ein differenziertes Bild. Über alle Altersgruppen hinweg zählen Teamgeist, Sinnhaftigkeit und Wertschätzung mehr als Gehalt oder Status. Auch der Wunsch nach besserer «Work-Life-Balance» eint die Generationen.
Trotz dieser Gemeinsamkeiten gibt es verdeckte Spannungen: Fast alle unter 35-Jährigen fühlen sich im Job nicht immer ernst genommen, während mehr als die Hälfte der über 55-Jährigen von Altersdiskriminierung berichten. Junge wollen Anerkennung und Chancen, Ältere Sicherheit und Respekt – ein typisches Generationen-Missverständnis.
Doch die Arbeitswelt verändert sich: Flexible Strukturen, Homeoffice und flache Hierarchien werden längst nicht mehr nur von der Jugend gefordert, sondern generationenübergreifend geschätzt. Unternehmen sind gefordert, nicht nur auf neue Trends zu setzen, sondern auch Altersvielfalt gezielt zu fördern. Mentoring-Programme, gemischte Teams und ein respektvolles Miteinander könnten helfen, Vorurteile abzubauen – und eine Arbeitswelt zu schaffen, in der alle an einem Strang ziehen.
Ein unerwarteter Konsens
Digitale Medien gelten oft als Zankapfel zwischen Jung und Alt – doch das Generationen-Barometer zeichnet ein anderes Bild. In vielen Punkten herrscht überraschende Einigkeit: 70 Prozent aller Befragten befürworten ein TikTok-Verbot für 18–25-Jährige. Auch ein Handyverbot an Schulen findet breite Unterstützung, selbst bei den Jüngsten. Statt eines Konflikts zeigt sich ein gemeinsamer Wunsch nach Regeln.

Während Ältere vor allem Bildung und soziale Interaktion schützen wollen, kennen Jüngere die Ablenkungsgefahr aus eigener Erfahrung. Auch der Einfluss sozialer Medien auf die psychische Gesundheit, etwa durch exzessiven Konsum oder problematische Inhalte, wird zunehmend kritisch gesehen.
Diese wachsende Skepsis könnte darauf hindeuten, dass sich ein Umdenken vollzieht – weg von schrankenloser Nutzung hin zu einer bewussteren Medienkultur. Das Ergebnis bleibt dasselbe: Generationübergreifend wächst die Bereitschaft, digitale Exzesse einzudämmen und klare Nutzungsregeln zu etablieren – eine Chance für eine konstruktive Medienpolitik.
Erben: Zündstoff zwischen den Generationen
Beim Thema Erben prallen die Generationen aufeinander. 69 Prozent der Befragten sehen Wohneigentum ohne Erbe als unerreichbar, und mehr als die Hälfte zweifelt an sozialem Aufstieg ohne Startkapital. Das zeigt sich in der Erbschaftssteuer-Debatte: 57 Prozent der Gesamtbevölkerung lehnen sie ab, vor allem Ältere. Doch 61 Prozent der 18–35-Jährigen befürworten eine Besteuerung zugunsten des Gemeinwohls. Hier trifft Verteilungsgerechtigkeit auf Eigentumsschutz.
Interessanterweise verbindet das immaterielle Erbe die Generationen: Zwei Drittel der Schweizer:innen schätzen Traditionen, Werte und familiäre Rituale als wertvoll. Über 80 Prozent halten es für wichtig, diese weiterzugeben. Trotz aller finanziellen Debatten bleibt die emotionale Verbindung stark – eine Basis für gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Generationen zwischen Konflikt und Zusammenhalt
Das Generationen-Barometer 2025 zeigt eine Gesellschaft, in der Generationenfragen zentral sind. Während Junge sich oft übergangen fühlen, sind Ältere zufriedener und sehen weniger Veränderungsdruck.
«Nicht der Konflikt sollte im Fokus stehen, sondern die Frage, wie Generationen besser zusammenarbeiten können.»
Generationen-Barometer 2025
Besonders in Fragen der Verteilung – von Erbschaften bis zu Renten – droht der Graben zwischen den Altersgruppen zu wachsen. Doch in vielen Bereichen gibt es überraschende Einigkeit: Werte wie Fairness, Familie und Respekt verbinden die Generationen ebenso wie gemeinsame Interessen in der Arbeitswelt oder bei digitalen Regeln.
Letztlich sitzen Jung und Alt im selben Boot einer sich rasant verändernden Gesellschaft. Das Generationen-Barometer 2025 zeigt, wo Spannungen bestehen – aber auch, wo Zusammenhalt gestärkt werden kann. Jetzt gilt es, diese Erkenntnisse zu nutzen, um den Dialog zu fördern und die Zukunft gemeinsam zu gestalten.
