Oliviers Antworten und Fragen
Werde ich taub sein, wenn ich 70 bin? Oder werde ich Sehprobleme haben? Müsste ich dann in den Rollstuhl? Hat man in dieser Zeit Angst vor einem Rollstuhl? Oder macht es einem nichts aus? Was ist mit den zittrigen Händen? Oder muss ich mir keine Sorgen über solche Themen machen? Könnte in dieser Zeit ja noch bessere Medikamente geben, die dieses alles verhindern. Und was ist mit deren Nebenwirkungen? Bleibt der Charakter gleich? Und das seelische Erleben? Fragen, Fragen, Fragen, welche ich mir stelle. Ja was ist wenn ich 70 bin? Wir Jungen mögen es nicht, wenn wir älter werden. Oder haben wir gar Angst? Ich habe das Gefühl, denke ich, dass der Charakter und das Seelische sich verstärkt, sowie die Angst über den Tod, wenn wir 70 sind. Und das andere muss sich wohl verschlechtern. Denn wenn sich etwas verbessert, verschlechtert sich auch etwas. Beispiel: Auge verschlechtert sich, während andere Sinnesorgane sich verbessern. Nachteil? Nachteil? Auch beim alt werden.
Jürgs Reaktion
Hallo Olivier
Ich staune, wie viele spannende Fragen du stellst. Das imponiert mir. Hier ein Versuch, einige Antworten zu geben.
Einige meiner Freunde und Bekannten starben schon zwischen fünfzehn und sechzig Jahren, wurden also gar nie richtig alt. Und mit siebzig Jahren ist der Gesundheitszustand sehr verschieden. Mit drei Jahren musste ich wegen einem Beinbruch ins Spital, seither nie mehr. Ich sehe und höre gut, ich schwimme und fahre Kajak, wandere gerne in den Bergen und tanze zu Jazzmusik. Ferner denke ich gerne, spiele Klavier, lese Bücher und schreibe Geschichten auf dem Laptop. Mit Kindern und Jugendlichen etwas zu unternehmen, finde ich spannend und lehrreich.
Den Tod fürchte ich nicht, denn wenn mein Körper verbrannt ist, schmerzt er sicher nicht mehr und wenn mein Geist weiterlebt, ist er wahrscheinlich freier als jetzt.
Schwer krank zu werden, fürchte ich hingegen schon. Die Palliativ-Medizin kann einem heute allerdings viel erleichtern.
Mich stört, wenn Jugendliche mir «Schlämperlige» nachrufen oder mich anrempeln, weil sie damit bei ihren Kollegen Eindruck schinden wollen. Ich denke dann etwa, dass sie nicht wissen können, wie rasant auch ihr Leben vorüberziehen wird; oder sie ahnen es und fürchten sich davor, selbst alt zu sein. Dann verstehe ich ihr Verhalten besser.
Dir wünsche ich ein erfreuliches und sinnvolles Leben. Und gute Erlebnisse mit einem alten Menschen.
Jürg
Wie stellen sich SchülerInnen ihr Leben mit 70 Jahren vor? Lesen Sie hier alle Dialoge zwischen SchülerInnen und SeniorInnen. Zwei Klassen aus der Oberstufenschule Progymatte haben Texte geschrieben, die ältere UND AutorInnen beantworten.