
Bei der Sprachvermittlung zeigen sich etliche Schwierigkeiten, welche nicht so rasch überwunden werden können. Da ist einmal die unterschiedliche Grundbildung: Viele Flüchtlinge haben in ihren Ländern kaum je eine Schule von innen gesehen. Zwei, drei und vier Jahre Schulbildung sind eher die Regel als die Ausnahme. Viele – aber nicht alle! – können somit ihre eigene Sprache kaum lesen und noch weniger schreiben.
Diese schwache Vorbildung erschwert das Erlernen unseres Alphabetes mit seinen 26 Buchstaben, das zuerst mehr oder weniger lange eingeübt werden muss. Dazu kommen die unterschiedlichen Kulturen, die sich nicht immer optimal vertragen; Unterrichtende wie Lernende können vieles nicht verstehen. Frauen – mit und ohne Kopftuch – sitzen zusammen mit Männern im gleichen Schulzimmer; das empfinden etliche Männer als eine Zumutung. Wenn sie dann noch neben einer Frau sitzen müssen, welche dem Unterricht besser folgen kann, stimmt das Weltbild vieler dieser Neuankömmlinge überhaupt nicht mehr. Sie schlagen etwa vor, die Frauen sollten zu Frauen in den Unterricht gehen. «Das geht nicht – in der Schweiz sind alle gleich, alle haben die gleichen Rechte!», wird ihnen erklärt. Das können nicht alle begreifen – auch nach mehreren Jahren Aufenthalt in der Schweiz nicht. Ein jüngerer Afghane schlug seine Frau zuhause kurzerhand zusammen, weil sie sich ein paar Freiheiten herausnahm, die ihm nicht passten. Er wunderte sich dann über die für ihn seltsame Konsequenz – örtliche Trennung.
All diese Aspekte bedeuten für mich als Deutschlehrer, dass der Unterricht nur sehr harzig zu kleineren Erfolgen führt – aber immerhin, nach und nach radebrechen die meisten etwas. Auf Humor reagieren die Leute recht positiv, er scheint ihnen die Angst vor der unbekannten Kultur und Sprache zu nehmen. Auch würden sie gerne arbeiten, aber hier stellen sich weitere Hürden – schnell geht das nicht. Ich bin trotzdem motiviert, weil diese Leute nun einmal in unserem Land sind; etwas zu tun ist besser als nur zu kritisieren!
In der Schule treffen nebst verschiedenen Kulturen unterschiedliche Generationen aufeinander – von Kindern, welche mitgenommen werden, weil niemand zu ihnen schaut, über jüngere Einzelreisende bis zu Grosseltern. Konflikte gibt es keine, weil jüngere Menschen älteren respektvoll begegnen. Die SeniorInnen helfen den Jüngeren, wo sie können, betreuen ihre Kinder, kochen und geben gute Tipps. Diesbezüglich kann ich wie alle SchweizerInnen von diesen Kulturen – seien es afrikanische, orientalische oder asiatische – noch viel lernen!