
Liebe Therese, woher kommst du?
Ich wurde in Biel geboren. Da meine Mutter sehr knapp im Spital eintraf, war ich in kurzer Zeit auf der Welt. Seit da nannten mich alle das «Express-Theresli». Wir wohnten in der schönen Bieler Altstadt. Mich zieht es regelmässig zu diesem Ort hin und ich schwelge in Kindheitserinnerungen. Die Bieler Altstadt ist ein Begegnungsort mit Multikulti-Events wie dem «First Friday», Märkten, Künstlern und Musikern. Meine Familie lebte später auf einem Bauernhof. Wir mussten vor und nach der Schule im Stall helfen. Ich fand es immer spannend, wenn viele Gäste an unserem Küchentisch zusammensassen und wir sie bedienen durften.
Als ich 16 Jahre alt war, trennten sich meine Eltern. Ich kam damals ins Töchterheim in Belp und besuchte das Haushaltslehrjahr. Meine drei jüngeren Brüder wurden an verschiedenen Pflegeplätzen untergebracht. Dadurch verloren wir uns lange aus den Augen. Zu dieser Zeit lernte ich am Silvester-Tanz meinen heutigen Ehemann Waly kennen. Er schrieb mir regelmässig schöne Liebesbriefe. Später absolvierte ich im Inselspital Bern die Lehre als Diätköchin. Schon bald darauf kamen meine Tochter Fränzi und mein Sohn Reto auf die Welt. Im Sommer fuhren wir jeweils mit der ganzen Familie zum «Camping Enzo» an den Strand von Jesolo. Die Schweiz zu entdecken ist bis heute meine grosse Leidenschaft. Ich bereiste alleine mit meinem Drei-Gang-Velo fast die ganze Schweiz. Ich fuhr um vier Uhr morgens los, so dass ich die wunderschönen Sonnenaufgänge geniessen konnte. Ich fuhr bis zu 180 Kilometer, rund um den Genfersee, von Meiringen über den Brünig nach Luzern, von Airolo nach Biasca. Eine lustige Episode ist mir in Erinnerung geblieben: Als ich mit meinem Velo frühmorgens losfuhr, begegnete mir ein roter Lieferwagen, der mich regelmässig überholte. Ich fühlte mich verfolgt und bekam Angst. Als ich am Bahnhof anhielt, sah ich ihn wieder und musste lachen, denn es war der Kurier, der den «Sonntagsblick» verteilte.
Wo stehst du im Moment?
Da ich als Familienfrau tätig war, verwirklichte ich meinen Traumberuf als Sozialarbeiterin nicht. Doch meine soziale Ader behielt ich immer. Seit 57 Jahren wohnen wir in der gleichen Wohnsiedlung, wo ich bis heute als leidenschaftliche Abwartin tätig bin. Ich unterstütze und begleite meinen seit Kindheit gehbehinderten Mann in allen Belangen und bin jeden Tag für ihn da. Seit 36 Jahren bereise ich mittwochs mit unserer Wandergruppe die schönsten Plätze der Schweiz. Wir spielen Karten und geniessen die Drei-Seenfahrten. Seit über 60 Jahren treffe ich mich jeden Monat mit meiner ehemaligen neunten Klasse und seit über 50 Jahren am Dienstag mit Freunden zum Kafischwatz. Ich liebe kulturelle Anlässe wie Theater, Ausstellungen, volkstümlich Konzerte. Da ich früher immer singen wollte, verwirkliche ich diese Leidenschaft nun in einem Projektchor. Ich besuche Menschen in Pflegeheimen und geniesse immer wieder die wertvollen Gespräche. Ich freue mich stets auf die unterhaltsamen Unternehmungen mit meiner Familie und meinem Enkel Melvin.
Wohin gehst du?
Ich wünsche mir und für meine Lieben, dass wir lange gesund und fit bleiben und dass ich noch viele schöne Erlebnisse und Begegnungen geniessen kann. Einmal im Jahr ist das «Express-Theresli» unverplanbar, dann wenn die Fahrzeuge der Rally Dakar mit Vollgas durch die sandigen Dünen und wunderschönen Landschaften flitzen, bin ich zwei Wochen lang bis spätabends vor dem TV vorzufinden. Ein langjähriger Wunsch, mal live dabei zu sein, bleibt wohl für immer unerfüllt.

Therese, Du bist Mutter, Freundin und Kollegin, alles in einem. Mit unwahrscheinlicher Energie und Leidenschaft bist Du für andere da, würdest ans Ende der Welt reisen und Dein letztes Hemd geben. Danke, Therese, Du bist einfach ein toller, herzensguter Mensch!