«Ich wohne in Bern. Und es beschäftigt mich, wenn ich Bilder wie die hier vorgelegten antreffe: Orientierungskarten oder Hinweistafeln, die unleserlich geworden sind; umgeknickte Verkehrszeichen; zerschmetterte Scheiben an Bushäuschen. Nützliche Einrichtungen, die für uns alle da sind – gewiss manchmal Ge- oder Verbote tragend, doch auch das ist in einer Gemeinschaft nötig. Was geht da ab? Was kann man dagegen unternehmen, was wird getan? Zu diesen Fragen einen Spezialisten zu hören, hat mir das Tiefbauamt unserer Stadt ermöglicht.»

Patric Schädeli (49) leitet bei diesem Amt die grosse Abteilung «Betrieb und Unterhalt», die unter anderem für die Strassenreinigung, das Kanalnetz, die Signalisation und den Unterhalt von Infrastrukturanlagen zuständig ist. Ihr Grund-Auftrag lautet: Infrastruktur muss geschützt werden. Sie leidet ohnehin durch normalen Gebrauch – zusätzlich aber durch gezieltes «Kaputtmachen». Daher absolvieren Patric Schädelis Mitarbeitende ihre regelmässigen Touren durch die Stadt; im Schnitt kommen sie an jedem Objekt alle drei Monate vorbei. Allerdings gibt es Bereiche, die mehr Aufmerksamkeit erfordern: die Hauptachsen, nach dem Motto: «Wo stört es am meisten?» Oder «Hotspots» wie die Reitschule. «Problem-Haltestellen» der Verkehrsbetriebe. Werden irgendwo beleidigende, aggressive, rassistische Parolen angebracht, gilt es innert 24 Stunden zu reagieren. Übrigens: Wenn gehandelt, geputzt wird, wiederholen sich Sprayereien immerhin sichtlich weniger. Die Stadt ist Mitglied bei «Casablanca», der Organisation, die für saubere Fassaden sorgt.

Ist das alles wirklich schlimm?
Wenn sich gesellschaftliche Vorstellungen verschieben, Graffiti etwa nicht mehr als Vandalismus, sondern als Kunst gelten? Patric Schädeli erkennt zwei gegensätzliche Tendenzen: Einerseits erweist sich an der Möblierung öffentlicher Plätze, wie sie seit einigen Jahren läuft – Bänke und Tische, Spiele, Bücherschränke werden aufgestellt –, dass die Bevölkerung dies schätzt; die Einrichtungen überdauern erstaunlich gut. Andererseits zeigt sich bei Beschädigungen eine neue Qualität, ein gesteigertes Gewalt-Potential. So werden Glasscheiben durch Schüsse zerstört. Patric Schädeli nennt als Beispiel den Lift an der Monbijou-Brücke: Wird der von Sprayereien befreit, dauert es zwei Stunden, bis er wieder welche hat. Und bleibt ein Täter mal im Lift blockiert, kann man ihm doch nichts nachweisen.
Etwas dagegen tun?
Ja, wer und was steckt denn dahinter? Nur wenige Akteure werden erwischt. Die Stadt muss ihre Anzeigen gegen Unbekannt deponieren, weil sich sonst später juristisch nichts unternehmen liesse. Was vermuten wir also bei den Beschädigern? Auflehnung, Frustration? Einen «Ego-Trip», ausgelebt in einer «Pseudo-Community»? Auf jeden Fall: Verlorenen Respekt. Sollte man deswegen die Überwachung verstärken? Fraglich, auch angesichts der Politik unserer Stadtregierung. Kameras können, nebst Abschreckung, der Allgemeinheit ein gewisses Sicherheitsgefühl vermitteln. Es wäre gut, wenigstens während 24 Stunden Zugriff auf die Aufzeichnungen zu haben. Man hat’s freilich auch schon mit Kamera-Attrappen versucht – und die waren innert zwei Tagen zerstört. Bleiben wir indessen realistisch: Bern ist weder Berlin noch London. Punkto Vandalismus «sind wir deutlich hintendrein», meint Patric
Schädeli.