Schon seit Menschengedenken leben wir in Clan- und Familienverbünden zusammen. Noch zur Zeit meiner Eltern war es selbstverständlich, dass mehrere Generationen im gleichen Haus leben – oder zumindest in unmittelbarer Nähe, wie die Tradition des «Stöckli» neben dem Bauernhof zeigt. Nach wie vor gibt es Familien, bei denen von den Grosseltern bis hin zu Enkeln alle im gleichen Haus wohnen.
Eine Selbstverständlichkeit ist das aber heutzutage längst nicht mehr. Ausbildungsstelle, Studienplatz, Arbeit, Liebe, Entdeckerlust – alles Gründe, sein Zuhause an einen neuen Ort zu verlegen. Der Wunsch nach sozialer Einbindung aber bleibt.
Genau daran setzen Mehrgenerationen-Wohnprojekte an: Dort leben Einzelpersonen, Paare und Familien unterschiedlichen Alters neben- und gleichzeitig miteinander. Dieser bunte Mix an verschiedenen Lebensphasen und -erfahrungen macht es lebendig und schafft Diversität.
«… er ist quasi so etwas wie ein Leih-Opa für uns, weil beide Grosseltern weiter weg wohnen.»
Der grosse Unterschied zu anderen Miethäusern ist: Zusätzlich zum individuellen Wohnraum gibt es auch Gemeinschaftsräume, die Begegnung untereinander und Austausch ermöglichen. Man trifft sich im Siedlungslokal oder im Gemeinschaftscafé, in den Musik-, Kreativ- oder Sporträumen oder im Garten zur gemeinsamen Nutzung.
Nachbarschaftshilfe konkret
Wer sich untereinander kennt, der unterstützt sich auch immer mal wieder. So hüten wir beispielsweise die Katzen unserer Nachbarn, wenn sie am Wochenende weg sind, oder giessen die Pflanzen der anderen während deren Urlaub. Andererseits wurde unsere Tochter auch schon mal von unserem 80-jährigen Nachbarn aufgenommen und spontan betreut, als sie bei uns vor verschlossener Tür stand; er ist quasi so etwas wie ein Leih-Opa für uns, weil beide Grosseltern weiter weg wohnen.
Die Lounge auf unserem Balkon haben wir von unserer Nachbarin bekommen – wir haben damit eine gemütliche Sitzgelegenheit, und sie hat sich die Kosten für die Entsorgung gespart. Und mit den anderen Eltern in der Siedlung sprechen wir uns wegen Mittagstisch und Betreuung ab – damit jeder mal eine Ruhezeit für sich in Anspruch nehmen kann. So sieht Nachbarschaftshilfe ganz konkret aus!
Ich jedenfalls möchte ein derartiges Zusammenleben nicht mehr missen. Nur, dass ich eben gern mit meiner Familie in Thun wohnen möchte. Und dort ist ein Mehrgenerationen-Wohnen – noch – nicht in dieser Art realisiert. Gemeinsam mit anderen Engagierten setze ich mich aber bei der neu gegründeten Wohnbaugenossenschaft Zukunft Wohnen dafür ein.
Wie das Miteinander gelingt
Zwei wichtige Voraussetzungen, damit das Miteinander gelingt, gibt es: Zum einen ist es relevant, dass die BewohnerInnen Gemeinschaft möchten und an Austausch, Begegnung und Miteinander interessiert sind. Zum anderen müssen auch die baulichen Rahmenbedingungen gegeben sein, damit den unterschiedlichen Bedürfnissen der jeweiligen Lebensphase Rechnung getragen werden kann: Neben gemeinschaftlich genutzten Räumen und Flächen, die spontane Begegnungen ermöglichen, braucht es Platz für unterschiedliche Wohnformen – flexible, kostengünstige Wohnflächen für junge Leute, Wohngemeinschaften, Wohnungen unterschiedlicher Grösse sowie neuartige Wohnformen wie Cluster-Wohnen, bei denen sich kleinere individuelle Wohneinheiten um einen grosszügigen Gemeinschaftsraum gruppieren.
Darum ist es leichter, ein derartiges Projekt von Grund auf neu zu planen und zu realisieren, wie es bei Neubebauungen und Umzonungen der Fall ist. Für ein Mehrgenerationen-Wohnen spricht also einiges: vom Nutzen eines vertrauensvollen Nachbarschaftsnetzwerks mal ganz abgesehen, profitieren alle BewohnerInnen durch die gemeinsame Nutzung von Räumen.
Auch Teilen und Tauschen von Sachen wie Werkzeugen oder von Fähigkeiten und Know-How wird durch den Nachbarschaftskontakt erleichtert. So ergibt es sich von selbst, dass sich Nachbarn technisch oder anders unterstützen, Botengänge füreinander erledigen, die Kinderbetreuung zusammen organisieren oder auch einfach Zeit miteinander verbringen bei gemeinschaftlichen Aktivitäten und Festen.
Ältere Menschen können damit beispielsweise länger in ihrem eigenen Zuhause leben, weil sie durch ihr Umfeld unterstützt werden und eingebunden sind. Und jüngere Menschen schätzen das lebendige und vielfältige Umfeld einer solchen Siedlung.
Diese Vision leitet uns auch bei «Zukunft Wohnen»: Miteinander aktiv zusammenleben, voneinander lernen und füreinander da sein! Wir möchten eine Siedlung gestalten, die die individuelle Entfaltung und den gegenseitigen Respekt fördert. So können wir gemeinsam Brücken bauen zwischen Generationen und verschiedenen Lebenswelten und eine Plattform schaffen für den Dialog von Jung und Alt, für persönlichen Austausch, gegenseitige Unterstützung und ein lebendiges Miteinander.
Gemeinsames Wohnen
Die Wohnbaugenossenschaft «Zukunft Wohnen» möchte ein Mehrgenerationen-Projekt auf dem Freistatt-Areal im Thuner Westquartier realisieren, in Kooperation mit oder neben der Freistatt Genossenschaft. Nachhaltigkeit, Raum für Gemeinsamkeit und Individualität sind nicht nur Stichworte. Das wollen wir leben. Jetzt müsste nur noch die Fläche von der Stadt dafür freigesprochen werden.
Auch du stellst dir deine Zukunft in einer bunt gemischten Gemeinschaft vor. Soziale, ökologische und ökonomische Grundsätze sind dir wichtig. Du willst dich einbringen und ein lebendiges Quartier mitgestalten. Bei uns bist du richtig!
Die Autorin Vera Aebi möchte in Thun die Vision von einem Mehrgenerationen-Wohnen Realität werden lassen. Darum engagiert sie sich bei der Wohnbaugenossenschaft «Zukunft Wohnen».
Kontakt:
www.zukunftwohnen.ch
info@zukunftwohnen.ch
033 221 50 27