
Diese Szenen stammen aus meinem Lieblingsfilm ≪Everest≫. Ich konnte nicht begreifen, wieso ein Mensch sein Leben riskiert, um diesen Berg zu besteigen. Er muss etwas Besonderes an sich haben, das die Menschen anzieht. Ich wollte versuchen zu verstehen, was es ist.
Nein, ich denke nicht im Traum daran, den Everest zu erklimmen. Mein Ziel ist das Basecamp dieses Giganten.
Los geht es mit der Planung und der Suche nach einem Reiseveranstalter. Ich vergleiche Routen, Reisedauer und Kosten, bis ich mich schliesslich, nicht wie im Film für Nepal, sondern für den Zugang von der tibetischen Seite entscheide.
Dem Everest entgegen
Im Oktober dieses Jahres ist es soweit. In Peking treffe ich meine Reisegruppe. Mit dem Zug fahren wir über 40 Stunden quer durch China, bis wir in Lhasa, der Hauptstadt des autonomen Gebiets Tibet, auf 3’600 m ü. M. eintreffen. In den nächsten Tagen geht es immer weiter in die Höhe.


– Bild: Fiona Schenk

– Bild: Fiona Schenk
Am zehnten Tag unserer Reise kommen wir im Rongbuk-Kloster auf 4’980 m. ü. M. an. Es befindet sich auf dem Weg zum Basecamp. Das dazugehörige Gästehaus wird heute Nacht unser Schlafplatz sein.
Der Blick auf den Everest, oder den Qomolangma, wie ihn die Tibeter nennen, ist atemberaubend. Der Sonnenuntergang ist trotz der Wolken wunderschön.

– Bild: Fiona Schenk
Danach wird es sehr schnell kalt. Darum ziehen wir uns in die Wärme des Restaurants im Gästehaus zurück.
Die Zimmer sind nicht beheizt und beim Benützen der Stehtoilette bläst einem von unten ein eisiger Wind um den Po. Die Toilette besteht nämlich aus einem Loch im Boden des Hauses und man sieht– wenn man hinsehen will– ein paar Meter unter sich das Geröll.
In der klirrend kalten Morgenluft marschieren wir um 7:45 Uhr los in Richtung des Basecamps. Der Wind pfeift uns um die Ohren und eingemummt in meine zehn Oberteile, tapse ich hinter unserem Guide namens Tenzin her. ≪Das Basecamp ist für die Touristen verlegt worden. Wegen der vielen Leichen.≫, erklärt er. So genau wollte ich es nicht wissen.
Dann sind wir da. Wir haben Glück, der Everest zeigt sich heute in voller Pracht. Während um mich herum die Kameras klicken, fixieren meine Augen den 8848 Meter hohen Koloss. Ich versuche zu begreifen, dass ich wirklich hier stehe, und kann nicht mehr aufhören zu lächeln. Wir machen Fotos, bestaunen die Kletterrouten, suchen die Stelle, wo einst der Hillary Step, eine steile Felsstufe, stand, und dann müssen wir wieder Abschied nehmen.
Beim Zurückmarschieren drehe ich mich mehrmals um, um ganz sicher zu sein, dass es wirklich der Everest war. Immer noch lächelnd stelle ich beim letzten Blick fest, dass ich die Faszination der Alpinisten für den Mount Everest nun verstehe.

– Bild: Fiona Schenk