Das sind nur einige der tausend Fragen, die mir während meines zweiten stationären Klinikaufenthalts ständig durch den Kopf schossen. Seither sind ein paar Monate vergangen, und von meiner Suizidalität, dem verzweifelten Wunsch, meinem nicht mehr aushaltbaren Leben endlich ein Ende zu setzen, ist kein Funke mehr übrig.
Oder vielleicht doch?
Schwierig zu definieren, wenn man lediglich den Jetzt-Zustand betrachtet. Denn jetzt gerade, im Moment, in dem ich diesen Text verfasse, fühle ich mich sehr gut. Keinerlei Anzeichen von depressiven Verstimmungen. Aber das war nach meinem ersten Klinikaufenthalt auch so. Für ein paar darauffolgende Monate durfte ich eine Lebenslust erfahren, die mir zuvor fremd war. Alles schien besser zu werden.
Und dann?
Doch nicht.
Egal.
Eigentlich ist es mir egal, ob ich Fortschritte mache oder nicht.
Eigentlich ist es mir egal, wie es mir geht.
Eigentlich ist mir alles egal. Wirklich alles.
Eigentlich ist mir das alles doch zu anstrengend.
Eigentlich ginge es mir am besten, wenn ich einfach nicht mehr hier wäre.
Eigentlich will ich einfach nur sterben und nie wieder dieses erdrückende Gefühl von «Leben» spüren müssen.
Sterben ist die beste Lösung für mich.
Ich will sterben.
So schnell kann es kippen.
Zweiter Klinikaufenthalt. Langsam geht es wieder besser. Jetzt, ein paar Monate später, sogar sehr gut. Ich fühle mich stabiler denn je, habe einen Job angefangen, der mich erfüllt, pflege aktiv meine Hobbys und meine zwischenmenschlichen Beziehungen erlebe ich endlich wieder als leicht und natürlich. Es bereitet mir wieder Freude, mit anderen Menschen Zeit zu verbringen. Auch emotional hat sich bei mir eine Ruhe, eine Ausgeglichenheit eingependelt, die mich glauben lässt, dass das Schlimmste hinter mir liegt.
Doch was ist es, das mich gerade davon überzeugt, dass dieses Mal alles anders wird? Dass ich dieses Mal nicht wieder abstürzen werde und mein ganzes Leben über Bord werfen will? Ist es der Fakt, dass ich jetzt psychisch gesund bin? Oder habe ich einfach einen Weg gefunden, mit meiner Erkrankung zurechtzukommen?
Vielleicht beides. Vielleicht ist es nur eine gute Phase, die irgendwann wieder vorbeigeht. Und vielleicht ist es genau das, was das Leben für mich mittlerweile lebenswert macht. Die Tiefs, die mich formen und zu dem machen, der ich heute bin. Die Tiefs, ohne die sich ein Hoch nicht wie eines anfühlen würde. Die Tiefs, ohne die ich nicht meine Grenzen erfahren hätte. Die Tiefs, die mir meine eindrücklichsten und bedeutendsten Erfahrungen ermöglichten. Die Tiefs, die allem einen Wert schenken.
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Beim letzten Generationenforum «Am Anschlag – reden wir darüber» haben wir gemeinsam mit Psychologen und Betroffenen diskutiert und uns wichtige Fragen im Bezug auf den Umgang mit der Thematik gestellt. Die Diskussionsrunde gibt es als Podcast zum Anschauen- und Hören.
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