Elf SchülerInnen der 8. Klasse der Oberstufe Hünibach meldeten sich, um zwei Tage lang hinter die Kulissen eines Hotels und Restaurants zu schauen. Dieses Projekt findet nicht zum ersten Mal statt, es wurde schon einmal im Parkhotel Oberhofen durchgeführt. Doch dieses Jahr stellte sich das Hotel-Restaurant Schönbühl in Hilterfingen für das Experiment zur Verfügung und hat extra zwei Tage ausgesucht, an denen nicht so viel los ist. Dieser exklusive Einblick in das Gastrogewerbe wird allen lange in Erinnerung bleiben.
Was durftet ihr heute machen?
Larissa, Rezeption: Ich habe das Mittagsmenu, die Menu-Karte für das Apéro heute Abend und das Menu für eine Konfirmation geschrieben. Danach habe ich Flyer gefaltet und mit Prospekten gefüllt und die Willkommenstafel, die vor dem Hotel steht, beschriftet. Zum Schluss habe ich geholfen, wo ich gebraucht wurde.
Lena, Küche: Am Morgen haben wir das Tagesmenu vorbereitet. Dabei durfte ich das Poulet zubereiten; ich habe das Fleisch gesäubert, die Haut weggenommen und es in Bärlauchknusper paniert. Danach haben wir das Mittagessen für die anderen SchülerInnen und MitarbeiterInnen zubereitet. Nach unserem Mittagessen um 11.00 Uhr wurde der Betrieb in der Küche stressig, weil die Gäste kamen.
Til, Service: Wir durften Bestellungen aufnehmen, die Gäste begrüssen, servieren und immer wieder fragen, ob alles gut ist und ob das Essen schmeckt. Wir gingen die Gäste fragen, ob sie noch etwas möchten, und am Ende konnten wir dann einkassieren.
Jil, Housekeeping: Nachdem wir gelernt hatten, wie ein Zimmer richtig geputzt wird, haben wir auf jedem Balkon eine Kerze mit Zündhölzchen verteilt. Danach legten wir Tücher zusammen, die wir aber alle falsch falteten, sodass alles noch einmal gemacht werden musste (lacht).
Draussen putzten wir die Tische und halfen beim Vorbereiten für das Apéro. Weil wir am Nachmittag nichts mehr zu tun hatten, halfen wir noch in der Küche.
Was macht euch am meisten Spass?
Til, Service: Die Gäste zu bedienen. Und wenn ich an den Tischen vorbeigehe, zu schauen, ob die Leute noch etwas brauchen. Zum Beispiel wenn jemand keine Getränke mehr hat, die Dessertkarte wünscht oder wenn jemand zahlen möchte.
Loris: Ja, genau. Auch mit den Leuten zu sprechen. Ich schaue zudem immer, ob ich leere Teller abräumen kann. Ich finde es auch richtig interessant, dass manche Gäste nicht wissen, dass wir eigentlich nicht angestellt sind, aber trotzdem so arbeiten, wie wenn wir Lehrlinge wären.
Was sind euch heute schon für Missgeschicke passiert?
Til: Ich habe heute schon ein Bier über dem Gemeindepräsidenten ausgeschüttet und ein wenig Weisswein auch.
Loris: Ich habe mich mit einem älteren Ehepaar nicht so gut verstanden, denn sie waren ein wenig unzufrieden.
Wirst du das Hotelzimmer künftig anders verlassen als vorher, jetzt wo du weisst, wie viel es zu putzen gibt?
Jil, Housekeeping: Das habe ich mir noch nicht überlegt. Heute hat ein Gast leere Shampoo-Flaschen liegen gelassen; so etwas würde ich sowieso automatisch in den Abfall werfen. Hinterlassen tue ich nie einen Saustall, auch Unterwäsche würde ich nie herumliegen lassen. Aber meine Mutter schaut schon auch, dass das Zimmer einigermassen gut aussieht.
Brauchten Sie Mut, um dieses Projekt zu starten?
Stefan Joos, Gastgeber: Nein, Mut eigentlich nicht. Mehr die Überwindung etwas anzureissen, was für uns doch auch einen Mehraufwand bedeutet. Es macht natürlich Spass mit den SchülerInnen zusammen, aber das Projekt ist für uns als Betrieb im normalen Tagesablauf ein Zusatzaufwand und für so etwas brauchten wir eine gewisse Überwindung, um zu sagen: Ja, komm, wir machen das jetzt, wir versuchen es. Weil es aber eigentlich im Parkhotel Oberhofen geplant war und wir das immer ein cooles Projekt gefunden hatten, war es für uns eigentlich klar, den Anlass zu übernehmen und den SchülerInnen aus dem Dorf die Möglichkeit zu bieten.
Wie haben die Gäste auf die SchülerInnen reagiert?
Sehr gut. Wir haben draussen an der Tafel angeschrieben, dass die 8.-KlässlerInnen hier bedienen, und die, die es nicht wussten, waren sehr positiv überrascht. Auch als wir das Trinkgeld vom Mittag anschauten, hatte es mehr gegeben als sonst (lacht).
Kann man die SchülerInnen mit Lehrlingen vergleichen?
Rebecca Pigoni, Küchenchefin: Durchaus. Wenn ein Kochlehrling anfängt, weiss er eigentlich auch noch nichts. Man muss ihnen alles beibringen: wo was ist, welches Werkzeug wozu dient, das ist ganz normal. Sie sind sozusagen eine leere CD und auf dem baut man auf. Wenn wir diese SchülerInnen jetzt zwei Wochen hier lassen würden, könnten die eigentlich selbständig Salate machen.
Was ist euer Fazit?
Benjamin, Service: Das Projekt hat mir gefallen, weil ich hinter die Kulissen eines Restaurants sehen konnte und ich viele Dinge tun durfte, wie einkassieren, servieren oder das Tablett bereitmachen.
Stefan Joos: Wenn Rolf Gehriger (Schulleiter) und meine Nachfolgerin auch wieder einverstanden sind, werden sie schauen, dass die nächsten 8.-KlässlerInnen auch so etwas machen können. Von unserer Seite her würden wir wahrscheinlich sagen, dass wir pro SchülerIn nur noch einen Tag machen, dazu in kleineren Gruppen, damit der Einblick auch etwas spannender bleibt, dafür das Ganze an zwei Tagen. Das ist für uns auch etwas einfacher und ich glaube, die meisten sind heute auch ein bisschen müde.
Rebecca Pigoni: Ich finde die Tatsache interessant, dass sich viele Schülerinnen für die Küche gemeldet haben, obwohl sie sich mehr für das Gesundheitswesen interessieren.
Herr Joos, haben sie einen Tipp, wie man am besten in die Hotelberufe einsteigt?
Stefan Joos: Ich empfehle, auf der Lehrstellenbörse «LENA» zu schauen, was für Stellen ausgeschrieben sind, und sich dort auch ganz unverbindlich für das Schnuppern zu melden. Oder man kann in der Region, wenn man in der Nähe die Lehre machen möchte, sich spontan bewerben, auch wenn keine Lehrstelle ausgeschrieben ist. Denn ich meine, mehr als abgewiesen werden kann man nicht. Und wenn ein Betrieb keine Lehrstelle frei hat, ist das auch nicht böse gemeint, dann ist das einfach so.
Wenn ihr als SchülerIn aber für eine Schnupperlehre aufgenommen werdet, solltet ihr viel aufsaugen. Ausserdem nie nur einmal schnuppern, auch wenn ihr die Lehrstelle bekommt! Ich empfehle auch, in einem anderen Betrieb, je nachdem in einem grösseren oder kleineren, auch noch schnuppern zu gehen. So seht ihr alles und merkt, was besser für euch stimmt.
Eindrücke einer Begleiterin
Erika Mira Gerber (75)
Darleen Pfister fragte mich bei einer Sitzung, ob ich das Projekt «Übernahme» ihrer Schulklasse im Hotel Schönbühl begleiten und meine Erfahrungen aufschreiben würde. Ich sagte ihr freudig zu.
Was mir sofort auffiel, war eine wohlwollende, freudige und respektvolle Energie in diesem Haus und zwar von zuunterst bis zuoberst, ebenso eine natürliche Zuvorkommenheit und Hilfsbereitschaft.
Vor allem war ich total neugierig, wie ein Hotel solch einen Einsatz managen würde. Denn es bedeutet viel Mehrarbeit fürs Personal, mit SchülerInnen zu arbeiten, die noch niemals zuvor in einen solchen Berufs-Alltag einbezogen waren.
Die SchülerInnen wurden um 8.30 Uhr von Stefan Joos, Geschäftsführer, seiner Stellvertreterin Frau Köppe und der Küchenchefin Rebecca Pigoni im grossen Seminarraum empfangen. Herr Joos erklärte das weitere Vorgehen und teilte danach alle SchülerInnen den Departements zu. Sie konnten Wünsche anbringen, wo sie gerne eingesetzt würden. Anschliessend gab es einen Rundgang durch das ganze Haus, was sehr interessant war. Ich wäre ja nie zu so einem Genuss gekommen ohne diese Klasse, ohne dieses Projekt.
Die Atmosphäre des Hauses ist offen, viel Wärme ausstrahlend und man hat eine zauberhafte Sicht auf See und Berge, mit Schatten spendenden Bäumen und einem schönen Rosengarten.
Uns wurde auch der kleine Spycher unterhalb des Hotels gezeigt. Dort haben 30 Personen Platz für Fondue oder Raclette. Alles aus Holz, sehr gemütlich. In diesem Spycher befindet sich noch ein Lager mit selbst Eingemachtem wie Konfi, Obst, Salzigem, Sirup. Mein Herz jubelte bei diesem Anblick. Vor dem Spycher befindet sich ein ansehnlicher Kräutergarten, wo die frischen Kräuter für die Küche geholt werden. Des Weiteren gibt es unter dem schönen Riegelhaus einen kleinen Weinberg. Zum Abschluss zeigte uns Herr Joos voller Stolz noch seinen wertvollen Weinkeller.
Danach ging’s an die Arbeit. Der Geschäftsführer übernahm das Grüppli für den Service. Frühstück abräumen und alles putzen, Servietten falten und Mittagstische bereit zu machen.
In der Küche wurde sofort begonnen, das Mittagessen vorzubereiten. Im Housekeeping wurde den Mädchen gezeigt, was bei Abreise der Gäste gemacht werden muss. Ich konnte feststellen, dass das ganze Haus gut auf diese herausfordernde Arbeit vorbereitet war. Und ich merkte, wie die SchülerInnen nach dem Mittagessen viel entspannter waren. Die Arbeiten im Hotel gefielen ihnen. Ich beobachtete die drei Jungs im Service. Sie machten das sehr gut.
Dann gings fürs Housekeeping los, draussen alles fürs Apéro riche vorzubereiten, zu welchem die Eltern eingeladen waren. Tische und Stühle wurden umgestellt, Sonnenschirme aufgestellt, Tischtücher auf die Tische gelegt, Gläser, Geschirr und Besteck darauf angeordnet. Auch das ging relativ schnell vor sich und das Wetter spielte ebenfalls mit. Hier tauten auch die Mädchen so richtig auf, weil sie mithelfen konnten.
Ich bin beeindruckt, wie reibungslos das Ganze vor sich ging. Die Zuständigen des Betriebs strahlten Freude, Ruhe und Sicherheit aus, dass sichtbar wurde, wie die SchülerInnen nach und nach eine gewisse Scheu verloren, offener wurden und Fragen stellten, nachdem sie anfänglich schüchtern und zurückhaltend waren. Ein wohltuendes, unterstützendes Klima.