
Linda Zwahlen (49) empfängt uns im egge 9, dem Gastrobetrieb des Generationenhauses Schwarzenburg. Wir sind die einzigen Gäste. Das Restaurant ist geschlossen wegen Corona. Nur das Catering funktioniert und deshalb werden in der Küche Sandwiches vorbereitet. Im November und Dezember fanden hier Anlässe statt, die allesamt sehr gut besucht waren und zu vielen Begegnungen führten. Passend zur Fotoausstellung «Weisch no?» wurden Geschichten von früher erzählt. An einem Workshop kreierten die Teilnehmenden Tonsterne. Der Samichlaus kam vorbei. Am 30. Dezember organisierten Jugendliche ein Live-Konzert, das ein voller Erfolg war. Etwa 300 Leute jeden Alters hörten begeistert zu. An Silvester wurde gefeiert.

Wir befinden uns im Wohnzimmer der ehemaligen Tierarztvilla, die unter Denkmalschutz steht und deshalb behutsam umgebaut wurde. Zahlreiche liebevoll ausgestaltete Details sind zu entdecken, zum Beispiel ein wunderschöner Mosaikboden im Eingangsbereich. Die heimeligen Gastzimmer sind einfach möbliert. Beim Inventar wurde gespart; es sind Occasionen.
Von der Terrasse aus führt eine Treppe in den Vorgarten, der zum Restaurant gehört.
Zufrieden blickt Linda Zwahlen auf drei intensive Jahre zurück. Als die Villa im Jahr 2017 zum Verkauf stand, tauchte die Vision eines Generationenhauses auf. Es sollte das Erste seiner Art im ländlichen Raum sein. Die Mitglieder des heutigen Verwaltungsrats setzten sich zusammen und sammelten Ideen, von denen heute fast alle realisiert sind. In den Jahren 2020/2021 wurde umgebaut und ein Zwischentrakt sowie ein Anbau erstellt. Anfang Mai 2021 zogen zwei Gesundheitspraxen ein. Nach und nach belebte sich das Haus. Eigentlich ging alles sehr schnell. Das brachte alle Verantwortlichen hin und wieder an ihre Grenzen.
Linda Zwahlen bildet zusammen mit Urs Rohrbach das Co-Präsidium des Vereins Generationenhaus. Der Verwaltungsrat umfasst sieben Mitglieder verschiedener Ausrichtung und politischer Prägung und ist generationendurchmischt. Der Verein ist politisch und konfessionell neutral.

Auf der Führung durch das altehrwürdige Haus bewundern wir das wunderschöne Treppengeländer. Im Raum, der für das Co-Working vorgesehen ist, erinnert die Originalapotheke des Tierarztes an seine vormalige Tätigkeit. Daneben befinden sich der Personalraum und das Büro der Kita. Die alte Küche wurde hier eingebaut, als Lehrlingsprojekt. Sie wird von der Jugendarbeit und von zwei Bewohnerinnen benutzt, die je ein Zimmer im obersten Stockwerk gemietet haben.
Der Haupteingang befindet sich im Trakt zwischen der Villa und dem Neubau. Hier werden zum Beispiel die Mahlzeiten für die Kita angeliefert.

Die Kita grasburg wird betrieben vom Schweizerischen gemeinnützigen Frauenverein Bern. Wir dürfen einen Blick in die Nebenräume werfen: Schlafplätze, gedeckte Tischchen und ein Kreativraum. Auf den Wickeltisch können die Kinder über ein Treppchen selber hochsteigen.
Im Neubau ist die Jugendfachstelle der Region Gantrisch untergebracht. Im Büro wird gearbeitet. Der Jugendraum, mit Polstergruppe und Töggelikasten, wurde von den Jugendlichen selber gestaltet. Sie kommen gerne hierher. Die Jugendarbeit führte letzthin ihr Treffen im Garten durch, damit alle Interessierten trotz Corona teilnehmen konnten.

Im ersten Stock befinden sich Gesundheitspraxen und im zweiten Stock ein Beratungsraum für Einzelgespräche der Mütter- und Väterberatung sowie des Altersnetzwerks der Region Gantrisch und weiteren Nutzern.
Ein grosser Sitzungsraum für Seminare, Versammlungen oder Yoga liegt gleich daneben.

Frau Zwahlen, wie haben Sie das finanziell gestemmt?
Das Ganze war von Beginn an eine Herausforderung. Glücklicherweise war der Goodwill der Bevölkerung enorm und die Spenden flossen reichlich. Auch Stiftungen und Banken waren spendabel. Aber wie so oft bei solchen Unterfangen wurde alles teurer als vorgesehen. Kostenpunkt: über vier Millionen Franken. Im Moment müssen noch irgendwie 200 000 Franken aufgetrieben werden. Die Gemeinde hat ein Darlehen von 80 000 Franken gewährt. Schwarzenburg ist halt nicht eine grosse Stadt wie Bern. Da heisst es vorsichtig kalkulieren. Wir sind angewiesen auf die Mitarbeit von Freiwilligen. Auch der Verwaltungsrat bezieht keinen Lohn.
Gab und gibt es auch Stolpersteine?
Ja. Leider stellt die Gemeinde keine öffentlichen Parkplätze zur Verfügung. Deshalb mussten wir Bäume fällen lassen. Das Bauprojekt verzögerte sich und so waren wir immer wieder konfrontiert mit dem Anpassen der Terminpläne. Bedingt durch die Coronakrise konnten wir zum Beispiel nur im kleinen Rahmen Veranstaltungen durchführen. Weiter konnten wir wegen der Pandemie weniger Gäste im kleinen Gastrobetrieb egge 9 bewirten, und zudem konnte das Co-Working nicht wie geplant hochgefahren werden. Alles Dinge, die wir jetzt Schritt um Schritt angehen können.
Wie gestaltet sich die nächste Zukunft?
Ich war Geschäftsleiterin für den Betriebsaufbau bis Ende Dezember. Nun wird die Organisation neu aufgegleist. Für den egge 9 sind zwei Frauen als Betriebsleiterinnen verantwortlich. Neben dem Gastrobetrieb beliefert die Küche eine grosse Firma mit Backwaren, Sandwiches und frischen Menüs und betreibt ein Catering. Wir beschäftigen auch Menschen mit Beeinträchtigung. Wir hoffen auf viele Gäste, sobald wir wieder öffnen können.
Im Garten steht noch viel Arbeit an. Zudem ist neben der Kita ein Stall mit Kleintieren wie Hühnern und Hasen geplant.
Ab Frühling sind wieder Anlässe für Freizeit, Bildung und Kultur vorgesehen. Nun bildet sich eine Gruppe, die ein Jahresprogramm zusammenstellt. Die Volkshochschule sowie andere Vereine und Partner bieten ein umfassendes Programm an, unter anderem auch im Zeichen der Generationenverbindung. Konzerte, Lesungen und Theateraufführungen sollen stattfinden, damit sich die Leute hier treffen können.
Zusammen mit der Kita bieten wir die «Ferieninseln» an, ein Betreuungsangebot auch für Schulkinder. Sie sollen der ganzen Region dienen.
Finden Begegnungen der Generationen statt?
Darüber sollten wir vielleicht in einem Jahr sprechen.
Wir haben mit allen Organisationen wie der Kita, der Jugendarbeit und Altersberatung eine Vereinbarung getroffen, dass sie den Austausch mit den anderen Altersgruppen suchen und pflegen. Der Wille ist da.