
Ein paar Kernsätze aus der Diskussion, pendelnd zwischen Sorge und Kampflust, von Sarah Neuhaus (Jungfrau-Zeitung), Guy Krneta (Schriftsteller, Verteidiger der alternativen Presse in Basel) und Olaf Kunz (Mitgründer von «Watson»; Verband «Medien mit Zukunft»):
Olaf Kunz: Die Ausgangslage: «Journalismus ist kein Business-Modell mehr.» Das heisst: Es ist kein Geld mehr damit zu machen.
Olaf Kunz: Die Jungen verlangen: «Die Information muss zu mir kommen.» Zum Beispiel auf Whatsapp.
Sarah Neuhaus: So läuft’s heute: «Alles kommt zuerst online.»
Olaf Kunz: Doch fragt sich: «Warum gehen alle auf Facebook?» Selbst die etablierten Medien. Was wäre erwünscht?
Guy Krneta: «Eine Zeitung ist ein öffentlicher Platz.»
Olaf Kunz: «ein Debatte-Portal.»
Guy Krneta: Denn sie sind überzeugt: «Zeitungen braucht es, nicht nur Fernsehen und Radio.»
Bei UND sind wir auf Abos und Spenden angewiesen. Uns betrifft das Thema der Finanzierung natürlich auch, wenn auch im kleineren Rahmen, da unsere Vereinsmitglieder Freiwilligen Arbeit leisten. Wie geht es wohl weiter mit uns? Das Thema Medien war auch schon Schwerpunktthema bei uns. Doch aktuell ist es für uns immer noch, und so haben sich Tabea und Heinz nach der Literaare zusammengetan und sich zu vier Fragen geäussert:
Welche Medien nutze ich?
Heinz Gfeller: Ich stehe dazu: Ich bin ein verbohrter Traditionalist. Ich halte mir eine Tageszeitung; ich höre Informations- und Diskussions-Sendungen von unserem nationalen Radio; den Fernseher schalte ich regelmässig ein, allerdings oft für Spielfilme oder Fussball. Immer öfter frage ich mich: Was brauche ich wirklich zu wissen? Da stösst mir die Flut der Meldungen auf, der Probleme auch, mit denen ich mich anscheinend abgeben soll. Ich stelle fest, dass ich zur schwierigen Situation eines Kleinstaats in Zentralasien nichts beizutragen habe; muss oder darf sie mir nicht gleichgültig sein?

Tabea Arnold: Gerne schaue ich mir die Seite von Google News an, wo ich meine Interessen angeben kann, worauf mir ausführliche und aktuelle Beiträge aus verschiedenen Nachrichtenquellen aus aller Welt zusammengetragen werden. Auf dem Handy habe ich vorwiegend die SRF App, wo ich mich im Zug kurz informieren kann. Auf Facebook sehe ich viele Artikel vom «Bund» und schaue mir auch gerne Videos an, welche komplexe Sachverhalte erklären, zum Beispiel Videos über die nächste Abstimmung oder was passiert, wenn ich jeden Tag gestresst bin.
In Papierform lese ich vor allem den Bund, DAS MAGAZIN, Gesundheitstipp, das Magazin «die umwelt», und natürlich UND Generationentandem.
Was braucht es unbedingt?
Heinz Gfeller: So, wie wir heute organisiert sind, braucht es die verschiedenen Kanäle – also auch die modernen elektronischen. Denn Informationen müssen mal ankommen, und zwar nicht bloss die, welche ich mir gewünscht habe.
Wir benötigen Aufschlüsse, Erklärungen, Beleuchtungen, vor allem zu den Fragen unserer hiesigen Gesellschaft, unserer Politik. Da es dabei immer wieder um Meinungen geht, sollten die Quellen uns erkennen lassen, wer oder was hinter den Meinungen steht. Wir brauchen kompetente und neutrale Medien; da scheint es mir günstig, wenn die nicht staatlich, aber vom Staat beauftragt sind. Daneben sollte eine Vielfalt bestehen, denn eine einzelne Meinung kann ja nicht allein selig machen.
In unserer Unterhaltungs-Gesellschaft werden Medien unfehlbar den Stoff dazu liefern; nötig jedoch sind die seriösen. Die Vermischung von Unterhaltung und Information kommt mir suspekt vor. In einem Land, in dem ständig abgestimmt wird, sind wir auf gründliche und redliche Kommentare angewiesen.
Tabea Arnold: Eine Medienplattform sollte eine klare und einfache Darstellung haben, damit ich schnell zu den Themen kommen kann, die mich ansprechen. Ein vielfältiges Angebot an Reportagen, Portraits und Essays darf nicht fehlen. Ein absolutes Muss für mich: Tagesgeschehen und fundiertes Wissen vermittelt bekommen. Für mich ist der Investigative Journalismus sehr wichtig. Doch Humor darf auch nicht fehlen. Und kommende Veranstaltungen, denn so landete ich auch schon mal auf einer Fledermausexkursion.

Was bin ich bereit, dafür zu geben? Wie kann sichergestellt werden, dass ich bekomme, was ich haben möchte?
Heinz Gfeller: Bin ich bereit, etwas für die Erhaltung «meiner» Medien zu geben? Ja, und das scheint mir im Zeitalter der Gratis-Angebote entscheidend. Meines Erachtens hat sich seinerzeit die Presse mit den Gratiszeitungen sehr geschadet – abgesehen von deren oft kläglichem Niveau und dem nicht entsorgten Abfall. Journalistische Leistungen gehören belohnt. Zum Glück ist die No-Billag-Initiative abgelehnt worden; nun sollten bei unsern öffentlichen Medien nicht grössere Schnitte erfolgen – bei Unterhaltungsformaten vielleicht, nicht bei den – seriösen.
Tabea Arnold: Ich bin bereit, dazu Werbung anzuschauen und einen gewissen Abo-Preis für Magazine und Printmedien zu zahlen, jedoch sollte es für die Zukunft geeignetere Methoden zur Finanzierung geben. Journalismus ist kein Geschäftsmodell mehr, weshalb ich es für gerechtfertigt erachte, dass Steuergelder für Newsplattformen verwendet werden, und zwar ohne Einfluss des Bundes auf die Texte oder Videos.
«Für mich ist der Investigative Journalismus sehr wichtig.» – Tabea Arnold
Für den Online-Journalismus fände ich es gut, wenn es vermehrt Plattformen gäbe, auf denen sich mehrere bekannte Zeitungen zusammenschliessen und so voneinander profitieren können. Für uns Konsumenten könnte so ein günstigerer Abo-Preis rausschauen. Vielleicht sollte es auch etwas in der Art von Spotify oder Netflix für News geben. Medienvielfalt sollte erhalten bleiben. Ich bin gegen Gratiszeitungen, ich finde, diese schaden dem Journalismus. Mit ihnen könnte die Meinung entstehen, dass wir überhaupt nicht mehr bezahlen müssen für Medien.
Soll man mitreden können bei Medien?
Heinz Gfeller: Ich soll dabei sein, mitreden, heisst es heute allenthalben; es ist ein eigentlicher Glaubenssatz der digitalen Medien. Ich gestehe, dass ich daran wenig Interesse habe. Das mag an der Flut von banalen Mitteilungen liegen, welche pausenlos auf den ach so sozialen Kanälen ausgetauscht werden. Jede, jeder darf sich – auf welchem Niveau immer – überall zeigen und äussern. Das hat die öffentliche Diskussion bereits mächtig abgewertet.
«Bin ich bereit, etwas für die Erhaltung «meiner» Medien zu geben?» – Heinz Gfeller
Austausch von Angesicht zu Angesicht scheint mir unersetzlich. Meine Stimme etwa in politischen Belangen zu erheben, dafür sollte ich mir wesentliche Gelegenheiten und Kanäle vorbehalten. Die Gemeindeversammlung? Eine Partei? Auch mal, gezielt, eine Internet-Kampagne? Oder mal UND?
Tabea Arnold: Kommentare können gute Denkanstöße bieten und unterschiedliche Meinungen widerspiegeln, wobei es vorkommen kann, dass ich dadurch die eigene Sozialblase verlasse. Das kann schmerzhaft sein, jedoch gleichzeitig zu spannenden Diskussionen führen, in denen die Beteiligten versuchen, sich gegenseitig zu verstehen. Auf diese Weise gibt es die Möglichkeit, etwas Neues zu lernen.
Auf der anderen Seite wird auch gerne von einigen Benutzern der Kommentarfunktion provoziert. Trotzdem sollte eine Diskussionskultur mit vernünftigen Anstandsregeln eingehalten werden. Es gibt Plattformen, da funktioniert dies wunderbar, und andere sind einfach grauenvoll. Da würde ich am liebsten den Kopf auf den Tisch schlagen. Also: Mitreden Ja!, aber mit Respekt und Anstand. Der Ton macht die Musik.