Im Gespräch über’s Klima
Das Generationentandem Sarah Liebi (20) und Werner Kaiser (77) haben gemeinsam über ihren Umgang mit dem Thema Klimawandel gesprochen. Hören Sie hier ihre Einschätzungen.
Sarah Liebis Meinung:
[soundcloud url=“https://api.soundcloud.com/tracks/238243761″ params=“color=ff5500&inverse=false&auto_play=false&show_user=true“ width=“100%“ height=“20″ iframe=“true“ /]
Werner Kaisers Meinung
[soundcloud url=“https://api.soundcloud.com/tracks/238361462″ params=“color=ff5500&inverse=false&auto_play=false&show_user=true“ width=“100%“ height=“20″ iframe=“true“ /]
Am 12. Dezember 2015 ist die Klimakonferenz in Paris zu Ende gegangen. Was denkst du über die Auswirkungen der abgehaltenen Verhandlungen?
Sarah Liebi: Die Resultate sind da und öffentlich zugänglich. Es ist kein Geheimnis, was von der weltweiten Delegation der Staatsoberhäupter beschlossen worden ist. China und die USA, die zwei Staaten mit den global grössten CO2 Emissionen, haben die Abkommen unterzeichnet. Daraus kann Hoffnung geschöpft werden. Dennoch finde ich persönlich beim 2-Grad Ziel bis 2025 die Messlatte fast zu tief gesetzt. Aber es ist ein Anfang! Fatal ist, dass es kein rechtliches Verfahren geben kann bei einer Nichteinhaltung der Verträge. So können sich viele «nur halb» an die abgemachten Regeln halten, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.
Du hast in Paris an der Jugendklimakonferenz teilgenommen. Was hat dich am meisten beeindruckt?
Sarah Liebi: Ich war unglaublich erstaunt über die Vielfalt der Menschen mit unterschiedlichsten Nationalitäten, die sich in Paris zusammengefunden haben. Es waren KlimaaktivistInnen aus der ganzen Welt anwesend. Das führte mir vor Augen, dass der Klimawandel ein globales Problem ist und wir alle zusammenarbeiten müssen, damit eine umfassende Veränderung möglich ist. Und auch die Anzahl der TeilnehmerInnen an der Jugendklimakonferenz (COY11) war erstaunlich: Trotz der Terroranschläge zehn Tage zuvor liessen sich 50 001 junge Menschen nicht abschrecken und widmeten ihre volle Energie der Rettung des Planeten.
Sarah, denkst du also, man kann den Klimawandel noch stoppen?
Sarah Liebi: Stoppen ist vielleicht das falsche Wort. Ich denke, wir müssen von der Idee wegkommen, nur eine Reduktion der Treibhausgase anzustreben. Das Ausmass des Klimawandels ist bereits so drastisch, dass wir nicht mehr von einer Null-Emmission sprechen dürfen, sondern anfangen sollten zu restaurieren! Recycling ist gut – Upcycling besser! Wenn eine Hektare Land gerodet oder bebaut wird, sollten dafür zwei Hektaren bepflanzt oder wiederbewirtschaftet werden. Konzerne und Privatpersonen sollten auf nachhaltige Energieproduktion setzen und so schnell wie möglich von fossilen Brennstoffen wegkommen. So könnten wir einen Schritt zur Verbesserung der Lage tun, aber um den Klimawandel zu stoppen, ist es bereits zu spät.
Denken deine KollegInnen ähnlich wie du? Wie ist das Bewusstsein für den Klimaschutz in deiner Generation?
Sarah Liebi: Bei Gesprächen über dieses Thema merke ich immer, dass junge Leute über die Problematik der Erderwärmung Bescheid wissen. Meine FreundInnen und KollegInnen wissen, was der Treibhauseffekt ist und dass im Ozean ganze Inseln aus Plastik schwimmen in der Grösse des Bundestaats Texas. Man kennt die Begriffe CO2, Kerosin und Ökologischer Fussabdruck. Gleichzeitig weiss man aber auch, wie schwer es ist, dem Klimawandel entgegenzutreten. Was ich dann oft wahrnehme, ist eine Reaktion, bei der man sich aus der Verantwortung ziehen möchte. «Es ist ja sowieso zu spät und mich betrifft es dann auch nicht mehr gross. Die vorherigen Generationen sind schuld und die nächsten müssen es dann ausbaden.» So wird das Problem in unserer Generation oft ausgeblendet oder weitergeschoben.
Was tust du denn in deinem Alltag für das Klima?
Sarah Liebi: Meine Eltern denken sehr ökologisch und wir leben in einem Minergiehaus mit Strom aus Fotovoltaikanlagen. Ich bin Vegetarierin und esse auch konsequent keinen Fisch. Ebenfalls bin ich fleissige ÖV-Benutzerin und, obwohl ich gerade das Autofahren erlerne, möchte ich in Zukunft nachhaltig reisen. Auch innerhalb von Europa nehme ich wenn möglich den Zug. Wenn ich Sport in der Natur betreibe, versuche ich, möglichst keine Spuren zu hinterlassen. Ich versuche meinen allgemeinen Konsum zu drosseln und kaufe Nahrungsmittel lokal und saisonal ein. Beim Wasser könnte ich ruhig noch ein bisschen mehr sparen, ich liebe es, lange zu duschen.
Denkst du, wir können etwas bewirken mit diesen kleinen Dingen in unserem Alltag?
Sarah Liebi: Ich war immer skeptisch, ob es etwas bringt, wenn ich als kleines Nichts auf dieser Welt mir eine solche Mühe mache. Seit der Jugendkonferenz vor einem Monat denke ich aber anders. Wir sind nicht alleine! So viele Menschen um den ganzen Globus verteilt geben jeden Tag ihr Bestes, um unsere einzigartige Erde in ihrer unbezahlbaren Schönheit zu schützen und zu erhalten. Ich hoffe natürlich sehr, dass auch eine Umstrukturierung auf höheren Ebenen stattfinden wird! Alle Mittel zu einer nachhaltigen Energieproduktion sind da, man muss sie nur noch umsetzen. Und bis dahin ganz nach dem Motto von Nicolas Hulot (Journalist und Umweltschützer): «Wenn du denkst, du alleine kannst nichts bewirken, dann lass einmal eine Nacht eine Mücke in deinem Zimmer übernachten!»
Die Zukunft ist offen
Umweltthemen sind seit vielen Jahren im Bewusstsein der Menschen: Ausbeutung der Meere, Luftverschmutzung, Ozonloch, Abfallberge, Atommüll, Bodenbelastung, Ressourcenübernutzung, Waldsterben, Überfischung und Verschmutzung der Meere, Artensterben und anderes mehr. Der Klimawandel selber rückte erst durch die internationalen Klimakonferenzen ins Bewusstsein: 1992 in Rio, 1997 in Kyoto, 2009 in Kopenhagen und neustens 2015 in Paris.
Zum Klimawandel gibt es seit vielen Jahren alarmierende Anzeichen. Die Gletscher schmelzen, Trockenzeiten und Überflutungen häufen sich, erste Inseln drohen im Meer zu versinken. Die Wissenschaft, einst noch zerstritten, ist sich inzwischen grossenteils einig; in einer unabhängigen Umfrage von 2008 stimmen 97 Prozent der Fachleute der Aussage zu: «Menschliche Aktivität ist ein signifikant beitragender Faktor bei der Veränderung der mittleren globalen Temperatur». Der Weltklimarat (IPCC) arbeitet seit 1988 im Auftrag der UNO am Thema. Es gab bereits 20 Klimakonferenzen vor der aktuellen in Paris.
Die Sensibilität wächst
Die früheren Konferenzen scheiterten weitgehend, vor allem weil die grössten Klimasünder, China und die USA, ihrer Verantwortung nicht nachkommen wollten. Die aktuelle Konferenz in Paris jedoch verbreitet Hoffnung. Fast alle Länder haben angemeldet, einen Beitrag zu leisten. Zu hoffen ist auch, dass durch die grosse Publizität, welche diese Konferenz findet, die einzelnen Menschen für das Thema sensibilisiert werden. Zurzeit scheint das Bewusstsein für diese Fragen zu wachsen, die Umstellung in der Praxis lässt allerdings noch zu wünschen übrig.
Dabei darf nicht übersehen werden, dass unzählige Menschen und Gruppierungen seit Jahren in eine nachhaltige Richtung unterwegs sind. Firmen produzieren energiesparende Geräte, Eigentümer dämmen ihre Häuser, Solarpanels werden installiert. Auch die Politik ist dran, energiefreundliche Gesetze zu erlassen. Es ist besser, sich an solchen Vorgängen zu orientieren, statt sich Laune und Motivation verderben zu lassen durch die paar leider einflussreichen Ewig-Gestrigen in Politik und Wirtschaft.
Planet ohne Grenzen – Sarah in Paris
Bevor die Weltklimakonferenz in Paris beginnt, treffen sich junge Menschen aus der ganzen Welt zur Jugendkonferenz PARIS 2015. Die 20-jährige Sarah Liebi berichtete hier über ihre Hoffnungen für’s Klima.