Liebe Lotti, woher kommst du?
Ich wurde in eine Familie mit vier Geschwistern hineingeboren. Fünf Jahre später erhielten wir noch einen Bruder. In meiner frühen Kindheit lebten wir im Kirchenfeld, bevor wir nach Köniz umzogen. Inmitten meiner Geschwister verbrachte ich eine fröhliche, wohlig behütete Kindheit. Dank der unerschöpflichen Fantasie meines zweitältesten Bruders Hansjörg war immer etwas los. Mit vier Jahren lernte ich im Murtensee schwimmen und sprang regelmässig von einem Sprungbrett in den See. In der KA-WE-DE, einer Badi in Bern, erklomm ich kurz darauf, ohne viel zu überlegen, die Leiter zum Dreimeterbrett. Als ich oben stand, wurde es plötzlich mucksmäuschenstill – ich war ja noch so klein. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen. Als ich prustend wieder an die Oberfläche gelangte, klatschen alle Beifall – ein unvergesslicher Triumph und eine meiner frühsten Kindheitserinnerungen. Geprägt haben mich so viele Erfahrungen, dass ich darüber ein Buch* geschrieben habe.
Wo stehst du im Moment?
Mein Traumberuf war Sportlehrerin. Dieser Traum platzte, als in der Schnupperwoche in Magglingen festgestellt wurde, dass ich an Asthma leide. Das war nicht leicht. Meine Eltern offerierten mir dafür einen sechsmonatigen Intensivsprachkurs in England, den ich mit drei Diplomen abschloss. Über Umwege gelangte ich so zu meinem späteren Beruf. Nachdem ich eine Zeit lang als Fremdsprachensekretärin in einem Warenhaus in Biel gearbeitet hatte, bildete ich mich zur Erwachsenenbildnerin aus und unterrichtete dann über 20 Jahre Englisch. Heute sind meine Hobbies Tanzen, weitere Sprachen lernen und das Reisen. Das Wichtigste, das ich in meinem Leben gelernt habe, ist Folgendes: Wenn du nicht geliebt wirst, hat alles andere keine grosse Bedeutung.
Ich freue mich, dass sich heute Frauen in politischen oder anderen Führungspositionen bewähren. Wird eine Frau nur auf ihr Äusseres reduziert, ärgert mich das. Jungen Menschen rate ich, immer authentisch zu bleiben, jeden Tag etwas dazu zu lernen und allen Mitmenschen Respekt zu zollen, denen sie in ihrem Alltag begegnen.
Wohin gehst du?
Eigentliche Zukunftsträume habe ich in meinem Alter keine mehr. Ich erfreue mich an jedem schönen Tag. Seit 22 Jahren sind wir Grosseltern. Wir betrachten unsere EnkelInnen als grosses Geschenk. Jemand sagte einmal: «Enkelkinder sind das Dessert des Lebens». Ich erhoffe für uns noch möglichst lange eine gute und vitale Gesundheit. Unseren Kindern und deren Familien wünsche ich ein erfülltes Leben, und dass sie von argen Schicksalsschlägen und Streitereien verschont bleiben. Ich möchte für meine Liebsten immer ein offenes Ohr haben, wenn sie sich mit ihren grösseren und kleineren Sorgen an mich wenden.
*«Perlen aus einer Kette» Zytglogge Verlag.