
Der Kühlschrank hat seine besten Tage hinter sich und der Wocheneinkauf steht vor der Tür. Als wäre das Schleppen der Säcke nicht Grund genug sich für das Auto zu entscheiden, regnet es auch noch in Strömen. Der Fall ist klar: Der Regenschirm bleibt im Trockenen und das Auto wird aus der Garage gefahren. Doch ist dies wirklich notwendig? – Nein, nicht für die Umwelt und auch nicht aus Sicht der Collectors!
Auf zwei statt auf vier Rädern
Das Sozialprojekt Collectors schreibt umweltverträgliche Mobilität gross. Seit 2017 werden Waren von 25 Geschäften aus Thun und Umgebung den KundInnen nach Hause geliefert. Für vier Franken pro Lieferung oder 200 Franken jährlich kann man seinen Einkauf am Kundendienst abgeben und erhält die Ware innerhalb von drei Stunden oder auf Wunschtermin. Umweltverträglich gestaltet sich der Transport dadurch, dass für die über 500 Lieferungen pro Monat vier E-Cargobikes verwendet werden.
Vielversprechend für Thun
Die Vorteile für KonsumentInnen, Geschäfte und die Umwelt können sich sehen lassen. Durch den Transport mit Fahrrädern wird der ökologische Fussabdruck der KonsumentInnen auf das Geringste minimiert. Auch grössere Einkäufe können bequem zu Fuss, per Fahrrad oder Bus erledigt werden, wobei die mühsame Parkplatzsuche entfällt. Nach dem Einkaufen ist man frei für Aktivitäten aller Art, die sich durch das Schleppen von Einkäufen als schwierig erweisen würden. So kann man noch eine Runde in der Stadt umherschlendern oder sich das eine oder andere Kleidungsstück oder Buch ansehen. Durch die Zusammenarbeit mit Collectors können die Geschäfte vom Angebot einer noch kundenfreundlicheren Dienstleistung profitieren. Lokale Geschäfte erweisen sich somit als attraktiv für KundInnen, was im Umkehrschluss auch zu einer umweltfreundlicheren Einkaufsart führt.

Was eingekauft wird, das wird auch recycelt!
Das Ausliefern der Einkäufe an KundInnen steht aber nicht allein im Fokus der Collectors. Im Zeichen des Umweltschutzes bietet das Unternehmen einen Recycling-Dienst für zehn Franken pro Monat an. Dabei erhält der Kunde eine praktische Recyclingtasche, die mit allerlei Leergütern gefüllt werden kann und dann abgeholt wird.
Soziale Integration auf dem Fahrrad
Ein weiterer Schwerpunkt von Collectors ist die soziale Integration. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Sozialinstitutionen werden dem Lieferdienst Kuriere zugewiesen, die durch ihre Aufgabe erneut Stabilität und Autonomie in der Arbeitswelt erlangen.
Bei genauerer Betrachtung wird klar: Entscheidet man sich für die Nutzung des Liefer- oder Recyclingdienstes von Collectors, profitiert man nicht nur selbst von der Dienstleistung, sondern greift in eine Vielzahl wichtiger Prozesse in Bezug auf die Umwelt und das Sozialwesen ein – und da lohnt es sich einmal mehr, bei schlechtem Wetter zum Schirm zu greifen.
Unterwegs mit dem Kurier
Es ist zehn Uhr morgens. Wie jeden Tag steht Reto Hebeisen im Büro von Collectors und wartet auf seine Aufträge. Zunächst fährt er zum Coop und holt dort die Einkäufe von Maya Weber ab. Sie ist froh, dass sie die schweren Taschen nicht mehr selber nach Hause schleppen muss. In ihrer Wohnung stellt Reto die Taschen vor den Kühlschrank und nach einigen freundlichen Worten schwingt er sich wieder auf sein Bike.

Sein nächster Auftrag heisst Recycling. Die Zentrale hat ein SMS erhalten, dass die Kisten mit leeren Flaschen, Plastik, Büchsen, … wieder einmal überquellen. Gemeinsam mit einem Kollegen fährt er nach Steffisburg. Die Cargobikes sind schnell beladen. Nun müssen die beiden Kuriere das Leergut bei den entsprechenden Sammelstellen entsorgen. Dann geht es wieder zurück nach Steffisburg. Die Bikes werden ein zweites Mal beladen. Sogar Batterien und Korkzapfen sind dieses Mal mit dabei. Drei Recyclingtransporte machen die beiden Kuriere, sie strampeln einige Kilometer, bis die Kisten wieder leer sind.
Früher war Reto während fünf Jahren als Kurier mit dem eigenen Velo unterwegs. Bei jedem Wetter musste er verschiedenste Aufträge in Thun und der Umgebung ausliefern. Seit er vor zwei Jahren zu Collectors gewechselt hat, ist die Arbeit für ihn etwas leichter geworden. Fast spielend kann er nun Ware bis zu 80 kg mit seinem E-Cargobike in der Region Thun transportieren. Für ihn ist klar – seien es Koffer, Staubsauger oder übergrosse Säcke mit Hundefutter, es wir einfach alles mitgenommen, was in sein Cargobike passt. Einzige Bedingung ist, dass der Deckel trotz Ladung noch geschlossen werden kann.
Gute Ortskenntnisse
Die schöne und dankbare Seite der Arbeit ist für ihn die Lieferung der Einkäufe an die Kundschaft. Auf die Frage, ob es auch manchmal Probleme oder Schäden gebe, erzählt Reto: «Letzte Woche ist mir zum ersten Mal etwas passiert – beim Beladen habe ich ein Joghurt kaputt gemacht – das gab dann eine Sauerei. Als erstes bin ich zurück in die Migros und habe ein genau gleiches neues Joghurt gekauft. Dann reinigte ich alle Produkte von den Joghurtspuren, packte alles wieder in die Tasche und brachte diese zu meiner Kundin. Sie hat glücklicherweise nichts bemerkt.»

Kleinere Probleme und Dispute gibt es manchmal beim Recycling. Die KundInnen bezahlen für eine Recyclingtasche mit verschiedenen Fächern 20 Franken Depotgebühr. Leider kommt es immer wieder vor, dass zum Beispiel schmutzige Büchsen oder nicht ganz leere Weinflaschen mit der Öffnung nach unten in die Tasche gesteckt werden. Wen wunderts, dass sich die Taschen dann verfärben. Wird eine gereinigte Tasche mit unterschiedlichen Verfärbungen zurückgebracht, sind einzelne KundInnen unzufrieden und beschweren sich bei Reto. Was sind die Anforderungen um als KurierIn arbeiten zu können? Retos Antwort: «Ein Kurier muss gute Ortskenntnisse von Thun und der Umgebung haben. Er muss Freude am Velofahren haben, kontaktfreudig und geduldig sein, so dass er mit allen KundInnen umgehen kann».