
Modern Jazz am Dienstagabend
von 20 bis 21 Uhr
Text: Ann-Florance Kohler
Den ganzen Tag freute ich mich schon, mich für eine Stunde von meinen Gedanken zu lösen, meinen Emotionen Platz zu geben und mich auf eine Sache, das Tanzen, zu konzentrieren. Es ist endlich 20 Uhr. Ich betrete den Raum, platziere meine Trinkflasche und Kopfhörer, mein Handy und meine Jacke. Die Schuhe habe ich schon vor dem Raum zurückgelassen. Stück für Stück freier, Stück für Stück fällt etwas Last weg. Ich setzte mich auf den Boden, nach und nach betreten weitere Tänzerinnen den Raum. Ich frage mich, ob es ihnen so geht wie mir, ob für sie das Tanzen auch ein Moment der Freiheit ist. Freiheit vom Alltag.
Das Aufwärmen
Manchmal beginnt es am Boden, heute aber nicht. Alle stehen auf und richten sich zum Spiegel aus. Isabella, die Tanzlehrerin, zeigt uns das Einwärmen nochmals, da wir es wahrscheinlich alle seit letzter Woche wieder vergessen haben. Alle machen direkt mit. Ich ganz konzentriert darauf, die Bewegungen gut auszuführen, mir den Ablauf zu merken, damit ich beim zweiten Durchlauf nicht mehr ganz so viel denken muss und einfach tanzen kann. Dann ertönt das Lied auch schon ein zweites Mal und diesmal steht Isabella nicht mehr vorne, sondern geht im Raum umher. Ich weiss nicht, ob ich während des Tanzens überhaupt noch etwas denke, zumindest nicht daran, was war und was sein könnte. Ich bin im Jetzt, ich tanze jetzt. Das Einwärmen ist zu Ende und ich spüre die Hitze, die meinen Körper verlassen möchte. Weiter gehts. Eine Übung, Sprünge und Drehungen. In Linien nacheinander tanzen wir die Abfolge, die Isabella uns gezeigt hat. Einmal, zweimal, dreimal. Isabella hilft uns bei Schwierigkeiten und gibt uns Inputs zur Technik. Es wird gelacht und geholfen. Ich schätze die Atmosphäre sehr und fühle mich wohl.

Die Choreografie
Wir wiederholen den Teil vom letzten Mal und lernen einen neuen dazu. Isabella erzählt uns, wie sie die eine Drehung in ihrer Küche vor dem Spiegel ausprobierte und jetzt blaue Flecken hat. Wir lachen und folgen ihr weiter durch die Choreografie. Dann ertönt das Lied. Ich halte mich an den Ablauf, versuche loszulassen und mich in die Bewegungen hineinzugeben. Zuerst alle zusammen und dann noch in Halbklassen. Ich liebe es, den anderen zuzuschauen. Isabella und die anderen Tänzerinnen inspirieren mich sehr. Auf einmal fällt mein Blick zum Fenster. Der Himmel verfärbt sich langsam in die verschiedensten Orangetöne. Dieser Ausblick erfreut mein Herz und die Vorfreude in mir für all die weiteren Tanzlektionen, in denen wir zum Untergang der Sonne, der sich im Spiegel zeigt, tanzen werden, steigt. Und ein letztes Mal für heute, tanzen wir die Choreografie. Alle zusammen.
Der Abschluss
Ein geführtes Dehnen zu ruhiger Musik. Ich muss daran denken, wie dankbar ich bin für diese Tanzlektionen. Eine kurze Ewigkeit voller Freiheit – eine Tanzlektion bei Isabella, eine Tanzlektion im dap.
Paartanzkurs am Montagabend
von 19 bis 20 Uhr
Text: Sandra Gonseth
«Einfach Führen, dann klappts», sagt Blanca, unsere Tanzlehrerin. Das ist einfacher gesagt als getan, wenn der Tanzpartner 1.90 m gross ist und konsequent in die Gegenrichtung steuert. Es ist Montagabend und im Tanzstudio Nummer 3 findet der Paartanzkurs für Anfänger statt – Standard und Latein stehen auf dem Programm. Fünf Paare, jüngere und ältere, probieren aus, ob sie die Schritte vom ersten Kursabend noch draufhaben. Einige besuchen den Kurs als Hochzeitsvorbereitung, die meisten einfach aus Plausch. Wir dürfen heute mittanzen. Unsere Tanzerfahrung hält sich in Grenzen, vor Jahren übten wir Salsa. Ehrlich gesagt mit mässigem Erfolg. «Tanzen ist wie Laufen, das kann auch jeder und jede, man muss nur damit beginnen», beruhigt Blanca. Die grösste Herausforderung? Wenn ein Paar ein unterschiedliches Taktgefühl hat. Das ist bei uns zwar nicht der Fall, aber dennoch kommen wir uns mit den Füssen immer wieder ins Gehege.

Bild: Ann-Florance Kohler.
Nur ein kleiner Kuss
«So jetzt üben wir das Küsschen. Das ist, wenn sich beim Cha cha cha die Knie berühren, nein … nicht so grosse Küsse», lacht die gebürtige Spanierin. Sie ist Tanzweltmeisterin, holte bereits als Jugendliche den spanischen Meistertitel in Standard und Latein. Nach dem Umzug nach Deutschland gewann sie drei Weltmeistertitel. «Beim ersten Mal bist du euphorisch, beim zweiten Mal verspürst du einen gewissen Druck und beim dritten Mal denkst du, schaffe ich das überhaupt noch einmal?» Deshalb hängte sie den Tanzberuf an den Nagel, lernte bald darauf ihren Mann kennen und übersiedelte in die Schweiz. Ehrlich Blanca, tut es als Profi nicht ein bisschen weh, uns Amateuren zuzuschauen? «Nein, überhaupt nicht», betont die 40-Jährige. «Hier geht es nicht um Perfektion wie beim Profitanzen, wo auf jedes Detail geachtet wird, sondern vor allem darum, Spass zu haben.»

New York, New York
Heute tanzt sie noch ab und zu mit ihrem Mann, einem guten Tänzer, wie sie sagt. Aber mit zwei kleinen Kindern komme sie eh nicht mehr oft dazu. Deshalb lässt sie die Stunde mit ihrem Lieblingstanz ausklingen: dem Blues. Ein Tanz mit einfachen Schritten – grosser Schritt, grosser Schritt, kleiner Schritt –, der zum Jazz Dance und zum Lindy Hop gehört. Aus dem Lautsprecher tönt Frank Sinatra, und zu New York, New York drehen sich Blanca und alle Paare im Kreis. Es fühlt sich ein bisschen an wie auf dem Broadway. Nicht schlecht für die erste Tanzstunde. Das macht Lust auf mehr. Und das Beste: Nicht nur die Beinmuskeln wurden strapaziert, sondern vor allem die Lachmuskeln.

Kurzinterview: Angela Stadler,
operative Leitung
dap Tanz- und Bewegungszentrum

Was ist für dich das Schönste bei der Ausübung deiner Tätigkeit?
Die Vielfalt der Menschen. Unser Jüngster ist 2,5 Jahre, die älteste Kursteilnehmerin 80 Jahre alt.
Welchen Einfluss hat Tanzen auf die Persönlichkeitsentwicklung?
Die Auseinandersetzung mit den eigenen Persönlichkeitsstrukturen geschieht beim Tanzen von selber und trägt somit zur Entwicklung der Persönlichkeit bei. Ganz nach dem Zitat von Fred Astaire: «Tanz ist der Versuch der Aufhebung der Schwerkraft.» Dies ist im physikalischen und im übertragenen Sinn auf die Persönlichkeit anwendbar.
Für wen eignet sich Tanzen?
Alle Menschen können tanzen – fragt sich nur, ob man sich traut. Vor allem braucht es viel Freude und Spass sowie eine gesunde Portion Humor. Im dap finden viele Menschen ein Angebot im Tanzbereich, das ihnen entspricht. Zudem sind wir im Aufbau des Bereichs «Bewusst Bewegen». Da wollen wir mit Gehirnfitness, Atemtherapie, gelenkschonendem Trampolintraining und vielem mehr auch Alters- und Kundengruppen abholen, die nicht unbedingt tanzen wollen und sich trotzdem gerne bewegen.
dap Tanz- und Bewegungszentrum
Das dap bietet mit über 50 Lektionen pro Woche eine grosse Vielfalt an Tanzstunden für jedes Alter in diversen Stilen. Von Kindertanz, Streetdance, klassischem, zeitgenössischem und urbanem Tanz über Paartanz, Zumba sowie zu bewegungstherapeutischen Lektionen. Mehr Informationen unter www.dap-bewegt.ch oder Tel. 033 335 88 00.
