
Fremdenfeindlichkeit existiert schon so lange wir denken können, aber wo liegen eigentlich die Wurzeln? Der Ursprung des Rassismus führt zurück bis zur Kolonialisierung Afrikas und Südamerikas. Menschen aus Afrika wurden verkauft und ausgebeutet. Dadurch entstand ein Machtgefühl der Europäer, das sich seit dem nicht hat auslöschen lassen. Die vom Rassismus betroffenen Menschen wurden unterdrückt und bekamen das feindliche Verhalten zu spüren. Nachdem berühmte Persönlichkeiten wie Rosa Parks und Martin Luther King die Grundlagen für die Bürgerrechtsbewegung gelegt hatten, könnte geglaubt werden, dass Rassismus im Jahre 2020 nicht mehr existiert. Falsch gedacht. Noch heute gehen Menschen, die für ihre Rechte kämpfen, auf die Strasse.
Meine Erfahrung: «Nein, woher kommst du wirklich?»
Ich lebe seit meiner Geburt in der Schweiz. Meine Eltern sind aber ursprünglich aus einem anderen Land, darum sehe ich natürlich nicht so aus, wie sich die Leute eine «Schweizer Bürgerin» vorstellen. Ihr könnt wahrscheinlich schon ahnen, worauf das Ganze hinausläuft. Ich muss mir öfters Sprüche anhören. Es fängt bei kleinen Sachen an. Fragen im Stil von: «Nein, woher kommst du wirklich?» bis hin zu: «Entschuldigung, ich weiss nicht, wie man deinen Nachnamen schreibt.» Dies, obwohl ich ihn zuvor sicher viermal buchstabiert habe. Irritierend, wie einige plötzlich das ganze Alphabet vergessen können. Ich konnte mir aber auch schon Fragen anhören wie: «Sprichst du deutsch?» oder «Komplimente» wie: «Du sprichst aber gut deutsch.» Liegt vielleicht nur daran, dass ich es spreche, seit ich denken kann. Das klingt jetzt so, als ob ich meistens nur schlechte Erfahrungen mache. Natürlich ist nicht alles negativ, denn mit den meisten Personen, die mich persönlich kennen, mache ich positive Erfahrungen. Meistens spielt die Herkunft auch keine Rolle, darum bin ich dann immer wieder umso schockierter, wenn ich beispielsweise mit Blicken daran erinnert werde, dass ich nie ganz hier ankommen werde. Im Alltag schaffe ich es dann doch, das Meiste zu ignorieren. Herkunft hat für mich noch nie eine Rolle gespielt. Wichtiger ist, wie sich mein Mitmensch mir gegenüber verhält. Sich aufzuregen bringt auch nichts. Die Situation wird sich nicht ändern. Darum gilt: Einfach ausblenden, und wenn man die Möglichkeit hat, sich mit Worten zu verteidigen, dann sollte man sie auch nutzen.
Rassismus im Alltag
Rassismus ist tief verankert. Schon allein im Sprachgebrauch gibt es viele Ausdrücke, die man aus seinem Wortschatz streichen sollte. Hier sind einige davon:
Mohrenkopf: Dieses Wort ist einfach nur beleidigend gegenüber dunkelhäutigen Personen und ich verstehe nicht, was so schwierig daran ist, es einfach nicht mehr zu gebrauchen.
Schwarz fahren: Auch auf dieses Wort könnte man gut verzichten. Warum kann man es nicht einfach umbenennen?
Wer hat Angst vor dem schwarzen Mann? Das Spiel haben wahrscheinlich die Meisten in ihrer Kindheit gespielt. Aber warum schwarzer Mann? Das ist ein Spiel, das Kinder spielen: Wenn sie von klein auf beigebracht bekommen, so zu denken, wie will man es dann ändern?
Schwarzes Schaf: Als schwarzes Schaf bezeichnet man den Aussenseiter einer Gruppe, jemanden, der nicht reinpasst oder aus der Reihe tanzt. Was hat das Wort «schwarz» dort verloren?
Neger: Der Begriff Neger ist eine abwertende Bezeichnung gegenüber dunkelhäutigen Menschen. Das Wort Neger wude im 18. Jahrhundert aufgrund der Rassentheorien in die deutsche Sprache «aufgenommen».
Das Wort stammt aus seiner schlimmen Zeit und wir sollten nicht das Recht haben, es zu benutzen.
Diese Ausdrücke werden von den Meisten gebraucht, ohne das sie darüber nachdenken. Was diese Wörter eigentlich bedeuten, was ihre Hintergründe sind und wen man alles damit verletzten kann, wird nicht beachtet. Wie kommt man überhaupt auf die Idee, diese Wörter zu verwenden? Die Antwort ist: Wir kennen es nicht anders. All diese Ausdrücke werden uns von Kind auf «beigebracht». Sie sind leider schon vor langer Zeit in den normalen Sprachgebrauch übergegangen. Ich bin mir sicher, dass die Meisten nicht mal über deren Gebrauch nachdenken. Ich rufe deshalb alle auf: «Überdenkt euren Wortschatz!»

«Manchmal verletzt es mich sehr»
Ich habe mit zwei Freundinnen ein Kurzinterview geführt. Aylin Koc (17) ist selber von Rassismus betroffen.
Aylin, in welcher Form erlebst du Rassismus ?
Ich erlebe Alltagsrassismus schon alleine an den Blicken und wie man mich anschaut, weil ich dunkle Haare, dunkle Augenbrauen und so weiter habe. Ich persönlich denke, dass die Blicke alleine schon ausreichen, um einen auszugrenzen. Denn hätte ich ein anderes Aussehen, würde man mich nicht so anschauen.
Wie wehrst du dich gegen diesen Rassismus?
Ehrlich gesagt, wehre ich mich gar nicht. Solche Personen kann man nicht «umstimmen». Ich lasse sie einfach ihr blödes Verhalten weiterführen. Sie haben es wahrscheinlich so beigebracht bekommen und egal, was ich sagen würde, sie würden sich nicht ändern. Manchmal verletzt es mich sehr und in dem Moment bin ich dann so perplex, dass ich anfange zu weinen oder nicht im Stande bin, etwas zu sagen.
In welcher Hinsicht hat Rassismus dein Leben schon eingeschränkt?
Mein Leben ist nicht gross eingeschränkt worden. Es geht einfach darum, dass ich mir im Alltag Sprüche anhören muss. Der einzige Rassismus, der mich hätte einschränken können, war der in der 6. Klasse. Es ging darum, dass ein Lehrer versucht hat mir einzureden, dass ich keine Spez-Sek-Schülerin sei. Schlussendlich bin ich dann in die Spez-Sek gekommen.
Wieso ist Rassismus immer noch so aktuell, woran liegt das?
Ich glaube viele Menschen haben einfach nicht verstanden, dass wir alle miteinander leben wollen und nicht gegeneinander. Darum ist es noch so aktuell. Ausserdem berichten die Medien, egal in welchem Land, zu wenig darüber.
«Mit kleinen Dingen anfangen»
Lynn Heunert (15) setzt sich nach Kräften für Menschenrechte ein.
Hast du im Alltag schon mal Rassismus beobachtet, wenn ja, wie?
Lynn Heunert (15): Nein, nicht wirklich. Aber ich kenne Personen in meinem Umfeld, die manchmal rassistische Witze oder Kommentare machen.
Wie kannst du Personen helfen, die von Rassismus betroffen sind?
Ich kann helfen, indem ich ihnen einfach zuhöre, wenn sie mir ihre Geschichte erzählen und ich daraus auch lernen kann. Ihnen eine «Plattform» gebe. Also darüber poste. Aber nicht nur auf Social Media, sondern auch, dass ich den betroffenen Personen die Möglichkeit gebe, möglichst vielen Menschen aus meinem Umfeld ihre Geschichte zu erzählen. Indirekt kann man helfen, indem rassistisch denkende Leute aufgeklärt werden. Das Problem kann leider nicht von heute auf morgen behoben werden, aber wir können mit kleinen Dingen anfangen.
Wieso ist Rassismus immer noch so aktuell, woran liegt das?
Rassismus gibt es noch, weil Leute an der Macht sind, die rassistisch denken. Die Tatsache, dass die meisten kleinen Dörfer politisch rechts sind, hilft auch nicht. Solang man es in der Schweiz nicht hinbekommt, eine linke Politik zu machen, geht es nicht. Es gibt auch Personen, die sagen, «nein, ich bin noch nie rassistisch gewesen», sich aber nicht mal darüber informieren und es abstreiten. Gerade bei ihnen findet aber dann Alltagsrassismus oder unbewusster Rassismus statt. Eine andere Sache ist, dass die Kinder und Jugendlichen in der Schule besser aufgeklärt werden müssen. Die Bildung muss sich ändern. Wenn man von klein auf beigebracht bekommt, jeden zu akzeptieren, hätten wir das Problem in der Schweiz nicht. Wir sind schon auf dem richtigen Weg: Immer mehr Leute informieren sich, hören zum Beispiel Hörbücher oder lesen Bücher darüber.
Über die Autorin
Sara Caylak hat im Juli 2020 bei UND Generationentandem ein zweiwöchiges Sozialpraktikum absolviert. In diesem Rahmen hat sie gemeinsam mit Margrit Moser zum Thema Rassismus recherchiert. Margrit schreibt über Sara:
Sara, 17, lebt mit ihren Eltern und einem Bruder in Heimenschwand und besucht das Gymnasium in Thun. Ihr grosses Interesse gilt der Musik – sie spielt Gitarre und Schlagzeug, singt in einer Band und beginnt bald mit Klavierunterricht. Seit ihrem sechsen Lebensjahr spielt Sara leidenschaftlich Tennis. Schon sehr früh manifestierte sich bei ihr ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und sie interessiert sie generell für die Menschen, wie es ihnen geht, wie sie sich fühlen…