Angela Merkel, die mächtigste Frau der Welt, scheint die einzige zu sein, die sich in Geduld übt mit osteuropäischen Potentaten. Immer wieder rollt sie dem in seiner Ehre gekränkten Putin den frisch geputzten, flauschigen Gesprächs-Teppich aus. Und Putin betritt ihn schmollend. Mutti Merkel, wie sie mit fragwürdiger Ironie genannt wird, (wurde je von Papa Schröder gesprochen?) ist sich nicht zu schade für diesen Dienst. Auf einem andern Parkett arbeitet sie standhaft daran, junge, übermütige, vor Arroganz strotzende Neulinge in Griechenlands Regierung auf den Teppich der Realität zurück zu holen. Auf dass die Zusammenarbeit beginnen könnte, wenn die Jungspunde denn nur wollten…
Loretta Lynch, Amerikas neue Justizministerin, kniet sich tief in den Sumpf der Fifa und sorgt damit für grossen Wirbel im trüben Luxuspool der Fifa-Greise. Keine Frage, damit begibt auch sie sich auf ein Minenfeld, das andere vor ihr tunlichst gemieden haben.
Margarthe Vestager, EU-Kommissarin gilt als mächtigste Frau Brüssels. Sie legt sich an mit Google. Als neue Wettbewerbskommissarin der EU reicht sie gegen Google eine Kartellbeschwerde ein und droht dem Technologie-Giganten mit einer Milliarden-Klage. Dafür machen die Medien Margarethe Vestager zur «Eiskönigin», welche Google an die Gurgel geht.
Heidi Tagliavini, Diplomatin und OSZE-Sondergesandte im Ukraine-Konflikt hat genug vom Zuhören, Schlichten, Probleme wälzen mit uneinsichtigen Kriegsgurgeln. Sie überlässt den nichtbereinigten Konflikt ihrem Nachfolger. Sie sei erschöpft und überarbeitet, heisst es. Vielleicht ist es die OSZE-Sondergesandte schlicht und einfach auch leid, in diesem Krieg unter Männern weiterhin Sisyphusarbeit zu leisten.
Hier packen also vier engagierte Frauen kräftig zu und versuchen in ihren unterschiedlichen Rollen sich der sinnlosen Mühe zu stellen. Sie rackern sich ab mit aufreibendem, vielleicht nie ans Ziel führendem Engagement. Christine Lagarde, die IWF-Chefin, die aktuell im Drama um Griechenland wegen ihrer strengen Sparhaltung arg in der Kritik steht, liess einmal verlauten: «Frauen werden immer dann gerufen, wenn alles schiefläuft».
Wo sind die Männer? Die Gerechtigkeitsfrage
Und wo sind die Männer? Lassen sie aufräumen oder sorgen sie dafür, dass den mächtigen Frauen die (Sisyphus)-Arbeit nicht ausgeht? In diesem Zusammenhang ist eine Aussage von Anne Wizorek, deutsche Medienberaterin und Netzfeministin, interessant. Manchmal werde sie gefragt, was sie denn gegen Männer habe. Dann antworte sie: «Nichts. Die Männer sind nicht das Problem, sondern das Patriarchat, das Männern eine bevorzugte Stellung in der Gesellschaft einräumt.» Es gehe darum, dass alle die gleichen Chancen und individuellen Entfaltungsmöglichkeiten erhielten. Was eine Gerechtigkeitsfrage sei.
Im Sinne der von Anne Wizorek in den Raum gestellten Gerechtigkeit plädiere ich fürs Verteilen der zuweilen sinnlosen, schweren, nie ans Ziel führenden (Sysiphus)-Arbeit auf Mann UND Frau. Oder anders formuliert: Die Verantwortung tragen wir alle, auch aufräumen geht uns alle an. Egal, ob zuhause, in Brüssel, in Griechenland oder sonst wo auf der Welt.
Frauen – wir müssen reden!
Jetzt muss geredet werden: In dieser Serie fassen Frauen aus der UND-Redaktion in Worte, was ihnen unter den Nägeln brennt, und nehmen ihre Geschlechtsgenossinnen in die Pflicht.
