
Kant – was würde er heute sagen?
Vincent Engler (13)

«Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen», so lauteten die Worte Immanuel Kants, der von 1724 bis 1804 lebte. Kant meinte, dass jeder sich eine eigene Meinung bilden können und dazu den eigenen Verstand einsetzen sollte. Doch während der Zeit des Absolutismus war das weder von der Kirche noch vom Staat her erwünscht. Deshalb meinte Kant, dass es Mut braucht seine Meinung zu äussern: Die damals fehlende Freiheit verhinderte dies oft. Den Aufklärern sei Dank, gibt es heute Menschenrechte; Freiheit ist glücklicherweise eines davon. Sie wollten ein gerechteres Rechtssystem und unter anderem die Gewaltentrennung; auch, dass alle Menschen ihre Meinung öffentlich vertreten könnten. Damit waren sie der Freiheit des Volkes einen Schritt näher.
Hatten die Aufklärer Erfolg?

Aufklärung ist für Kant, wenn der Mensch den unmündigen Zustand verlässt. Doch sind die Menschen heute wirklich mündig? Ich glaube nicht: Wenn ein Trendsetter wieder einmal einen neuen Kleidungsstil vorstellt, machen es ihm alle nach, egal wie bescheuert der Trend sein mag. Ich rede aus Erfahrung, weiss aber nicht, wie es bei anderen Generationen ist. Zumindest bei den Jugendlichen wird man im Extremfall ausgegrenzt, wenn man eine andere Meinung zu einer Sache hat. Vom Staat aus hat man vielleicht die Freiheit sich zu kleiden wie man will, aber unter Gruppenzwang wird man sich trotzdem möglichst anpassen um nicht aufzufallen.
Die Barriere ist jedoch in unseren Köpfen.
Ich finde, demnach hat man nur indirekt Meinungsäusserungs-Freiheit, denn von der Gesellschaft ausgestossen sein will niemand. Die Gewaltentrennung ist vollbracht, die Menschenrechte sind niedergeschrieben. Das Problem liegt nicht mehr beim Staat, insofern hatten die Aufklärer Erfolg; die Barriere jedoch ist in unseren Köpfen. Ich finde, erst, wenn die durchbrochen ist, sind die Menschen endgültig frei. Was würde Kant wohl meinen?

Für die Freiheit des Einzelnen
Isabel Hochuli (60)
Jean-Jacques Rousseau war ein Schweizer Philosoph und Wegbereiter der französischen Revolution und damit des Slogans: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Rousseau wurde am 28. Juni 1712 in Genf geboren und starb am 2. Juli 1778 in Paris. Er hatte ein bewegtes und produktives Leben.
Rousseau stellt sich in seinen Texten die Frage, wie ein von Natur aus freies Individuum seine Freiheit behalten kann, wenn es aus einem autarken, mit der Natur verbundenen Leben in ein Zusammenleben als Gesellschaft eintritt. Für den Verlust von Freiheit und Autonomie sieht Rousseau das Privateigentum als Ursache. Das Entstehen des Eigentums, meint Rousseau, spaltet also die Menschheit in Klassen. Auf diesen Gedanken konnte später Karl Marx Bezug nehmen, der jegliches Kapital abschaffen wollte. Heutzutage ist uns in der Schweiz die Freiheit (Rede-, Presse-, Versammlungs-, religiöse Freiheit) selbstverständlich. Im achtzehnten Jahrhundert jedoch waren viele LandbewohnerInnen sehr arm und konnten weder lesen noch schreiben. Auch Rousseau durchlief in seinem Leben Perioden von grosser Armut.

Freiheit und Zwang sind Gegensätze, aber trotzdem bedingen sie einander. Wir alle haben gewisse Freiheiten und Zwänge. So müssen wir beispielsweise, damit die Freiheit überleben kann, Steuern bezahlen. Wir müssen Gesetze befolgen und dürfen von daher unsere individuelle Freiheit nur insoweit leben, als sie nicht die Freiheit eines andern tangiert.
Rousseau hat das Konzept des Gemeinwillens eingeführt. Dieser hat im Interesse aller zu sein. Er sagte, dass der Mensch im Naturzustand unabhängig und frei lebe, in der auf Konventionen beruhenden Gesellschaft aber ein gefesselter Sklave sei: «Der Mensch ist frei geboren, und liegt überall in Ketten.» Die Zivilisationsgeschichte wird in seinen philosophischen Schriften zu einer Geschichte des Niedergangs. Die nach Luxus strebende zeitgenössische europäische Gesellschaft und deren Monarchien sah er in die sittliche Dekadenz abgleiten.
Je mehr der Naturmensch in Beziehung zu anderen Menschen komme, desto mehr wandle sich die Selbstliebe zu Selbstsucht.
Er entwarf das Konstrukt des Naturmenschen. Der Mensch im Naturzustand sei frei, und damit auch frei, sich beliebig zu ändern oder anzupassen. Er sei relativ allein und autark und lebe nur in losem Zusammenschluss mit anderen. In dieser Zeit werde er nur von Selbstliebe und Mitleid angetrieben. Das Bevölkerungswachstum führe allerdings zum Anwachsen der Bedürfnisse und damit zur Verknappung der von der Natur erzeugten Nahrungsmittel. Je mehr der Naturmensch in Beziehung zu anderen Menschen komme, desto mehr wandle sich die Selbstliebe zu Selbstsucht. Die vergesellschaftete Mensch oder die Gesellschaft an sich sei der Ursprung von allem Schlechten, zum Beispiel von Neid und Missgunst, Oberflächlichkeit, Ungerechtigkeit und natürlich auch von Ungleichheit unter den Menschen. Rousseaus Lehre beeinflusste viele andere politische Theoretiker und Philosophen des 18. und 19. Jahrhunderts, so auch Immanuel Kant.