
Nein, ich bin nicht technikaffin. Schon gar nicht computeraffin. Aber sprachaffin finde ich mich – und darum schlage ich mich mit derartigen Wörtern herum, ob mit Sym- oder mit Antipathie.
Früher hatte man ja eine Affinität zu einer Sache, einem Fachbereich, einer Tätigkeit: eine Nähe, ein Gefühl dafür, eine Neigung, eine Beziehung dazu, eine positive. Jetzt, da man uns diese häufig abverlangt, hat sich eine knappere Form aufgedrängt: die unsäglichen zusammengesetzten Adjektive.
Sportaffin, zum Beispiel, wäre ich ja. Doch möchte ich’s (meinem Kinde) eleganter sagen? Ich stehe auf Sport – da kommen allerdings seltsame Bilder auf: Ich stehe auf Rollschuhen –, Sport liegt mir (und nicht auf dem Magen), er bedeutet mir etwas bis viel; warum nicht gar: Ich liebe ihn? Als Zugabe allenfalls: Ich bin begabt, habe ein Talent dafür. Im negativen Fall: Ich habe mit ihm nichts am Hut. Er kann mir gestohlen bleiben.
Nur eben, wir haben jetzt affin zu sein. Nicht affig, aber wohl tieraffin. Nicht raffiniert, eher raffaffin, also gieraffin. Taff – auch weiblich: taffin. Und statt kaffeinfrei vielleicht grasaffin.
Man kann eine Beziehung zu Leblosem haben. Ich könnte mechanikaffin sein, vielleicht sogar uhraffin, ja staubsaugeraffin. Es fragt sich höchstens, was ich von der «Gegenseite» zurückbekomme, vom Staubsauger also; doch ist nicht Liebe zunächst mal einseitig? Näher liegen jedenfalls, wenn auch abstrakt, die Fächer, Gebiete: Wenn ich mathematikaffin bin, gibt mir die Mathematik offenbar etwas. Oder alles, sofern ich totalaffin bin. Wer spielaffin ist, verspielt seine Zeit, vielleicht sein Geld, aber erlebt Hochgefühle, fühlt sich schlaraffin – viel besser als schlafaffin. Und wer Höhen besteigt, tut’s nicht mehr alpin, sondern alpaffin.
Nähern wir uns doch den Menschen an? Auf dem Umweg über hundaffin, schafaffin, affaffin? Es ist im Duden unter «Affinität» auch von «Verwandtschaft» die Rede – zunächst chemischer. Aber es kann ja «die Chemie stimmen». Wir sind vermutlich nicht zu allen Verwandten affin. Nicht immer tantenaffin. Aber eventuell paaraffin (chemisch: Paraffin), gattaffin. Oder gastaffin. Gottenaffin, wenn nicht gar gottaffin. Oder neben genussaffin noch genossaffin (unter Kommunisten).
Das Gegenüber sollte mich ansprechen, das heisst mir zusagen, das heisst passen. Bloss, eigentlich muss zuerst von meiner Seite etwas vorhanden sein, ein Anknüpfungspunkt, eine Bindungsfähigkeit, chemisch oder sonstwie. Affinitätsaffin sollte ich sein.
Enfin, à la fin, also doch: Sei affin!
Kluge und witzige Sprachspiele! Ich muss sagen, ich verspüre eine gewisse Affinität zu dieser Kolumne 😉
Diese Gedanken- und Wortspiele gefallen mir sehr gut, auch wenn ich keine Affin bin. Gratuliere!
Lieber Herr Gfeller,
bin ich ‚coronaaffin‘, wenn ich es vorziehe mit meinen Doggys ‚alleinsam‘ durch den Wald pirsche, soll heissen, NUR dort hingehe, wo keine Menschen mit Mundschutzmaske rumlaufen, wenn ich – statt im Restaurant – ein Käsebrot- mit-Kaffe-aus-der-Thermoskanne auf einem Baumstumpf in der Herbstsonne mampfe, immer und immer wieder neue/alleinsame Wege entdecken möchte … soll heissen: immmer und überall aktuell die ‚Alleinsamkeit‘ suche? – Das macht mich glücklich :–)))
LG Venus aus München