Wie gross müssen die Konsequenzen sein, damit man von Risiko spricht? Geht es um Leben und Tod oder bloss um meine materielle Absicherung? Geht es um die Möglichkeit, mal auf die Fresse zu fallen? Ist etwas riskant, wenn es einfach dumm ist? Oder wenn das Resultat gewiss ist? Risiko wird gemieden, doch weshalb?
Gehen wir ein Risiko nicht mit der Idee ein, dem Guten eine Chance zu geben, zu gewinnen, mehr vom Leben zu haben? Ist irgendetwas in einem Menschenleben nicht mit Risiko behaftet? Jeden Tag könnten wir oder unsere Liebsten überfahren werden. Wir könnten krank werden oder unseren Job verlieren. Wir könnten verlassen werden und alleine dastehen oder einfach alles verlieren, was uns lieb ist.
«Wie gross müssen die Konsequenzen sein,
Noah Werder
damit man von Risiko spricht?»
Kopfschüttelnd könnte man jetzt zu bedenken geben, dass ich übertreibe. Klar, das alles ist unwahrscheinlich und wir sind uns dessen meist nicht bewusst – das ist ja auch gut so. Doch das Risiko verschwindet deshalb nicht.
Risiken im Alltag
Wann bin ich das letzte Mal bewusst ein Risiko eingegangen? Etwa als ich ohne Regenjacke aus dem Haus gestürmt bin, obwohl ich den unklaren Wetterbericht angeschaut hatte? Als ich bei Rot über die Kreuzung fuhr? Es hätte alles passieren können: Durchnässt hätte ich werden können oder noch schlimmer, von der Polizei erwischt. Das Risiko war vernachlässigbar, doch bewusst war ich mir dessen in diesen Momenten vielleicht doch nicht so ganz.

Aber es gibt noch ganz andere Risiken, die ich jeden Tag eingehe, ganz bewusst: Jemanden zu lieben zum Beispiel. Immer mit dem Risiko zu leben, verletzt zu werden, weil es einfach nicht klappt. Welches Risiko war es wert? Unnötige und nötige Risiken, wo liegt da die Grenze? Gibt es die überhaupt? War es nötig, bei Rot über die Kreuzung zu fahren? Meine Regenjacke zu Hause zu lassen? Jemanden zu lieben? Wieso vermeide ich nicht einfach alle Risiken? Weil damit jede Chance auf etwas Gutes, etwas Bedeutsames erlischt.
Die goldene Mitte finden
Wieso gehe ich dann nicht alle Risiken ein? Weil ich Angst habe, irgendetwas zu verlieren? Wieso nicht einfach mal über die Hauptstrasse laufen, ohne zu schauen? Wieso nicht mal alle Drogen ausprobieren? Wieso nicht mal ins Blaue studieren, was Freude und Neugier weckt? Wieso nicht mal den Job wechseln, wenn man unzufrieden ist? Wieso nicht mal jemanden lieben? Alles auf eine Karte setzen?
«Unnötige und nötige Risiken – wo liegt da die Grenze?»
Noah Werder
Offensichtlich ist es nicht gut, immer alles zu riskieren. Man muss sich Gedanken machen, welche Risiken es wert sind eingegangen zu werden. Was riskiert man und zu welchem Preis? Was wagt man nicht und zu welchem Preis? Ich weiss nicht, wo die goldene Mitte liegt. Vielleicht gibt es auch gar keine Mitte. Vielleicht sollten wir alle ein bisschen mehr riskieren. Es riskieren, uns zu öffnen, zu träumen, zu leben, selbst wenn es bedeutet, mal auf der Schnauze zu landen.
Vielleicht bedeutet das am Leben zu sein: Bewusstes Risiko.
Dieser Beitrag ist im Rahmen von «Bereit zum Risiko?» entstanden.