Die Kolumnen von Jung und Alt. Hier berichten die UND AutorInnen.
Jeder Mensch braucht eine innere Heimat, für mich ist es die deutsche Sprache, sie ist mein Haus, in dem ich schon lange herumspaziert bin. Ich kenne jede Kammer bis in die dunkelsten Ecken der Kellerräume. Als ich mit 29 Jahren nach Zürich kam, merkte ich den Unterschied zum «Züridütsch» nur undeutlich, schliesslich verstand mich doch jeder, wenn ich den Mund aufmachte.
Erst durch meine Kinder lernte ich, dass zur Grundausstattung eines Kindergärtelers ein Znünitäschli samt Finkli gehören. Ich tastete mich in dieser rätselhaften, aber lustig anschaulichen Mundart weiter voran: Vom Züri Gschnätzleten über Chrüsimüsi zum Himmugüegeli. Schliesslich begann ich die Mundart zu lieben, aber ich wusste: «Nimm die Wörter ja nicht zu früh in den Mund!»
Dann zogen wir nach Bern, aber «oha», dort tickten die Uhren anders, aber weil in jedem Anfang ein Zauber liegt, fasste ich Mut, marschierte in einen Bäckerladen und sagte: «Ich hätt gärn füf Müntschi!» Da versank die Verkäuferin hinter der Ladentheke ins Unbekannte, tauchte kurz wieder auf und bog sich vor Lachen. «Meinet dir Mütschli?» Nie wieder, schwor ich mir. Heute ist mir die Mundart wie Musik in meinem Haus, sie schmückt es mit Lautbildern, bringt vertrautes Leben mit. Ich habe es mir darin gemütlich gemacht, lese vergnügt die Mundartbeiträge im «Bund» und übe fleissig «Gopfertecku!», «Potz Himusiech», «Häb doch eifach d Schnurre, dummi Zwätschge!» Wenn ich nicht mehr weiter weiss, gibt es da noch den Fluchtweg durch die deutsche Hintertür ins Altvertraute. «Rette sich, wer kann».
Die gesammelten Kolumnen
Die Kolumnen von Jung und Alt. Hier berichten abwechslungsweise die UND-AutorInnen mit spitzer Feder über Themen aller Art.