
Die Chancen für die heutigen Jungrentner, frei von den Zwängen und Strukturen des Berufslebens gesund und fit das Leben nochmals zu geniessen, sind gut. Keine in Pension gehende Generation durfte je eine derart hohe Lebensdauer bei relativ guter Gesundheit erwarten. Dies ist eine wunderbare Errungenschaft, welche den in grosser Zahl in Rente gehenden Babyboomern fast unerschöpfliche Möglichkeiten eröffnet.
Die Altersstruktur und die Frage, was alt sein heisst in dieser Gesellschaft, wandeln sich schnell und radikal. In ihrem Unruhezustand erweitern die Jungpensionierten ihren Horizont nochmals mit neuem Schwung, sei es dank ihrer Mobilität, sei es durch lange verdrängte oder neu entdeckte Lernprojekte. Lernen ist durchaus «IN». Schliesslich sind die «Alten» auch für die Wirtschaft ein unverzichtbares Kundensegment. Doch ist wirklich alles nur positiv?
Vieles ändert sich mit dem Übergang in den dritten Lebensabschnitt grundlegend. Nach 35 bis 40 Jahren im strukturierten Erwerbsleben muss der Alltag allein oder in Partnerschaft wieder eigenverantwortllich gestaltet werden. Das Leben auf teils neuen Standbeinen oder Kompetenzen wieder zu stabilisieren erfordert Erfindungsgabe. Besonders dann, wenn Körper und Geist schon mal darauf hinweisen, dass doch nicht mehr alles machbar ist. Nicht wenige sind in ihren finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt. Somit kann ein nicht geringer Teil der beneideten Alten die sich bietenden vielfältigen Möglichkeiten nicht ausschöpfen.
Als für die Lebensmotivation und den Selbstwert wenig förderlich erweisen sich Tendenzen in unserer Gesellschaft, welche das Altwerden und Altsein diskriminieren. Zu viele, zu mobil, zu teuer – so klingen die Urteile. Und den Sozialversicherungssystemen wird es erst wieder besser gehen, wenn die Babyboomer gestorben sind, oder sich legitim selbst aus dem Leben verabschieden. In letzter Zeit aufkommende Diskussionen wollen diese Option nicht mehr ausschliessen. Doch vorher macht euch bitte nochmals nützlich.
Dabei konsumieren die Alten tagtäglich, halten sich fit und sind lernwillig. Sie nutzen die Kursangebote, füllen unsere Hörsäle an den Universitäten, begleiten SchülerInnen während und nach dem Unterricht, unterstützen die jungen Familien – und sie zahlen Steuern. Da ist es mehr als legitim, das Lernen im dritten Lebensabschnitt wieder primär selbstbestimmt den individuellen Interessen zuzuwenden.
Ein Kommetar zum Thema Lernen hat auch Tanja Mitric verfasst.