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Leben unter einer Gesundheitsdiktatur

Kein Schnupfen, keine Röteln, kein Krebs: Die Idee einer kerngesunden Menschheit, kontrolliert durch einen diktatorischen Staat, taucht in der Literatur auf. Lassen sich Parallelen zu unserer Gesellschaft finden? Eine Diskussion über «Corpus Delicti» und «Brave New World».

Mittwoch, 20. Februar 2019 Charlotte Häfeli (86)Miriam Weber (25)
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Wie ermüdend ein Tag ohne die Nacht!

Charlotte Häfeli (79)

NZZ am Sonntag vom 28. Okt. 2018: «Die Gesundheitsindustrie – Stichwort: Biotechnologie und psychosoziale Gesundheit – wird sich zur Leitfunktion für die gesamte Wirtschaft im 21. Jahrhundert entwickeln (…) um die Menschen in ihrem körperlichen und geistigen Wohlbefinden optimal zu unterstützen.»

Ich bin alt geworden. Mein achtzigster Geburtstag rückt immer näher. Und ich muss gestehen, dass ich nicht immer so gesund gelebt habe, wie es heute erwünscht ist. Ich habe früher geraucht, habe oft zu wenig geschlafen, weil der Abend mit FreundInnen so schön war. Manchmal habe ich mir zu viel vorgenommen und musste dafür büssen. Doch ich habe viel gelacht, habe gerne gearbeitet, ich war für meine Familie und meine FreundInnen da und habe sie verwöhnt. Und in den letzten Jahren habe ich oft geweint über den Verlust von geliebten Menschen. Ich darf sagen: Ich habe intensiv gelebt. Aber je älter ich werde, desto öfter bekomme ich zu hören, wie ich mein restliches Leben gestalten sollte. Ich müsste nun täglich mindestens 7000 Schritte gehen. Ich sollte mich gesund ernähren. Übungen für einen gesunden Rücken wären auch zu empfehlen. Ich soll fit bleiben, bis ich hoffentlich sanft entschlafe. Das alles mag meiner Gesundheit und unserer Gesellschaft zuträglich sein, und ich befolge das meiste in der Regel auch. Ich bin schliesslich kein verantwortungsloser Mensch. Aber ich will nicht bevormundet werden. Ich möchte selbstbestimmt weiterleben, auch wenn nicht alles wirklich «gesund» ist, was mir Freude macht. Im Gespräch mit Miriam wurde mir bewusst, dass wir heute ganz anders mit der Gesundheit umgehen als in meiner Kindheit und dass unsere Essgewohnheiten zunehmend von der Gesundheitsindustrie geprägt sind.

Leben ohne Schmerzen?

Wir leben in einer Zeit von fast totaler Machbarkeit. Der Mensch ist von der Schöpfung mit kostbaren Gaben beschenkt worden. Er erhielt die Vernunft, die Neugierde, die Kreativität und die Möglichkeit, freie Entscheidungen zu treffen. Diese Gaben hat er genutzt und so ist vieles in unserer Welt besser geworden. Krankheiten wurden besiegt, wir lernten mit den Naturgewalten umzugehen, und wir haben uns Regeln gegeben, die für ein gedeihliches Zusammenleben unerlässlich sind. Aber der Mensch hat seine Grenzen immer wieder überschritten und hat versucht einzugreifen. In unserer westlichen Gesellschaft ist fast alles machbar geworden. Ein glückliches und keimfreies Leben ohne Schmerzen, ohne Krankheiten und Hunger, Kinder nach Mass aus der Retorte und ständige gute Laune dank der Pharmaindustrie. Ist das wirklich die Welt, die ich mir wünsche? Gehören nicht Schmerzen, Krankheiten und Sorgen auch zu unserem Leben?  Wie grau wäre die Erde ohne Licht und Schatten, wie ermüdend ein Tag ohne die Nacht.

In Aldous Huxleys Welt wäre ich schon längst ungefragt, aber sanft zu Tode gebracht worden. Doch Julie Zeh lässt Mia Holls Bruder sagen: Nur wenn ich mich für den Tod entscheiden kann, besitzt die Entscheidung zugunsten des Lebens einen Wert. Ich möchte mich gegen ein vom Staat vorgeschriebenes «gesundes» Leben entscheiden können und meine restliche Zeit mit allen Facetten leben. Ich möchte am Ende sagen können: «Mein Leben war reich!»

Kurze Zusammenfassungen der Bücher stehen am Ende des Beitrages .


Das Fitnessarmband und die obligatorische, dazugehörende Smartphone-App. – Bild: Elias Rüegsegger

Zur eigenen Gesundheit gezwungen

Miriam Weber (19)

«DiesisteinArzneimittel.LesenSiediePackungsbeilageundfragenSieIhrenArzt oderApotheker.» Ich weiss noch genau, wie ich als kleines Mädchen mit meinen FreundInnen ein Spiel daraus machte, wer dieses Sprüchlein am schnellsten herunterleiern konnte. Welche Medikamente in der Werbung angepriesen wurden, musste uns nicht interessieren. Wir wussten, dass unsere Eltern den Hustensirup mit Erdbeergeschmack neben dem piepsenden Fiebermesser und den gelben Vitamintabletten im Badezimmerschrank lagerten. Den Fernseher brauchen die Kinder in der Hinsicht nicht. Nur Mama und Papa, die in unsere gesundheitsorientierte Gesellschaft hineingewachsen sind. Halswehtabletten im Necessaire sind für mich wie die Milch und das Thonbrötchen im Kühlschrank: eine Selbstverständlichkeit. Charlotte erzählt mir von ihrer Kindheit mit Lebensmittelmarken, ohne die heute gängigen Lebensmittelunverträglichkeiten, vom Aufwachsen mit Dreck, der als gesund galt. 60 Jahre später fällt mir auf, wie steril heute die Lebensmittel verkauft werden, wie immens der Überfluss an sorgfältig abgepackten Esswaren tatsächlich ist. Plötzlich erinnert mich meine Kindheit an «Corpus Delicti»: eine Kindheit mit minimalem Dreck. Zum Glück war es mir im Gegensatz zum Buch nicht verboten, im Wald spielen zu gehen und Schokolade zu essen. Trotzdem stellt sich mir die Frage: Nähern wir uns tatsächlich einer solchen Überwachung unserer Gesundheit?

Bald ein Chip im Arm?

Schrittzähler, Apples Health App, Weight Watchers Punktezähler: Die Liste mit Programmen, die unseren Zustand überwachen, mit denen wir unsere Gesundheit kontrollieren können, ist endlos. All diese Datenfresser haben eine Idealzahl im System gespeichert und die NutzerInnen jagen ihr hinterher. Egal, ob am Handgelenk oder in der Handtasche werden sie Schritt für Schritt gewollt aufgezeichnet.

Der Fitnesswahn hat eingeschlagen. Negativ über ihn zu berichten ist wahnsinnig einfach. Eigentlich sollten wir uns glücklich schätzen, denn wir können diese Chancen bewusst nutzen. So lange man den Schrittzähler am Ende des Tages im Nachttisch versorgen kann und sich die Health App zwar nicht löschen, aber deaktivieren lässt, haben wir noch die Kontrolle über unsere eigene Gesundheit. Noch überwacht sich jeder Mensch im eigenen Ausmass selbst. In einem Punkt waren wir uns einig: Im Endeffekt ist die «Gefahr» einer Gesundheitsdiktatur real. Doch der Mensch hat seinen Willen, seine ungesunden Vorlieben, an denen er festhält – wie Bodybuilder an Proteinshakes, wie kleine Kinder an Süssigkeiten. Diese Macken sollten wir mit offenen, nachfragenden, kritischen Augen nutzen, um einer ungesunden Gesundheitsüberwachung entgegen zu treten. Um sie zu erkennen, bevor Zeh oder Huxley recht bekommen.


Gesundheit? Sichtbar gewordener Wille

Aldous Huxley «Schöne neue Welt»: Das 1932 entstandene Werk wird bei jeder neuen biotechnologischen Entwicklung zuverlässig von den Medien zitiert. Huxleys Utopie spielt im Jahr 632 nach Ford, das wäre nach unserer Zeitrechnung 2450 nach Christus. Der Mensch wird in Retorten gezüchtet und je nach Bedarf des Staates mit besonderen Eigenschaften ausgestattet. Von den Alphas, mit intellektuellen Fähigkeiten bedacht, bis zu den Epsilons, zu niedrigeren Arbeiten prädestiniert. Jegliche Anwandlung von Melancholie, jeder kritische Denkvorgang, sowieso jede Art von Krankheit werden mit chemischen Mitteln bekämpft. Die Menschheit wird mit der Psychodroge «Soma» ruhiggestellt. Der immerwährende Genuss, die Lustbefriedigung und die verordnete Promiskuität sind Gebote, die es zu erfüllen gilt. Dieser Gesellschaft stellt Huxley drei Unangepasste gegenüber: Bernard Marx, den Alpha Plus mit seinen Zweifeln und seiner Unsicherheit. Dann John Savage, den sogenannten Edlen Wilden, Sohn einer Beta Minus, die sich vor Jahren in einem Indianerreservat verirrt hatte. Und Dr. Helmholtz Watson, Professor an der Hochschule für Emotionales Engineering. Diesen dreien stellt Huxley die junge, schöne und etwas verunsicherte Frau Lenina gegenüber. Sie löst bei Marx und Savage, aber auch bei sich selbst Gefühle aus, die nicht in das Wohlfühlsystem passen. Zur Untermalung der Geschichte verwendet Huxley Zitate aus den Werken von William Shakespeare, die als Kontrapunkt zu einer Welt ohne Sinn, ohne Kultur und Geschichte, ohne Alter und Tod und ohne Gott dienen. Die Rebellion der drei Unangepassten gegen eine sinnentleerte Gesellschaft ohne Werte eskaliert konsequenterweise zu persönlichen Katastrophen.


Rebellin der Unangepassten

Juli Zeh «Corpus Delicti»: Die Autorin beschreibt 2009 den Staat als Gesundheitsdiktatur. Alles beginnt in einem deutschen Amtsgericht, das einen Fall nachlässiger Gesundheitsvorsorge verhandelt. Eine junge Frau hat ihren Schlafbericht nicht eingereicht, ihren Blutdruck nicht gemessen und ihre sportliche Leistungsbereitschaft vernachlässigt. Die früher so rational handelnde Biologin Mia Holl versinkt in lähmender Trauer, nachdem ihr unangepasster, fantasievoller Bruder sich im Gefängnis erhängt hat, weil er seine Unschuld an einem Sexualverbrechen nicht beweisen konnte. Das Verhalten von Mia Holl muss bestraft werden, denn es widerspricht dem Glücksversprechen des sauberen Systems. In Ermangelung anderer Ideale und Werte hat die anonyme Macht die Sauberkeit zum Selbstzweck und den gesunden Körper zum Götzen erhoben.

Juli Zeh stellt sich den Sieg dieses Systems so vor, dass in Zukunft alle Abweichler beseitigt werden. In einer Zukunft, in der die sogenannte METHODE regiert, wird der Mensch zum Glück gezwungen. Als Präambel zur Erzählung dient das Zitat des Journalisten Kramer, der der METHODE bedingungslos ergeben ist: «Gesundheit ist sichtbar gewordener Wille. Ein Mensch, der nicht nach Gesundheit strebt, wird nicht krank, sondern ist es schon». Durch den prägnanten Erzählstil von Juli Zeh stellen sich Assoziationen zur heutigen Politik ein.

Beitrag von:

Charlotte Häfeli (86)

war Gemeinderätin in einer Landgemeinde und Stiftungsrätin bei SOS-Kinderdorf. Für dieses Hilfswerk hat sie Reisen nach Afrika, Asien, in den Kaukasus und nach Mittelamerika unternommen. Heute macht sie Radio bei «Radio Silbergrau».

Miriam Weber (25)

nimmt sich viel Zeit um die Welt zu erkunden. In ihren freien Stunden geht sie gerne reisen, macht Sport und schreibt über alles Mögliche.

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