Chiara Herold studiert englische Sprache und Literatur an der Universität Bern. Darüber hinaus interessiert sie sich für philosophische Fragen. Sie hat sich ein grosse Projekt vorgenommen: Sie will Menschen aus den verschiedenen Generationen zu lebensnahen philosophischen Themen befragen. Die Gespräche veröffentlicht sie auf philohr.com. Eine Tonspur mit Kindern und drei solche mit Jugendlichen sind bereits entstanden. Weitere Altersstufen werden folgen. Wir haben Chiara in Bern zum Gespräch getroffen.
Chiara, du arbeitest an einem grossen Projekt. Du möchtest Menschen verschiedener Generationen zu philosophischen Themen befragen. Wie weit ist dein Projekt schon fortgeschritten?
Ich bin dran, mit der Altersstufe 30-60 zu beginnen.
Du hast deine Arbeit mit den Kindern bereits in unserm Online-Portal vorgestellt. War das für dich eine befriedigende Erfahrung?
Ja, es gab auch gutes Echo. Man erzählte mir zum Beispiel, sie hätten sich die Tonspur angehört, zum Beispiel beim Zimmerräumen, und waren dann überrascht von Aussagen der Kinder, die sie ihnen gar nicht zugetraut hätten.
Und jetzt beginnst du mit der Altersstufe 18-30. Kommst du gut voran?
Ja, es meldeten sich dreissig Personen, schlussendlich waren es aber nur noch 24. In dieser Altersstufe kam es übrigens auffällig oft vor, dass sich die Angemeldeten verschliefen. Das hatte wohl oft mit einer vorausgehenden Party zu tun. Da ist Sonntag um 11 Uhr schon eine frühe Zeit. Ich hoffe, dass das bei älteren Generationen anders ist.
Das Thema, um das es geht, ist Philosophie. Das wird ja auch bei den Kindern ganz anders sein als bei den Jugendlichen. Hast du eine bestimmte Auffassung von Philosophie?
Die Kinder nahmen es locker, waren mutig, ihre Aussagen nahe am Alltag. Die Jugendlichen hatten schon Begriffe aus Schule und Lektüre und fanden die lebensnahen Themen, die ich ihnen vorgab, zu wenig philosophisch. Es entstanden dann Diskussionen auf der theoretischen Ebene. Mich selber interessiert das ja, aber einige wurden dadurch wohl eingeschüchtert.
Da waren wohl viele aus Gymnasium und Universität dabei?
Ja, die Jugendlichen kamen ja meist aus meinem eigenen Umfeld. Die Auswahl ist also überhaupt nicht repräsentativ.
Ich bin jetzt achtzig. Was denkst du, wie lange muss ich warten, bis ich dran komme?
Das wird wohl Winter. Ich hoffe, dass ich die Gespräche mit den 30-60-jährigen im Herbst führen kann. Genau kann ich es nicht sagen, da ich nicht weiss, wie rasch ich die nötigen Leute finde.
Ist es schwierig, Leute für dieses Projekt zu finden?
Bei den Kindern und Jugendlichen war das einfach. Jetzt ist es schwieriger. Es ist nicht mehr die Altersgruppe aus meinem Umfeld. Die Eltern der Kinder und Jugendlichen, die ich anfragte, zögern oft mit der Zusage.
Wenn ich in diesem Interview Menschen dieser Altersstufe zum Mitmachen motivieren möchte, was soll ich ihnen sagen?
Also, man kommt zu mir nach Hause, es gibt einen Apéritif, man lernt sich kennen. Es gibt auch Wein, das lockert auf. Dann folgt eine Stunde Gespräch. Dieses wird aufgenommen, aber was nicht stimmt, kann auch wieder herausgeschnitten werden.
Wie viele Leute sitzen da gleichzeitig am Tisch?
In der Regel sind es vier. Dabei achte ich darauf, dass sie sich vorher noch nicht kannten. Es wird interessanter so.
Und dann stellst du Fragen?
Bisher legte ich meist Blätter mit Stichwörtern auf den Tisch, um das Gespräch anzuregen. Zunehmend möchte ich aber zurücktreten und dem Gespräch selber seinen Lauf lassen. Es wäre schön, wenn die Teilnehmenden selber Fragen mitbringen würden, die sie in ihrem Alltag beschäftigen und die sie philosophisch klären möchten.