Mittwoch, 17. Juni 2017
Dialog im Rückblick
Nach dem gemeinsamen Besuch an der Künstlerbörse haben sich Anita und Annina per Mail darüber ausgetauscht über das was ihnen am besten gefiel.
Annina Reusser (22) und Anita Senn (64)
Annina:Was würdest du abschliessend zur Künstlerbörse sagen? Duhast eine Menge gesehen. Während der kurzen Zeit am Sonntagnachmittag, als ich dabei war, war ich schon sehr beeindruckt ob der verschiedenen Darbietungen. Beispielsweise bei «i tre secondi» im Lachensaal mit ihrer Begegnung mit dem Tod. Dass sie den Auftritt zweisprachig, in Italienisch und Deutsch, machen, hätte ich nicht erwartet. Ich bin froh, dass ich Italienisch verstehe. Wie hast du die Mehrsprachigkeit in diesen drei Tagen erlebt?
Anita: Ich fand «i tre secondi» sehr gut gelungen, weil es «reduced to the max» war, also reduziert auf’s Wesentliche. Toll gespielt – gutes Bühnenbild, witzige Ideen punkto Kostüme, tolle Körpersprache, gute Artikulation. Etliche französischsprachige Darbietungen waren für mich schwierig zu verstehen – sie waren eigentlich nur für Leute, die sehr gute Französichkenntnisse haben.
Annina:Was mirsehr gefiel war die Stimmung bei der Ustrinkete vor dem Kultur- und Kongresszentrum Thun (KKT). Wie sich da die Leute untereinander begegnen konnten, war schon toll. Auch das schöne Wetter hat sicher zur guten Stimmung beigetragen. Aber sogar ich, die nur so kurz da war, war fast ein bisschen traurig, dass es schon vorbei war . Wie fandest du eigentlich «schön&gut»? Das Duo, das am ersten Abend den Schweizer Kleinkunstpreis 2017 gewonnen hatten?
Anita: Sie haben ihn sicher zu Recht gewonnen. In 20 Minuten die verschiedenen Handlungsebenen und Charaktere gestisch, mimisch und stimmlich klar darzustellen war gut gemacht.Immer wieder standen die beiden auf ein Podest und mimten Vögel die sich über die Menschen unterhielten (die Spatzen pfiffen es von den Dächern). Du warst ja das erste Mal dabei. Wie fandest Du das Format der Darbietungen: ein Block von drei bis fünf verschiedenen Darbietungen à 20 Min.? Nach jeder Vorstellung gibt es eine Umbauphase während der man aus dem Saal gehen kann und andere Leute reinkommen können. Insgesamt waren vier ModeratorInnen zugange. Diese hatten dadurch einen Kurzauftritt. WaKouwa teatro haben mir am besten gefallen. Sie sind auch privat ein Paar und haben mit ihrer Mischung aus Clownerie, Musik und Jonglage wunderbare Uebergänge kreiert.
Annina: Ja, ich fand Herr und Frau Meise bei Schön & Gut auch super! Auch wenn es zuerst einen Moment dauerte, bis ich erkannte, dass es Vögel sind.
Ich war das erste Mal dabei, das stimmt, und ich würde sicher wieder gehen! Gerade wenn es lustig ist, macht Kleinkunst doch einfach gute Laune und entführt in eine etwas andere Welt. Auch die Blöcke mit je 20 Minuten Vorstellung haben mir gepasst – nicht zu lang und nicht zu kurz. Waren WaKouwa Teatro die beiden Moderatoren vor «i tre secondi», Ja, die haben mir gefallen!
Anita: ja genau – die waren immer toll, einfallsreich, akrobatisch, wortgewandt. Natürlich ist es immer schön, herzhaft zu lachen… Was ich aber auch gut fand, war das komisch-tragische Clownstück am Anfang.Ueli Bichsel und Silvana Gargiulo mit «Nichtsnutz» haben ein wunderbar groteskes Stück gezeigt bei dem es um das menschliche Bedürfnis nach Sicherheit geht. Es hat mich an die berühmte Rede von Dürrenmatt erinnert, in der er die Schweiz mit einem Gefängnis vergleicht. Dieser Anfang war super – überhaupt der erste Block mit feinen politischen Aussagen.
Also liebe Annina – hoffentlich bis zum nächsten Mal. Es macht immer Spass, mit Dir etwas zu erleben.
Donnerstag, 11. April – Rückblick
In den Katakoben der Künstlerbörse
Nicht nur die KünstlerInnen die auftreten sind im Sousol des KK-Thun an den Werbeständen vertreten, sondern auch alle die sich gerne von den Veranstaltern engagieren lassen wollen. Drei Stände habe ich besucht und die KünstlerInnen befragt und bin zum Beispiel auf «Kurt und Daisy» getroffen.

Sonntag, 23. April – das Finale
Über 3’000 BesucherInnen
Am Sonntag, 23. April, ging im Kultur- und Kongresszentrum Thun die 58. Ausgabe der Schweizer Künstlerbörse zu Ende. Die Schweizer Künstlerbörse ist Fachmesse und Festival zugleich und zählte 2017 laut den Veranstaltern über 3’000 Besucherinnen und Besucher aus dem In- und Ausland. Sie war damit auch in diesem Jahr restlos ausverkauft.

Über drei Tage zeigten im Kultur- und Kongresszentrum KKThun, im Kleintheater Alte Oele und in der Kirche Scherzligen mehr als 70 Formationen aus der Schweiz, Deutschland, Italien, Frankreich, Belgien und Schweden Ausschnitte aus ihren aktuellen Programmen. In der Exposition stellten sich über 180 Künstlerformationen und Agenturen den BesucherInnen sowie den ungefähr 200 Veranstalterorganisationen aus der ganzen Schweiz und dem Ausland vor.

Samstag, 22. April – der zweite Tag
Das Optimum an der Künstlerbörse
Die Schweizer Künstlerbörse läuft. Auch heute sind UND AutorInnen vor Ort. Ein Einblick gibt auch der Live-Stream der Schweizer Künstlerbörse. Hier erste Eindrücke des zweiten Tages in Bildern.
Freitag, 21. April – die Künstlerbörse, der erste Tag
15 Stunden und 20 Beiträge
Gestern um Mitternacht brummte mein Kopf wie ein Hummelnest, aber viele tolle Eindrücke habe ich mitgenommen, mehrere davon sogar bleibende.

Angefangen hat es mit dem Moderatorenteam Gerardo & Naïma, einem äusserst gegensätzlichen Gespann, auf die ich mich aber mit jeder neuen Ansage gefreut habe.
Ich will jetzt nicht über zwanzig Beitrage meine Meinung kundtun, aber über zwei; der eine davon war umwerfend, der andere hat mich umgehauen.
Umwerfend waren Ueli Bichsel und Silvana Gargiulo mit NICHTSNUTZ. Zwei Clowns mit roten Nasen, naiv und poetisch, berührend. Katalogtext: «In Nichtsnutz bauen sich zwei Clowns ein Gefängnis und führen unser aller Bedürfnis nach Sicherheit ad absurdum. …Und sie fragen mit der Clowns eigenen Naivität danach, was wir meinen, wenn wir sagen, dass wir «frei» sind.
Ich will jetzt nicht über zwanzig Beitrage meine Meinung kundtun, aber über zwei; der eine davon war umwerfend, der andere hat mich umgehauen.
Das macht Lust, sich das ganze Programm anzusehen und ich hoffe, das dann auch mal in der Nähe tun zu können.

Umgehauen hat mich Peter Shub, ein Amerikaner. Visuelle Comedy, heisst es. Von ihm, mit ihm und auch noch unter eigener Regie. Ob er einer Basilikumstaude einen «Haarschnitt» verpasst, sich an der Garderobe aufhängt oder mit dem imaginären Hund Gassi geht, es ist verblüffend. Schwarzer Humor, Slapstick und verrückte Ideen in Hülle und Fülle. Er überrascht sogar mit Vorhersehbarem.
Eine geballte Ladung in 20 Minuten. Man fragt sich, ob er das 90 Minuten durchziehen kann? Ich bin sicher.

Ja und die anderen 18 Darbietungen waren von super, toll, sehr gut bis gut. Zugegeben, bei zwei oder drei Vorstellungen, habe ich daran gedacht, dass draussen die Sonne scheint.

Donnerstag, 20. April – die Eröffnungsgala in Bildern
Bildreportage: das war die Eröffnung
Donnerstag, 20. April – die Eröffnungsgala
Schön begonnen – gut geendet
Unser persönlicher Beginn am ersten Tag der Schweizer Künstlerbörse in Thun war weniger lustig, Mariëlle Schlunegger hatte Fahrplanprobleme und so konnten wir, dank verspätetem Beginn wegen des grossen Andrangs, noch als allerletzte in den Schadaussal huschen, um dann äusserst kompliziert und auffällig unsere Sitzplätze zu finden.
Der Kleinkunstpreis der Schweiz wurde gestern Abend von Gardi Hutter an das Duo Schön&Gut übergeben. schön&gut sind Anna-Katharine Rickert und Ralf Schlatter, die seit 2003 auf den Kleinkunstbühnen anzutreffen sind. Virtuos, witzig, politisch und poetisches Kabarett.

Bis es aber soweit war, gab es Ansprachen. Die Co-Präsidentinnen Daniela Agustoni und Irene Brioschi eröffneten den Redereigen, abwechselnd sowohl personell wie sprachlich. Danach hatte Raphael Lanz das Wort und erwähnte, dass in Thun der Frühling beginnt, wenn Künstlerbörse ist. Regierungsrat Bernhard Pulver lobte ebenfalls die Kleinkunst und das künstlerische Schaffen in der Schweiz und schaffte das Kunststück, in einem Satz drei Sprachen unterzubringen. Die Direktorin des Bundesamtes für Kultur, Isabelle Chassot, kompetent, sachlich und mehrsprachig, konnte leider mein bereits überfüttertes Aufnahmevermögen nicht mehr voll aktivieren. Mir wurde meine mangelnde Vielsprachigkeit zum Verhängnis. Von den sechs gesprochenen Sprachen, Deutsch, Französisch, Italienisch, Rätoromanisch, Schwiizerdütsch und Englisch, spreche ich bloss dreineinhalb. Die Vielsprachigkeit ist ein Markenzeichen der Künstlerbörse.
Die Laudatio von Gardi Hutter war kurz und bündig, stimmig, keine in die Länge gezogene, Spannung erzeugende Umschlagöffnung. schön&gut!
Nach dem von der Stadt gesponserten Pausenapéro kam es zu einem fulminanten zweiten Teil. Musique en Route, Zidóni, Eclecta, ohne Rolf, Lionel Frésard, Ulan und Bator, 9 Volt Nelly und Alex Porter traten einzeln, zu zweit und am Schluss alle zusammen auf. Durch den Abend führten die Moderatoren David Melendy und Marjolaine Minot.