«Ca suffit», es genügt, klingt es in meinen Ohren. Das Fachwort «Suffizienz» geistert seit langem in den Medien herum und meint: Lebe bescheidener, verbrauche weniger, Mutter Erde wird es dir danken. Wenn du etwas kaufst: Wähle Qualität statt Quantität, vor allem brauchst du weniger, als du meinst. Zügle dein konsumorientiertes Verhalten, prüfe alles auf Nachhaltigkeit, besonders, wenn es ums Essen geht, wenn du gerade etwas Exotisches auf deine Gabel schiebst. Kurz gesagt: Denke um.
Wir Menschen lieben Besitz. Neben dem Lebensnotwendigen häufen wir ständig Dinge an, von denen wir glauben, dass wir sie brauchen. Wir erliegen sehr willig den Verlockungen des Konsums angesichts von Mustern und Farben, schönen Formen, Stoffen und exotischen Gegenständen. Habseligkeiten machen zufrieden, diese wahr gewordenen Antworten auf unendliche Wünsche.
So häuft sich einiges an und das Ergebnis sind vollgestopfte Schubladen und zum Platzen volle Kleiderschränke, die danach lechzen, geräumt zu werden. Das tun wir allerdings nicht. In Schachteln und Gelassen horten wir Dinge, wo sie oft ein ungeliebtes Dasein fristen. Vielleicht kann ich es irgendwann nochmal brauchen?
Nachhaltig oder weiter wie gehabt
Den Widerspruch zwischen unserem üppigen Leben und der Endlichkeit der natürlichen Ressourcen unseres Planeten kennen wir genau. Der Kern des Problems liegt in unserem Geschäftsmodell «Wachstum und Wertschöpfung », dem allerdings Grenzen gesetzt sind, sobald die natürlichen Ressourcen verbraucht sind. In der Debatte um eine Lösung moralisieren die einen. Sie trompeten in alle Richtungen: «Weniger ist mehr»; die anderen wollen das Problem mit höherer technologischer Effizienz in den Griff bekommen. Viele Konsumenten setzen auf dieses Pferd. Sie vertrauen eher auf die Erfindergabe des Menschen als auf ihre Fähigkeit, ihr eigenes Verhalten zu verändern.
Wie wir sind und was uns eigen ist, lässt sich leicht an spielenden Kleinkindern im Sandkasten ablesen: «Nimm mir meine Sachen nicht weg, sonst bekommst du es mit mir zu tun; das hier ist meins», und schon beginnt der Streit beginnt.
Genügsamkeit beginnt mit einem Ja
Da trage ich die Taschen mit getrenntem Sammelgut brav zum Container und neben mir rasselt eine Ladung grober Bauschutt, gemischt mit Metallzeug und Holzbalken, in eine Mulde. Ist das ein faires Verhältnis? Ich verwende Tüten mehrmals und der Supermarkt strotzt vor Plastikverpackungen. Die Dinge sind sehr komplex und unsere Lebensweise damit eng vernetzt. Es ist schwierig zu erkennen, ob unsere individuellen Entscheidungen etwas bewirken, deshalb fangen wir am liebsten gar nicht erst an, etwas zu verändern. Oder vielleicht doch?
Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es
Trotzdem vertraue ich auf unsere Vernunft: Es muss doch möglich sein, gesellschaftliche Massstäbe und Werte umzupolen. Nicht Gewinnmaximierung, sondern Verträglichkeit mit unserer Lebensgrundlage bringt die grösste Anerkennung ein. Nicht der Vielflieger, sondern der Fussgänger und Velotüchtige macht das Rennen um den kleinsten CO2-Abdruck. Wir lassen keine Werbung mehr zu für «big is beautiful», sondern für Ideen, die das Masshalten in unseren Köpfen verankern.
Leistung und Wettbewerb auf Nachhaltigkeit trimmen? Unsere Welt auf den Kopf stellen? Geht’s noch?
Tatsächlich wehrt sich unsere Sammlernatur und Schlafmützigkeit energisch dagegen. Zwar gibt es freiwillige Ansätze, aber ein harter Schnitt muss für alle kommen. Bis sich die Wirtschaft, das heisst ihre Akteure, als Verursacher der Probleme bekennen und sich beteiligen, wird es noch dauern. Bis dahin können wir KonsumentInnen aber bei jedem Kaufentscheid unseren gesunden Menschenverstand sprechen lassen: «Stopp, es reicht. Wegwerfgesellschaft adieu! Ich tue, was ich kann.»