Kürzlich habe ich geträumt, ich hätte ein Kind bekommen. Im Traum war alles sehr harmonisch und es gab keine Probleme. Als ich aufwachte, begann mich die Sache zu beschäftigen.
Was wäre, wenn ich tatsächlich überraschend Mutter würde? Ich würde mich sicher freuen, gleichzeitig würde mich ein Kind vor eine ganze Reihe neuer Herausforderungen stellen: Ich müsste mein Studium für eine Weile unterbrechen und müsste mit dem Vüber die Wohnsituation diskutieren. Ich müsste einen Kita-Platz für das Kind haben, damit ich das Studium weiterführen könnte. Ich müsste mich organisieren, rund um Ausbildung, Arbeit, Kinderbetreuung, Haushalt, Finanzierung, gemeinsam mit dem Vater des Kindes.
Kurz: Ein Kind zu bekommen wäre im Moment gerade sehr ungünstig. Doch selbst, wenn beide Eltern ausgebildet, berufstätig und finanziell unabhängig sind – wenn sie Kinder kriegen, stellt sich ihnen unweigerlich die Frage nach dem Familienmodell.
Ich selbst, wie wohl die meisten Frauen meiner Generation, kann mir nicht vorstellen, meine Ausbildung oder meinen Beruf aufzugeben und zu hundert Prozent Hausfrau und Mutter zu sein. Ich mache mein Studium schliesslich, um einen interessanten Berufsweg gehen zu können, und nicht, um die Jahre totzuschlagen, bis ich «reif» und «alt genug» bin, um mich um Haus, Herd und Kinder zu kümmern! Ich würde dasselbe auch niemals vom Familienvater fordern. Es bleibt also die Variante der «Arbeitsteilung»..
Hier gibt es weitere Entscheidungen zu treffen. Wer betreut die Kinder, wenn beide Eltern arbeiten? Welcher Elternteil arbeitet wie viel? Teilzeit oder Vollzeit? Welche Auswirkungen hat das auf die Karriere, die beide vielleicht machen wollen? Welche Auswirkungen hat das auf die Kinder, auf die Familie als als Ganzes?
Abgesehen davon, dass die Eltern herausfinden müssen, wie sie ihren Alltag organisieren wollen, gibt es viele gesellschaftliche, familienpolitische und berufliche Hindernisse, die sich ihnen in den Weg stellen: der Mangel an öffentlichen Kita-Plätzen, die kontroverse Diskussion um die sogenannte «Fremdbetreuung», die Vorurteile gegenüber «Hausmännern» und «Karrieremüttern», die weitgehend fehlenden Möglichkeiten für Väter, Teilzeit zu arbeiten, die gläserne Decke für «Karriere»-Frauen, und, und, und.
Ich wünschte mir, dass alles sehr harmonisch und ohne Probleme wäre, wenn ich Mutter würde, so wie in meinem Traum. Zwar hoffe ich, dass so schnell wie möglich etwas passiert in der Familienpolitik, dass jedes Kind einen Kita-Platz erhält und dass jede Frau die Karriere machen kann, die sie will, ob sie nun Kinder hat oder nicht. Nur bin ich leider nicht sehr optimistisch. Viel muss noch geschehen, bis es soweit ist, und in der Schweiz dauert es häufig sehr lange, bis ein politischer Wandel stattfindet. Trotzdem, und gerade deshalb, finde ich es wichtig, dass wir die Diskussion um das Thema aufrechterhalten und uns für eine faire und gleichberechtigte Familienpolitik einsetzen. Sonst werden noch meine Enkelinnen mit denselben Problemen kämpfen.
Frauen – wir müssen reden!
Jetzt muss geredet werden: In dieser Serie fassen sie in Worte, was ihnen unter den Nägeln brennt, und nehmen ihre Geschlechtsgenossinnen in die Pflicht.