Der, die Eine stellt Fragen – von der, dem Anderen werden Antworten erwartet. Wenn die nun nicht gleich auf der Hand, im Mund liegen? Er, sie zögert – oder auch nicht; dann kommt’s: «Das ist eine gute Frage.» Was drückt dieser kaum bedachte Satz aus?
Er tönt zunächst nach einem Lob für den Interviewer. Da hast du dir etwas Raffiniertes ausgedacht. Nicht gerade das Naheliegende; ich bin etwas überrascht und muss nachdenken. Aber auch: Das zielt nach dem Kern der Sache, bleibt nicht an der Oberfläche, darum würdige ich’s mit Überlegung. Du hast dich gut vorbereitet. Schon mal ein Vorschuss-Punkt für die Fragende, das tut der gut.
Allerdings kann’s auch heissen: Oh, daran habe ich noch nie gedacht. Pause. Darauf wird es keine einfache Antwort geben. Reden wir vorerst mal um den Brei herum. Vielleicht auch mal: Sowas kommt doch niemandem in den Sinn. Was soll ich denn darauf sagen? Oder ironisch: Das ist aber eine gute Frage – hätte ich dir gar nicht zugetraut.
Das Gegenteil wird es kaum je geben: «Das ist eine schlechte Frage.» Würde ja bedeuten: Du bist als Frager unfähig. Was mutest du mir da zu? Das erhellt die Sache keineswegs. Eine Kampfansage ans Gegenüber – wäre eine solche gelegentlich, im Zeitalter der aggressiven Medien, angebracht? Sollten sich Opfer wehren, wenn sie unschön angegangen werden, etwa weil sensationelle Auskünfte gesucht sind? An sich wimmelt es im Alltag ja von schlechten Fragen: Verdrehten, hinterhältigen, rhetorischen, Fang- oder Schein-Fragen.
In der Regel sollten doch zwei GesprächspartnerInnen stillschweigend einen Pakt eingehen – einander zu fordern, aber auch Chancen einzuräumen. Chancen für gute Antworten dank guten Fragen.
Kürzlich habe ich eine bemerkenswerte Alternative gehört. Der irakische Autor Usama Al Shahmani hat einer Berner Interviewerin lächelnd mehrfach erwidert: «Das ist eine schöne Frage». Muss das nicht die Beziehung zwischen den beiden aufbessern? Echtes Lob wiederum; aber auch eine Freude des Befragten darüber, dass er hier Auskunft geben darf. Ein Sprungbrett für beide.
Fantasieren wir noch ein bisschen, steigern wir… «Das ist eine hässliche – eine gemeine – eine unerhörte Frage»; da dürfte die Stimmung im Eimer sein. Hingegen «das ist eine wundervolle – eine prächtige – eine monumentale Frage»! Eine leckere – eine süffige – eine mundgerechte – eine aufregende – eine stimulierende – eine adrenalinhaltige – eine atemberaubende…
Warum nicht? Eins scheint sicher: Für unsere Gesprächs-Kultur, die man doch so gern beschwört, können gute Fragen nicht schaden.