Das letzte «Wissenschaftscafé» in diesem Jahr hat auf dem Podium die Herren Prof. Eckart Zitzler von der PHBern, Andreas Hieber vom Lernetz Bern und Kurt Meister vom FabLab Bern vereinigt – lauter Experten im Umgang mit digitalen Technologien, die sich für die Schulen engagieren. Moderiert hat Brigitte Mader von Radio SRF.
Dass die Computer in den Klassenzimmern Einzug gehalten haben, versteht sich von selbst. Was ist der Gewinn dabei?
Wenn jeder über sein eigenes Gerät verfügt, können individuelle Lernprozesse vollzogen werden, im persönlichen Tempo, mit eigenen Akzenten, auch mit Beihilfe durch eine Lehrperson, mit mehr Kontakt zu ihr, so E. Zitzler.

Zusammenarbeiten innerhalb der Klasse, aber auch über Schulhäuser, ja Länder hinweg wird sehr erleichtert. Wir haben ein Fenster zur Welt: das Internet mit seinem riesigen Wissen; darin werden wir zu Forschenden. Eine praktische Umsetzung führt K. Meister vor: vom technischen Zeichnen – jetzt eben am Computer – zur Herstellung eines Objekts durch den 3D-Drucker. Der Erfolg einer Arbeit wird da unmittelbar ersichtlich.
Sind unsere Schulen auf der Höhe der Zeit?
Wegweisend ist heute der Lehrplan 21. Der sieht nicht nur vor, dass, wie bisher, Informatik behandelt wird; vielmehr sollen Computer überall als Arbeitsinstrumente einbezogen sein. Die SchülerInnen müssen den Anschluss an die heutige Arbeitswelt schaffen können. Es ist unsinnig, von den neuen technischen Mitteln absehen zu wollen, betont A. Hieber; ein Handy-Verbot in Schulen etwa bringt gar nichts. SchülerInnen werden die Geräte ohnehin nutzen. Es gilt, sinnvoll an diese heranzugehen, die emotionalen oder sozialen Aspekte einbeziehend.
Gibt es «gutes digitales Lernen»?
Ja, wenn mehr Erkenntnis gewonnen wird. Lernerfolge lassen sich nicht einfach messen. Doch das Arbeiten wird erleichtert. Ohne Anleitung, ohne Lehrpersonen allerdings wird kaum Gutes herausschauen. Wichtig ist, das richtige Werkzeug am richtigen Ort einzusetzen; auch die herkömmlichen Techniken («von Hand») behalten ihren Sinn, so K. Meister. Nicht allen Lehrpersonen liegt der Umgang mit neuen Techniken; die Freiheit soll weiter bestehen, wie weit man damit gehen will.
Sind die Kosten für digitale Ausrüstung nicht übermässig?
Nein. Die Technologie ist nicht umsonst zu haben. Doch sie macht (an Zürcher Schulen) 3 % des Budgets aus; 10 % wären aber angemessen, meint A. Hieber. Die Gemeinden haben dafür zu sorgen, dass ihre Schulen richtig ausgerüstet sind und Support erhalten.

Ein Problem, so E. Zitzler, stellt allerdings die Schnelllebigkeit in der digitalen Welt dar: Das Neuste ist rasch nicht mehr aktuell, auch nicht mehr «cool». Ebenso bietet die Kompatibilität Schwierigkeiten, wenn Studenten ihre eigenen Geräte haben.
«Ich bin kein Digital Native», sagt die Junge

Digitalisierung im Klassenzimmer scheint zu polarisieren. Aus welchem Grund sonst, würden sich drei Lehr-und Bildungspersonen auf eine Bühne stellen und diese verteidigen und erläutern. Wie auch aus kritischen Rückfragen von den älteren Zuhörern ersichtlich ist, scheint Digitalisierung eine bedrohliche Wolke am Himmel zu sein. Diese Sicht ist weit von der Realität entfernt. Denn die totale Digitalisierung ist in Beruf und höherer Ausbildung längst Realität. Es wird auch die Realität der nächsten Generation sein. Dabei gibt es aber ein Problem. Entgegen dem Mythos wird niemand als Digital Native geboren. Das «Talent» für den Umgang mit Computern bringt der Storch nicht als Dreingabe. Das Werkzeug Computer muss in seiner Beherrschung erlernt werden, wie eine Nähmaschine. Und nun ein persönliches Bekenntnis – ich mag Computer nicht. Mir fiel es schwer, den Umgang damit zu erlernen. Der «Digital Native» unserer Familie ist mein 50-jähriger Onkel. Doch meine und die nachfolgenden Generationen haben keine Wahl mehr. Die Digitalisierung des Alltags ist kein Gespenst der Zukunft, sondern eine Realität. Deswegen muss die Schule eine entsprechende Ausbildung bieten.
Kommentar: Der Eindruck eines Älteren

Zu diesem «in-Thema» hat sich keiner der Experten radikal oder einseitig geäussert. Wo man kaum Sicheres aussagen kann – etwa zu Vorgängen im Hirn oder zu den Lernerfolgen –, hat keiner ein Wissen vorgespiegelt. Traditionelle Werte unserer Schulen bleiben ihnen wichtig; und als Leitsatz für die ganze Diskussion dürfte gelten: Computer bleiben Werkzeuge. Auch skeptische Zuhörer sollten sich befriedigt finden.
Wissenschaftscafé bei Orell Füssli Thun, 14. Nov. 2016. Der Anlass hiess «Das Klassenzimmer 3.0.»: Hier geht’s zur Website vom Wissenschaftscafé.