Text: Daniela Brandinu und Elisabeth Erb
Fasten gehört zu den ältesten Kulturtechniken der Menschheit und ist tief in unserer Geschichte verwurzelt. In vielen Religionen, wie dem Christentum und dem Islam, ist Fasten ein zentraler Bestandteil spiritueller Praktiken. So erinnern sich Christen in der Fastenzeit vor Ostern an die 40 Tage, die Jesus in der Wüste fastete. Muslime sehen den Ramadan als eine Zeit der spirituellen Reinigung und Nähe zu Allah. Seinen Weg in die Medizin fand das Fasten Ende des 19. Jahrhunderts – traditionelle Praxis wurde zur medizinischen Therapie.

In der Tierwelt sind lange Phasen ohne Nahrungsaufnahme aufgrund fehlender Beute oder während des Winterschlafs ganz normal. Auch der menschliche Körper ist von Natur aus in der Lage, sich solchen Bedingungen anzupassen. Historisch gesehen war Fasten oft eine Notwendigkeit. In Zeiten von Nahrungsmittelknappheit, ob durch Klima, Ernten oder andere Faktoren, mussten Menschen ungewollt fasten. Heute leben wir in einer Welt des Überflusses, was zu den unterschiedlichsten gesundheitlichen Problemen führt.
Ob bewusst oder unbewusst, Fasten ist evolutionsbiologisch sinnvoll und kann positive Prozesse im Körper anstossen. Dabei geht es nicht nur darum, ein paar Pfunde zu verlieren. Es geht vielmehr darum, aufzuräumen, alte Verhaltensmuster abzulegen, neue Perspektiven zu gewinnen und sich selbst näherzukommen. Für viele ist es ein Neustart für Körper und Seele.
Die Kunst des Verzichts
In unserer modernen Welt, sind wir ständig von einer Vielzahl an verlockenden, aber oft ungesunden Speisen und Getränken umgeben: Fast Food, Süssigkeiten, stark verarbeitete Snacks und zuckerhaltige Getränke. Diese Nahrungsmittel sind nicht nur leicht verfügbar, sondern auch oft günstiger und bequemer als gesunde Alternativen. Alte Essgewohnheiten und die ständige Verfügbarkeit von ungesunden Nahrungsmitteln üben eine starke Anziehungskraft aus. Daher gewinnt in unserem Alltag der bewusste Verzicht auf bestimmte Lebensmittel und Gewohnheiten eine immer grössere Bedeutung. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Genuss zu kurz kommen muss. Im Gegenteil: Durch bewussten Verzicht lernen wir, die einfachen und natürlichen Lebensmittel mehr zu schätzen und unsere Mahlzeiten wieder bewusster zu geniessen. Fasten kann somit als ein kraftvoller Impuls dienen, um einen neuen, gesünderen Lebensstil zu beginnen.
Stoffwechsel im Fastenmodus
Für Zeiten ohne Nahrungszufuhr hat unser Körper ein Notprogramm parat – den so genannten «Hungerstoffwechsel». Damit versucht sich der Körper möglichst lange ohne Nahrung am Leben zu halten. Die benötigte Energie wird dann nicht mehr aus äusserer Nahrung, sondern aus körpereigenen Depots bezogen. Unser Körper greift auf gespeicherte Kohlenhydrate, Proteine und Fette zurück. Um möglichst viel Energie zu sparen, wird der Stoffwechsel stark gedrosselt und der Grundumsatz, also die Energie, die im Ruhezustand verbraucht wird, gesenkt.

ideal für das Fasten. – Bild: unsplash
Bei vielen Menschen bleibt der Stoffwechsel auch nach der Fastenkur noch gedrosselt, was dann zu einer schnellen Gewichtszunahme führt, sobald wieder «normal» gegessen wird. Der so genannte Jojo-Effekt kann durch eine möglichst ausgeprägte Aufbauphase nach dem Fasten, in der der tägliche Kaloriengehalt der Mahlzeiten schrittweise erhöht und der Stoffwechsel durch geeignete Massnahmen angeregt wird, verlangsamt werden. Wer auf den Jojo-Effekt verzichten möchte, sollte nach dem Fasten dauerhaft auf eine gesunde Ernährung umstellen.
Arten des Fastens
Es gibt zahlreiche Fastenmethoden, die sich in ihrer Methodik und Dauer unterscheiden:
- Heilfasten nach Buchinger: Diese Methode wurde von Dr. Otto Buchinger entwickelt und umfasst eine Kalorienzufuhr von 250 bis 500 Kilokalorien pro Tag, hauptsächlich durch Gemüsebrühe und Säfte.
- Basenfasten: Hierbei wird ausschliesslich basenbildende Nahrung, hauptsächlich Obst und Gemüse und Salate gegessen, um den Körper zu entlasten.
- Teilfasten zum Beispiel mit Suppen: dabei ist es möglich, am Morgen eine leichte Hafersuppe und am Mittag und Abend eine Gemüsesuppe zu essen. Dies hilft vor allem auch Personen, die eine sensible Verdauung haben, arbeiten müssen während dem Fasten oder für die ein strengeres Fasten zuviel ist.
- Fasten nach Professor Doktor Valter Longo: Diese Methode erlaubt eine reduzierte Kalorienzufuhr (circa 750 Kilokalorien pro Tag) und konzentriert sich auf pflanzliche Inhaltsstoffe, hochwertige Fette und komplexe Kohlenhydrate.
- Intervallfasten: Bekannt ist die 16:8-Methode, bei der 16 Stunden gefastet und in den verbleibenden 8 Stunden gegessen wird. Alternativ gibt es die 5:2-Methode, bei der an fünf Tagen normal gegessen und an zwei Tagen gefastet wird.
Wichtig ist bei allen Fastenarten eine gute Vor- und Nachbereitung.
Welche Methode für mich?
Welche die richtige Fastenmethode für jemanden ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben den körperlichen Voraussetzungen und dem Ziel spielen auch die Zeit und die Lebensumstände eine Rolle. Möchte man neben der Arbeit oder im Familienalltag fasten oder sich dafür eine Auszeit nehmen? Fastenbegleiter:innen und Ernährungsberater:innen können hier beraten.
Positive Effekte des Fastens
Fasten bietet zahlreiche gesundheitliche Vorteile, die weit über den kurzfristigen Verzicht hinausgehen:
Entgiftung: Durch das Fasten wird der Körper von Giftstoffen und überschüssigen Stoffwechselprodukten befreit. Dies kann zu einem gesteigerten Wohlbefinden und einer besseren Gesundheit beitragen.
- Gewichtsverlust: Fasten kann effektiv helfen, überschüssiges Gewicht zu reduzieren und das Körpergewicht langfristig zu stabilisieren.
- Verbesserte Stoffwechselprozesse: Fasten fördert die Autophagie, einen Prozess, bei dem der Körper beschädigte Zellen und Proteine abbaut und recycelt. Dies kann die Zellgesundheit verbessern und vor chronischen Krankheiten schützen. Es bedeutet «Ernährung von Innen».
- Geistige Klarheit: Viele Menschen berichten, dass sie sich während des Fastens geistig klarer und fokussierter fühlen. Der bewusste Verzicht kann zu einer verbesserten Konzentration und inneren Ruhe führen. Gewisse Probleme gewinnen mehr Abstand. Es hilft Standortbestimmung zu machen um wieder mit neuen Impulsen den Alltag zu bewältigen. Oft hilt es auch Entscheidungen zu fällen.
- Bewussterer Umgang mit Lebensmitteln: Fasten kann helfen, die eigenen Essgewohnheiten zu reflektieren und eine achtsamere Beziehung zur Nahrung zu entwickeln.
Warum wird Fasten kritisiert?
Fasten wird aus verschiedenen Gründen kritisiert. Die Argumente der Kritiker sind zum Beispiel eine mangelnde Nährstoffzufuhr, Muskelabbau, Stoffwechselverlangsamung. Diese Kritikpunkte sind berechtigt, bedeuten aber nicht, dass Fasten generell schlecht ist. Es gibt wissenschaftliche Studien, die auf die potenziellen gesundheitlichen Vorteile hinweisen, wie die Förderung der Zellreparatur, die Verbesserung der Insulinsensitivität und die Unterstützung der Gewichtsabnahme. Wichtig ist, dass man sich vor dem Fasten gut informiert und sich idealerweise eine Fastenbegleitung sucht, um sicherzustellen, dass es sicher und effektiv ist.

Für wen ist es geeignet?
Grundsätzlich ist Fasten für gesunde erwachsene Menschen geeignet. Menschen mit Gicht, Nierensteinen, Herzmuskelerkrankungen, Demenz, Leber- und Nierenerkrankungen, Magen-/Darmgeschwüren, psychischen Erkrankungen sowie Schwangere, Stillende und Kinder sollten auf das Fasten verzichten oder Basenfasten. Menschen mit chronischen Krankheiten oder Stoffwechselerkrankungen sollten sich vor einer Fastenkur immer mit ihrem Arzt absprechen.
Ganzheitliche Chance
Die Kunst des Verzichts ist eine wertvolle Strategie, um langfristig gesünder und bewusster zu leben. Fasten und der bewusste Verzicht auf ungesunde Nahrungsmittel können nicht nur das körperliche Wohlbefinden verbessern, sondern auch zu einer tieferen Wertschätzung und Achtsamkeit im Umgang mit Nahrung führen sowie Körper, Geist und Seele in Einklang bringen. In einer Gesellschaft, die von Überfluss geprägt ist, kann der Verzicht eine befreiende und bereichernde Erfahrung sein, die zu einem nachhaltigeren und gesünderen Lebensstil führt.
Fasten im Offenen Höchhus
Elisabeth Erb und Daniela Brandinu leiten eine Entlastungs- und Fastenwoche im Offenen Höchhus in Steffisburg.
Informations- und Vorbereitungsabend: 28. Februar 2025, 19.30 Uhr
Fastentreffen: 22. bis 26. März 2025
Anmeldung: Daniela Brandinu, daniela@360gradernaehrung.ch, und Elisabeth Erb, erbelisabeth@sensemail.ch