Generationentalk zum Nachschauen und Nachhören
Als Videopodcast: Youtube
Als Audiopodcast: Soundcloud | Spotify | Apple Podcast
Im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Erbrechts per 1. Januar 2023 wird häufig über die neue Pflichtteilregelung «Erben – Gut und Güter fürs Leben»: So hiess der Generationentalk, der am 20. Dezember 2022 in der Cafébar des Berner Generationenhaus stattfand. Es war der sechste und letzte Generationentalk des Jahres. Vor einer überschaubaren, aber hochinteressierten BesucherInnen leitete Daniela Epp (28) durch diese spannende, zum Teil unerwartete Diskussion.

Überraschende Kombination
Das Erben von Immobilien oder anderen materiellen Gütern ist wohl das, was den meisten Menschen als erstes in den Sinn kommt, wenn sie «Erbe» oder «erben» hören. Corinne Eckert (35) ist deshalb wohl der typische Gast für eine Veranstaltung, die den Titel «Erben – Gut und Güter fürs Leben» trägt. Gemeinsam mit ihrer Schwester erbte und übernahm sie den Gasthof Schönbühl, der seit 125 Jahren im Besitz ihrer Familie ist. Für sie war die Übernahme des Gasthofs ihrer Eltern nicht von Anfang an klar: Sie wollte Tierärztin werden. Bei einem Auslandaufenthalt realisierte sie aber, dass für sie der Gasthof ihrer Eltern Heimat bedeutet. Und so entschied sie sich dann doch dazu, den Gasthof zu übernehmen, auch wenn sie immer noch eine sehr grosse Leidenschaft für Tiere hat – «für Säugetiere, lebendige», betont sie mit einem Schmunzeln.

Stefan Hertwig ist Zoologe und Kurator am Naturhistorischen Museum Bern und arbeitet in erster Linie mit Amphibien und Lurchen. Seine Leidenschaft gilt südamerikanischen Fröschen. Er beschäftigt sich also mit einem anderen Aspekt von Erben: dem biologischen Aspekt, der Genetik.

Geld oder Immobilien erben, das ist für die meisten Menschen konkret und verständlich. Doch was hat ein Zoologe mit «Erben» zu tun? Daniela Epp bittet Stefan Hertwig , dass er seine Arbeit anhand eines konkreten Beispiels – der Domestizierung des Wolfs – erklärt: «Es gibt einen sehr modernen Ansatz. Man analysiert die Erbinformation, also die Gene von Wölfen und Hunden und kann dann mit verschiedenen komplizierten Methoden – man nennt das die molekulare Uhr – zurück rechnen, wann sich zwei Tiere, deren Erbinformation man untersucht, voneinander getrennt haben, wann deren letzter gemeinsame Vorfahren gelebt hat.»
Vererben – erben
Egal welche Art von Erbe, die Involvierten bleiben dieselben: Ältere Generationen vererben – sei das materielles, kulturelles oder biologisches Erbgut –, die jüngeren Generationen erben. Doch wie geht man mit dem Erbe um? Für Corinne Eckert ist klar, dass die Erben selbst entscheiden dürfen, wie sie mit dem Vererbten umgehen wollen.
«Ein halbherziges Engagement funktioniert nicht.»
Corinne Eckert (35)
Die Übernahme eines Familienbetriebes ist eine grosse Verantwortung, die man nicht unterschätzen darf – nicht alle Erben möchten (oder müssen) diese Verantwortung übernehmen, es gilt Riesenfussstapfen zu füllen. Mit der Übernahme eines Familienbetriebes nimmt man eine Aufgabe an, die man für eine längere Zeit austragen wird. «Ein halbherziges Engagement funktioniert da nicht», betont Corinne Eckert. Sie ist deshalb froh, dass sie von ihrer Schwester und ihrem Ehemann unterstützt wird.

«Wären deine Eltern enttäuscht gewesen, wenn du dich doch für ein Medizinstudium entschieden hättest», fragte Daniela Epp und spricht damit wohl etwas an, worüber sich viele ErbInnen Sorgen machen. Sie wären nicht enttäuscht gewesen, da ist sich Corinne Eckert sicher. Aber: «Sie haben schon sehr viele Freude daran, dass wir es übernommen haben.»
«Klonen kann man eigentlich fast alles»
Stefan Hertwig arbeitet mit DNA, mit Erbgut, mit Genetik. Wird seine Arbeit zukünftig das Klonen von Lebewesen ermöglichen? Man könne grundsätzlich alles klonen, erklärt er, allerdings müsse man sich fragen, wo der Nutzen solcher Projekte sei. Zum Beispiel: ausgestorbene Tierarten, welche durch Klonen wieder «zum Leben erweckt» werden. Wo liegt der Sinn, sie zu klonen, wenn ihr Aussterben durch den Verlust ihres Lebensraums verursacht wurde? Stefan Hertwig argumentiert, dass Gelder, welche in solche Projekte fliessen, lieber zum Schutz und Erhalt von gefährdeten Lebensräumen investiert werden sollten. Denn Biodiversität ist essenziell, damit es eine gesunde Evolution geben kann.

Erben kann vieles bedeuten, das zeigte dieser spannende Generationentalk. Auf den ersten Blick haben Stefan Hertwig und Corinne Eckert wohl wenig gemeinsam, doch beide arbeiten mit grosser Leidenschaft mit ihrem Erbgut – so unterschiedlich dieses Erbgut auch sein mag.

Was ist der Generationentalk?
Zwei Personen – ein Thema: Das ist der Generationentalk von UND Generationentandem. Jeden Monat diskutieren Jung und Alt miteinander über brisante Themen. Der Talk dauert zwischen 30 und 45 Minuten. Danach hat das Publikum die Gelegenheit, sich an der Diskussion zu beteiligen. Der Generationentalk, moderiert von einem ModeratorInnen-Team von UND, trifft seit Mitte 2016 stets den Nerv der Zeit und setzt sich mit politischen und gesellschaftlichen Themen auseinander.
Der Talk wird vom generationendurchmischten Redaktionsteam professionell aufgezeichnet und fotografisch dokumentiert. Alle Talks sind dann hier als Podcast nachzuhören.
