Liebe Sabina, woher kommst du?
Ich studierte Theologie in Fribourg und Bern. Vor allem theologische und philosophische Bücher und die abstrakten Fragen faszinierten mich. Ich fühlte mich sehr wohl in dieser Welt und war von diesem Leben und Denken eingenommen. Durch einen Zufall kam ich in die Kirchgemeinde Nydegg. Ich wollte nur einmal sehen, wie es sein könnte, in einer Kirchgemeinde zu arbeiten. Sich mit Jugendarbeit, kirchlicher Unterweisung und der älteren Generation auseinanderzusetzen war neu für mich. Ich entdeckte den wunderbaren Wert mit Menschen unterwegs zu sein. Das war eine unglaubliche wie schöne Feststellung, dass ich den Menschen viel näher bin als den Büchern. Ich begann mich für den Pfarrberuf zu interessieren. Dann ging es schnell: Vikariat in Bern, eine 20-Prozent-Stelle in Goldiwil, da ich noch eine Assistentinnenstelle an der Uni Fribourg hatte. Nun bin ich als Pfarrerin in der Kirche Schönau Thun und in einer SeniorInnen-Residenz tätig.
Wo stehst du im Moment?
Mitten im Pfarrberuf. Er ist für mich eine Berufung, die einen grossen Raum in meiner Existenz einnimmt. Mit Menschen unterwegs zu sein, sie begleiten zu dürfen, das «beseelt» mich. Alte Menschen stehen mir sehr nahe. Ich habe eine grosse Bewunderung für die SeniorInnen, wie sie mit den Herausforderungen, die das Alter mit sich bringt, umgehen. Man muss die Menschen mögen, ja lieben. Dann ist das Zusammensein mit Jung und Alt eine grosse Bereicherung. Teilhaben an ihren Leben in schwierigen wie in schönen Zeiten. Natürlich habe ich die theologische und philosophische Bücherwelt nicht ganz verlassen, es braucht sie auch. Die Umsetzung ist die grosse Herausforderung und wirft einen auch immer wieder auf sich selbst zurück.
Wohin gehst du?
Hoffentlich in eine Kirche, die nahe bei den Menschen ist und bleibt, und in eine Gesellschaft, die ihre Privilegien wertschätzen kann und die Verantwortung füreinander wahrnimmt. Vor allem in einer Krisenzeit, wie der jetzigen, müssen wir auch die Gottesdienste überdenken – Veränderungen wagen. Das ist eine sehr spannende und kreative Aufgabe. Was ich auch gelernt habe: Sehr wichtig und nicht zu unterschätzen ist die Mitarbeit der Freiwilligen. Ohne sie wären wir arm dran. Mir gefällt der Spruch von Lothar Zanetti: «Ich träume von einer tanzenden Kirche mit Blumen im Haar.» In der Kirche dürfen das Lachen, der Humor und der Schalk nicht fehlen, sonst könnte sie verdursten und austrocknen. Und das wollen wir alle nicht. Auch mein innerer Feuerteufel, zu dem ich natürlich stehe, darf seinen Platz haben. Zudem tauche ich noch gerne in eine andere Welt als die der Bücher und des Pfarramtes ein; eine spielerische Welt, und die heisst «Lego Technic». Zusammenbauen nach Plan, die kleinen, winzigen Bausteine auf- und nebeneinander zu setzen, das macht mir Spass. Übrigens, der Lego Technic Land Rover steht in meinem Büro.