Ueli und ich besuchen Martin Scheuter (34) im Tonstudio «Film Klang Kollektiv GmbH» in Zürich. Gemeinsam mit Geschäftspartner Stefan Nobir betreibt er das Studio seit bald drei Jahren. Die beiden Tonmeister haben sich auf die Soundgestaltung für Spiel- und Dokumentarfilme sowie weitere Audioprodukte für bewegtes Bild spezialisiert. Wir spüren, wie Martin von seinem kreativen wie technischen Beruf begeistert ist: für ihn eine Berufung verbunden mit grosser Hingabe.
Einblick in ein Tonstudio
Ein Tonstudio ist eine Einrichtung zur Aufnahme und Bearbeitung von Schallereignissen. Dabei kann es sich um Musik jeglicher Art handeln oder um Sprache und Geräusche für Film- und Hörspielaufnahmen. In Martins Studio gibt es verschiedene Geräte, die für gute Aufnahmen unerlässlich sind. Es beginnt schon beim Mikrofon – egal, ob für Sprache, Instrumente oder Gesang.
«Ein Tonstudio ist eine Einrichtung zur Aufnahme und Bearbeitung von Audioprodukten.»
Martin Scheuter
Wie die meisten modernen Studios ist das Film Klang Kollektiv digital aufgebaut. Das Herzstück des Studios ist die «Digital Audio Workstation» (eine spezialisierte Software) mit angeschlossenen «Audiointerfaces». Ein Audiointerface wandelt die analogen Mikrofonsignale in digitale Signale um. Der Computer verarbeitet sie und sendet die bearbeiteten Signale zu den Lautsprechern im Abhörraum, wo sie beurteilt werden. Ähnlich wie ein Computer durch eine Maus gesteuert wird, dient das Mischpult, oder besser gesagt der Controller, zur Steuerung der Digital Audio Workstation. Martin nennt das Mischpult auch seine «glorifizierte Maus», denn im Gegensatz zur früheren analogen Technologie fliessen heute keine Audiosignale mehr durch die Regler.
Der Regieraum ist mit Dämpfung und weiteren akustischen Massnahmen ausgerüstet, sodass die Aufnahmen möglichst neutral klingen und keine Frequenz überhöht oder abgesenkt wird. Die Geräte sind wichtig und die Handhabung ist anspruchsvoll.
Tongestaltung – eine kreative Arbeit
Der Tonmeister ist für die künstlerische und technische Leitung von Tonaufnahmen verantwortlich. Im Filmbereich ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Regisseur erforderlich, was nicht immer einfach ist. Martin sagt: «Hin und wieder muss ich sehr kompromissbereit sein, um die Zusammenarbeit nicht zu trüben».
«Hin und wieder muss ich sehr kompromissbereit sein, um die Zusammenarbeit mit der Regie nicht zu trüben.»
Martin Scheuter
Bei Sprachaufnahmen achtet der Tonmeister auf die richtige Betonung, die Verständlichkeit und das Sprechtempo. Der Tonmeister sorgt für ein genaues Zusammenspiel von Musik, Sound und Sprache und leitet die Zuschauer:innen akustisch durch den Film.
Was bedeutet «Sounddesign»?
Sounddesign oder auch Tongestaltung bezeichnet die künstlerische Tätigkeit beim Film, die sich mit der Tonspur befasst. Auf der Tonspur eines Films befinden sich Dialoge, Hintergrundgeräusche, Musik und Soundeffekte statt, die passend zum Bild komponiert und abgestimmt werden. Die Tongestaltung findet grundsätzlich in der Postproduktion nach Abnahme des Bildschnittes statt. Wenn also das Video in seiner finalen Form steht, können sich die Tonmeister:innen an die Arbeit machen und den passenden Sound synchron zum Bild abmischen. So wird die Bildwirkung durch die Ton-Ebene verstärkt oder sogar verändert. Geräusche werden hinzugefügt, um das Sichtbare authentischer zu machen. Solche Geräusche sind diffuse Hintegrundgeräusche (Atmos/Ambis), welche für die akkustische Athmosphäre innerhalb einer Szene sorgen und den Wirklichkeitseindruck verstärken. Das können Umgebungsgeräusche wie Strassenverkehr, Bürolärm, Wettergeräusche, Vogelgezwitscher oder ähnliches sein.
Sounddesign kann eine Handlung, die eigentlich wenig Geräusche verursacht, verstärken – beispielsweise Schritte oder knarrende Türen. Sounds verändern beim Zuschauer die Wahrnehmung eines Ereignisses und erzeugt eine bestimmte Stimmung. Der Tonmeister stellt so beispielsweise Nähe oder Identifikation mit dem Protagonisten her oder unterstreicht dessen Intentionen. Martin besitzt Klangbibliotheken, das heisst Geräuscharchive von gespeicherten Klängen, wie zum Beispiel Motorengeräusche, Vogelgezwitscher und verschiedenes Knarren. Bei dieser Arbeit braucht es viel Fantasie, Einfühlungsvermögen und ein grosses
Repertoire an Klangerzeugungsmöglichkeiten.
Arbeit als Mischtonmeister an der ZHdK
Martin Scheuter arbeitet an der Zürcher Hochschule der Künste als Mischtonmeister und mischt studentische Produktionen der Filmabteilung. Student:innen belegen auch Mentorate bei ihm.
In der Schweiz kann man an der Zürcher Hochschule der Künste Tonmeister:in/Master of Arts studieren. Zu den Unterrichtsfächern zählen Mathematik, Physik, Elektrotechnik, Studiotechnik, Musiktheorie, Musikgeschichte sowie Gehörbildung. Das Spielen eines Musikinstruments auf Jazzschule/Konservatoriumsniveau ist eine Grundvorraussetzung und steht am Anfang einer fünfjährigen Ausbildung. Das Studium vermittel breite Kompetenzen in Musikpraxis, Tontechnik und Persönlichkeitsentwicklung. Auch Martin hat dieses Studium absolviert, er wählte die Vertiefung Jazz auf der E-Gitarre.
Eine stete Weiterbildung in diesem Beruf ist unabdingbar und das A und O für Professionalität, weil sich die Technologien sehr schnell weiterentwickeln.
Als Musiker unterwegs – Rock’n’Roll zum Vergnügen
Als Gitarrist spielt Martin Gitarre in der Band «The Rhythm Travellers» – aus Freude am Musizieren mit langjährigen Freunden. Die Formation der Rhythm Travellers besteht aus vier Musikern: zwei Gitarristen und Sänger, ein Kontrabassist und ein Schlagzeuger.
Drei Musikrichtungen standen bei der Entwicklung des Rock’n’Roll Pate: Jazz, Country & Western und Rhythmus & Blues. Rock’n’Roll bezeichnet das Lebensgefühl einer Jugend- und Protestkultur in den frühen 1950er und 1960er Jahren. Bekannte Vertreter waren Bill Haley, Chuck Berry und Jerry Lee Lewis.
«The Rhythm Travellers» treten unter anderem beim Stadtfest Thun (im Juni) und im Offenen Höchhus in Steffisburg auf.