
Die AHV-Reform ist der Dauerbrenner in der Geschichte der SRF-Sendung «Arena»: In 26 Jahren wurde mit der heutigen Sendung 36-mal zum Thema AHV diskutiert. Unter der Leitung von Mario Grossniklaus debattierten am 23. März 2021 die NationalrätInnen Regula Rytz (Grüne), Albert Rösti (SVP), Regine Sauter (FDP) und Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, über die dringend notwendige Sanierung der Sozialversicherung. Der Titel der Sendung gab das Thema vor: «Renten sichern – auf Kosten der Frauen?» Um es gleich vorwegzunehmen: Die streckenweise turbulente Diskussion führte natürlich nicht zu einer gemeinsamen Lösung.
Die erste Runde
Zuspitzen, abkürzen, vereinfachen ist das Ziel einer Talksendung, ich weiss. Ich habe meinen Pörksen gelesen. Als «Arena»-Neuling bin ich sehr gespannt auf den «Fight» und will es jetzt auch mal erleben. Hoffentlich «zoffen» sich die GesprächsteilnehmerInnen auch wirklich so, wie man es allenthalben hört. Auf dass sie alle durcheinandersprechen, fuchteln, laut werden, so dass sich der Moderator in die Bresche werfen muss! Ich werde nicht enttäuscht.

Die GesprächsteilnehmerInnen bringen sich in einer ersten Runde in Stellung: Bis 2030 fehlen der AHV 26 Milliarden Franken. Eine Lösung zur Sicherung der Renten muss her. Jeder schlägt seine Pflöcke ein: Angesichts der aktuellen Lebenserwartung liegt eine Erhöhung und Angleichung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre auf der Hand (Alfred Rösti). Die Diskriminierung der Frauen muss weg, bevor die Frauen länger arbeiten müssen (Regula Rytz). Damit die Jungen eine sichere Rente haben, müssen Frauen nun bis 65 arbeiten (Regine Sauter). Eine Anpassung der Renten ist dringend nötig und machbar, ohne die Erhöhung des Frauenrentenalters (Daniel Lampart).
Alles eine Frauenfrage?
Frauen mit ihrem «porösen» Berufsleben hätten im Durchschnitt 20’000 Franken weniger Rente pro Jahr (Regula Rytz). Die Briefträgerin von neulich hätte geweint, weil sie mit der 1. und 2. Säule nicht durchkomme, so Daniel Lampart und weiter an die Adresse Alfred Rösti: «Ich weiss nicht, wo Sie leben?» Für Daniel Lampart komme nämlich nicht in Frage, dass man den Frauen nun noch etwas mehr wegnehme. Er verwirft nun die Hände. Alfred Rösti gibt die Frage zurück, er wisse auch nicht, wo Daniel Lampart lebe, da er die AHV ja nicht sanieren wolle. Daniel Lampart weiss aber schon, wo: «Bi de Lüüt!» Hier greift nun Regine Sauter ins Geschehen ein. Der Anschein störe sie, dass alles nur eine Frauenfrage sei. Andere Finanzierungsmöglichkeiten müssten gefunden werden, um die Renten zu sichern. Und ich denke beim Zuschauen: immer «die» Frauen. Erinnert mich grad etwas an die aktuelle Diskussion über «die» Alten.
Drei Frauen in Rot in der zweiten Reihe
Es sind drei Generationen Frauen als Stimmen aus der Bevölkerung geladen und dürfen jetzt auch in die Diskussion eingreifen. Eine in Knallrot gekleidete pensionierte Dame verkündet kampflustig, sie sei «AHV positiv». Sie hätte nur Glück gehabt in ihrem Berufsleben, erzählt sie wortreich und meint, länger arbeiten sei schon in Ordnung, man arbeite ja gerne und Frauen müssten sich einfach besser wehren, um zu ihrem Recht zu kommen. Die in Pink gekleidete Beraterin in mittleren Jahren stellt dagegen klar: Die Gleichberechtigung ist trotz aller Vorkehrungen noch nicht hergestellt und sie lässt sich vom begütigenden Alfred Rösti, dass alles schon noch gut komme, nicht überzeugen.
Schon wieder nimmt der Schlagabtausch in der ersten Reihe Fahrt auf. Die Diskussion dreht sich mittlerweile etwas ratlos im Kreis. Man lebe bereits jetzt «auf Pump» in der AHV, meint Regine Sauter. Es heisse jetzt, nach hinten schauen auf die Jungen, die diese Finanzierung – wenn jetzt nichts geschehe – einmal stemmen müssten. Das war das Stichwort für Darleen Pfister (17) von UND Generationentandem, die hinten sitzt, gekleidet in gedämpftes Hellrot.

Darleen, eine «junge Frau, die sich Sorgen macht»?
Über 50 Minuten lang hat sie ruhig auf ihren Einsatz gewartet. Mario Grossniklaus führt sie ein als eine «junge Frau, die sich Sorgen macht. Erzählen Sie uns.» Darleen Pfister erzählt von Verwandten, die sehr sparsam leben müssten und sich jetzt schon sorgten, wie sie über die Runden kämen. Es beunruhige sie schon, wenn sie an ihre Zukunft denke. Anderseits hätte sie «überhaupt keine Zweifel», dass sie auch nach ihrer Pensionierung zu ihrem Essen käme.

Sie gibt sich optimistisch, dass Generationen und Geschlechter so zusammenarbeiten, dass auch die Jungen eine gesicherte AHV haben werden. Endlich: ein Lichtblick, ein Aufeinander-Zugehen, ein Miteinander, und das von der einzigen jungen Person im Ring.
«Düreschnuufe»
Doch vor der Schlussrunde flammt der Kampf noch einmal auf. Unbedingt muss man noch das eine oder andere Argument platzieren, eine Idee loswerden. Der Moderator stellt schliesslich die Schlussfrage nach der Einschätzung, ob innert nützlicher Frist eine gute Rentenreform zustande komme. Regula Rytz glaubt nicht daran, so wie es jetzt angedacht sei. Die drei anderen glauben daran, aber … doch jetzt ist Schluss und Zeit, an die Ostertage zu denken, und da sind sich zum ersten Mal alle einig: «Düreschnuufe!».