Auf dem Politpodium vom 17. November von UND Generationentandem votierten Cheryl von Arx, Fachverantwortliche Politik H+ Die Spitäler der Schweiz, und Winston P. Beck, Gymnasiast und Präsident Jungfreisinnige Burgdorf, für den Gegenvorschlag.
Für die Pflegeinitiative waren im Thuner Gymnasium, Standort Schadau, Patrick Hässig, dipl. Pflegefachmann zweiter Bildungsweg, früher Radio- und Fernsehmoderator, und Regula Lüthi, Pflegefachfrau, Präsidentin Swiss Nurse Leaders und Initiantin der Pflegeinitiative.
Einig waren sie sich alle darin, dass sich etwas ändern muss, denn der Fachkräftemangel in der Pflege ist katastrophal. Laut Patrick Hässig gibt es immer mehr Menschen, die eine Ausbildung anfangen. Doch viele verlassen den Beruf innerhalb von fünf Jahren wieder. Er erfahre im eigenen Berufsalltag, dass er aus Zeitmangel das Gelernte nicht korrekt umsetzen könne und es dadurch möglicherweise zu gefährlichen Situationen für die Patienten komme. Alle Patienten seien im Spital hilflos und vertrauten auf eine angemessene und gute Pflege.
Warum braucht es die Pflegeinitiative?
Regula Lüthi hat dafür drei Gründe: 1. Die Ausbildungsoffensive (auch im Gegenvorschlag enthalten), damit mehr Menschen in den Pflegeberuf einsteigen 2. Gute Arbeitsbedingungen, um die Anzahl der Berufsaussteiger zu reduzieren. 3. Genügend und gut ausgebildetes Personal, um eine qualitativ gute Pflege zu ermöglichen, die letztlich den Patienten zugutekommt.
Ist der Gegenvorschlag nicht besser?
Cheryl von Arx erläutert: «Wir von H+ sind der Meinung, dass der Gegenvorschlag der richtige Weg ist. Dieser fördert eine Ausbildungsoffensive mit rund 1 Milliarde Franken. Es ist nicht damit gemacht, dass Arbeitsbedingungen gesetzlich verankert werden. Der Bund hat dazu weder die Kompetenz noch das nötige Wissen.»
Winston P. Beck: «Die Arbeitsbedingungen sind im Gegenvorschlag nicht enthalten. Das hat einen Grund: Das Parlament ist der Meinung, dass diese durch die Sozialpartner ausgehandelt werden sollen.»
Patrick Hässig: «Da hat Winston völlig recht. Nur haben sie dies in den letzten 10, 20 Jahre oder noch länger nicht geschafft.»
Winston P. Beck: «Ja, es stimmt: In letzter Zeit ist nichts gelaufen. Ich behaupte aber, egal, was bei dieser Initiative herauskommt, nach dem Abstimmungssonntag werden sich die Sozialpartner treffen. Alle wissen nun, dass die Pflege wichtig ist.»
Sozialpartner müssten nun miteinander diskutieren. Ein klarer Vorteil des Gegenvorschlags sei, dass dieser schon in die Vernehmlassung gegangen ist. Der Gesetzesartikel sieht vor, wie die Gelder verteilt werden. Bei der Initiative würde der parlamentarische Weg erst noch beschritten werden müssen. Es sei zudem nicht klar, was das Parlament dann mit der Initiative mache. Doch Patrick Hässig ist der Meinung, dass das Parlament nun kaum auf die Bremse treten wird.
Ausbildungsoffensive und bessere Arbeitsbedingungen
Mit der Ausbildungsoffensive würden zwar neue Menschen als Pflegende arbeiten. Davon würden aber wie bisher 40 Prozent wieder aussteigen. Besser sei es, auf mehreren Ebenen zu arbeiten und verbesserte Arbeitsbedingungen mit einzubeziehen. Die ausgebildeten Menschen sollen in der Pflege bleiben, ist Patrick Hässig überzeugt.
Initiantin Regula Lüthi macht sich keine Illusionen: Es sei schon viel unternommen worden, um bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen. Ohne Erfolg. Deshalb hätten sie sich für den Weg über den Verfassungstext entschieden, der vorsieht, dass Bund und Kantone in der Verantwortung stehen, für angemessene Arbeitsbedingungen in der Pflege zu sorgen. Cheryl von Arx meint jedoch, Parlament und Bund hätten dazu gar nicht die Kompetenz und ist überzeugt, der Weg über die Sozialpartner sei der richtige.
«Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen
Cheryl von Arx
in unserem System, erlaubt gar nicht zu erfüllen, was ihr
fordert.»
Baustelle Gesundheitswesen
Auch über die Finanzierung des Gesundheitswesens wurde gesprochen. Für Cheryl von Arx ist klar, dass das ganze Gesundheitswesen zu überdenken sei und nennt die stationär und ambulant behandelnden Akutspitäler, die chronisch unterfinanziert seien. Regula Lüthi findet, dass es im Gesundheitswesen viele Baustellen hat. Matchentscheidend sei jedoch die Pflege als relevanter Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Sie sei systemrelevant.
«Deshalb brauchen wir jetzt eine Lösung. Wir können nicht warten, bis das Gesundheitssystem auf andere Beine gestellt wird.»
Regula Lüthi
Patrick Hässig führt dazu eine Studie von der Uni Basel an: Wenn mehr diplomiertes und fachkundiges Pflegepersonal arbeitet, können zusätzliche Kosten eingespart werden. Gebe es mehr Zeit für die Patientenbetreuung, könne beispielsweise ein Wundliegen frühzeitig erkannt werden.
Cheryl von Arx findet, dass der politische Diskurs, den wir zu dieser Abstimmung führen, zeigt:
«Pflege ist unerlässlich und wir müssen schauen, dass Pflege menschlich bleibt. Erschwinglich für alle Parteien.»
Cheryl von Arx