- Stimmrechtsalter 16: Zwischen Rechten und Pflichten. Das Politpodium Thun zum Stimmrechtsalter 16.
- Ohne Recht, aber betroffen? Das Politpodium Bern zum Stimmrechtsalter 16.
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Am 25. September 2022 wird im Kanton Bern über die Vorlage «Stimmrechtsalter 16» abgestimmt. Es ist der zweite Anlauf im Kanton Bern. 2009 reichte Nadine Masshardt, damals Grossrätin, heute Nationalrätin, eine Motion ein, die vom Grossrat aber abgelehnt wurde. Mehr als zehn Jahre später versuchte es der Grüne Grossrat Hasim Sancar – erfolgreich. Und so kommt die Vorlage «Stimmrechtsalter 16» nun am 25. September 2022 vor die Berner Stimmbevölkerung…
Ein Thema, das bewegt
Mehr als 170 GymnasiastInnen und andere Interessierte durften die Moderatoren Elias Rüegsegger (28) und Angel Okaside am 24. August 2022 im Bistro des Gymnasiums Thun-Schadau begrüssen. Es ist erfreulich, aber nicht überraschend, denn das Stimmrechtsalter 16 betrifft viele von ihnen direkt, eine Mehrheit – das zeigte die Schlussabstimmung über Mentimeter – würde am 25. September 2022 JA stimmen.
Dass sie das Thema bewegt, zeigten auch die grossartigen Fragen, die von den GymnasiastInnen eingebracht wurden. So wurde zum Beispiel gefragt, was denn der entscheidende Faktor sei, der jemandem das Wahlrecht gewähren würde. Und: Haben denn 16- und 17-jährige diesen Faktor nicht? Die Podiumsteilnehmenden hatten alle eine Antwort – Reife, Urteilsfähigkeit oder Staatsbürgerschaft -, aber ein bisschen stutzend hat sie die Frage wohl doch gemacht.
Zwei Gedankenexperimente
Während den ersten 18 Jahren darf man noch nicht abstimmen. Wäre es dann nicht konsequent, wenn man in den letzten 18 Jahren seines Lebens ebenfalls nicht abstimmen dürfte? Oder umgekehrt: Wenn Stimmberechtigte bis zum Ende ihres Lebens abstimmen dürfen, warum dann nicht von Anfang an? Diese zwei Gedankenexperimente präsentiert Elias Rüegsegger dem Podium.
Das Stimmrecht beschränken, das stösst nicht auf viel Gehör. Es schliesst aus, ist willkürlich. Das Stimmrecht ab Geburt, auch das löst Skeptis aus. Valentin Borter (27) und Franziska Eggenberg (53), die sich gegen das Stimmrechtsalter 16 ausdrücken, verstehen nicht, wie das umgesetzt werden würde, obwohl Valentin Borter zugibt: Stimmrechtsalter 0 wäre konsequenter als das Stimmrechtsalter 16. Und auch Darleen Pfister (18), die sich eigentlich aktiv für das Stimmrechtsalter 16 einsetzt, ist eher skeptisch. Wie sollen 5-jährige fundierte Entscheidungen zu Vorlagen treffen? Überzeugt von der Idee ist der Politologe Nenad Stojanovic (46): Er setzt sich aktiv dafür ein und plädiert, dass Eltern in den ersten paar Lebensjahren – bis das Kind selbst entscheiden kann – das Stimmrecht für ihre Kinder ausüben. Das sei fair, eine Art Entschädigung für die grosse Arbeit, die Eltern in unserer Gesellschaft leisten.
Es sind Gedankenexperimente, schon fast utopische Ideen, oder doch nicht?
Ein Geschenk, das sie nicht wollen?
Umfragen aus dem Kanton Glarus – dem einzigen Kanton mit dem Stimmrechtsalter 16 – haben gezeigt, die politische Beteiligung bei 16- und 17-jährigen Menschen ist um einiges tiefer als bei anderen Altersgruppen. Schenkt man den Jungen da nicht etwas, das sie gar nicht wollen, Darleen Pfister? Sie kontert:
Eine gute Zukunft, der Wunsch von allen
Es gibt doch einen guten Grund, warum die Maturität, die Mündigkeit auf 18 Jahre angesetzt ist, oder nicht? Franziska Eggenberg (53) hat selbst vier Kinder und ist skeptisch, ob 16-Jährige die Tragweite von komplexen politischen Beschlüssen wirklich schon abschätzen können. Gerade das Argument «sie sind am längsten betroffen, sie sollten mitentscheiden könne» überzeugt sie nicht. Und überhaupt: Haben junge Menschen das Gefühl, dass die älteren Generationen nicht alles dafür tun würden, damit ihre Kinder und Enkel eine gute Zukunft haben?
Für Nenad Stojanovic ist die Komplexität kein relevantes Argument gegen die Herabsetzung des Stimmrechtsalter, denn alles kann erklärt werden. So spricht er mit seinen drei Kindern regelmässig über politische Vorlagen – manche interessiert sie, wie zum Beispiel der Bau einer neuen Tramlinie, und manche interessiert sie nicht. Dass alles erklärt werden kann, das sagt später übrigens auch Franziska Eggenberg. Ja, aber warum sollten die 16-Jährigen dann die Tragweite nicht verstehen können? Eine spannende Gegenfrage von Darleen Pfister.
Juristisches Wirrwarr
Ob 16-Jährige das wollen, ob 16-Jährige das können, das sind spannende, aber irrelevante fragen, denn das ist von Person zu Person unterschiedlich. Das wirkliche Problem beim Stimmrechtsalter 16 ist das juristische Wirrwarr, sagt Valentin Borter. Abstimmen ab 16 Jahren, Steuern ab 18 Jahren? Das macht keinen Sinn und zeugt von Willkürlichkeit:
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Seit Jahren fordern Jugendliche unermüdlich das Stimmrechtsalter 16, denn sie sind, wie sie argumentieren, am längsten von den heutigen politischen Entscheiden betroffen.
Nachdem im September 2021 in Uri und im Juni 2022 in Zürich über das Stimmrechtsalter 16 abgestimmt wurde, steht die Vorlage nun auch im Kanton Bern zur Abstimmung. Sind Menschen mit 16 reif genug für politische Entscheide? Und wie steht es mit ihren Pflichten?
Podiumsdiskussion mit:
- Samira Martini (22) ist Co-Präsidentin der JUSO Kanton Bern und setzt sich für eine inklusivere Gesellschaft und gleiche Rechte für alle ein
- Silas Pauli (20) ist Mitglied im Ressort Politische Planung der jglp Bern und engagiert sich im Vorstand vom Jugendparlament Stadt Bern. Ihm liegt es am Herzen, dass auch die jungen Stimmen in Bern gehört werden und sich junge Menschen in die Politik einbringen
- Stephanie Gartenmann (20) ist Mitglied der JSVP Bern und engagiert sich auf dem Generalsekretariat der SVP Schweiz.
- Daniel Arn (57) stimmte als Grossrat für die FDP für die Vorlage, damit sie vor das Volk kommt, spricht sich aber ansonsten gegen das Stimmrechtsalter 16 aus.
Diese Veranstaltung wird in Zusammenarbeit mit dem Polit-Forum Bern organisiert und durchgeführt.
Politpodien von UND: Brisant, kontrovers und fair
UND Generationentandem lanciert vor eidgenössischen Abstimmungen politische Debatten für Menschen aller Generationen. Nationale Persönlichkeiten verschiedenster politischer Couleur treffen aufeinander – moderiert und organisiert durch unsere freiwillig Engagierten. «So fördern wir den Dialog der Generationen zu gesellschaftspolitisch relevanten Themen», erklärt der Initiant und Geschäftsleiter von UND Generationentandem, Elias Rüegsegger.
Partizipativ, digital und innovativ – so lassen sich die Podien beschreiben: Das Publikum bringt sich via Mentimeter in die Diskussion mit ein. Via Livestream können ZuschauerInnen aus der ganzen Welt teilhaben. Die Podien stehen später als Video- und Audiopodcast auf den verschiedenen Plattformen zum Nachhören bereit
Bild: Fabian Corpataux